Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Druckversion +- Heilpraktikerschule Isolde Richter (https://www.fernlehrgang-heilpraktiker.com/forum) +-- Forum: Erfahrungsaustausch, Smalltalk, Therapien, Existenzgründungen, Tagungen und Kongresse (https://www.fernlehrgang-heilpraktiker.com/forum/forum-433.html) +--- Forum: Small Talk (https://www.fernlehrgang-heilpraktiker.com/forum/forum-40.html) +---- Forum: Philosophenecke (https://www.fernlehrgang-heilpraktiker.com/forum/forum-319.html) +---- Thema: Die 4 Ursachen nach Aristoteles (/thread-6778.html) |
Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Isolde Richter - 16.11.2011 Gestern haben wir in dem Vortrag "Das neue Weltbild" erfahren, dass im Verständnis der klassischen Physik die Welt objektivierbar und auf kleinste Bausteine reduziert werden kann.Prozesse laufen linear und kausal ab. Neue Erkenntnisse in der Physik zeigen aber, dass Prozesse sehr wohl nichtlinear und multikausal (= viele Ursachen) sind, das betrifft vor allem biologische Prozesse (z.B. Mensch). Es lohnt sich darüber Gedanken zu machen: Nehmen wir mal den wichtigen Begriff der Kausalität (Ursache). Wer beschreibt kurz, was man bei uns heute unter dem Begriff "Kausalität" versteht? Danach wäre es schön, wenn jemand die 4 Kausalitäten nach Aristoteles (nicht Platon) auflisten würde, damit wir die kurz besprechen. RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Regina Herzog-Visscher - 16.11.2011 Soweit ich Herrn Dr. Kremser gestern verstanden habe, besagt das neue Weltbild in Ebenen der Physik, dass bei kleinsten Teilchen, Elementarteilchen, eben nicht mehr von einer linearen Entwicklung und damit unter anderem genauer Vorhersehbarkeit ausgegangen werden kann. Er veranschaulichte das am Beispiel eines radioaktiven Teilchens, bei dem man nicht wirklich ganz genau vorhersagen kann, wann es als Einzelnes zerfällt - hier wird also das Prinzip des Zufalls, der Einwirkung von außen, also der Ganzheitlichkeit wieder stärker mit einbezogen. Lediglich als Vielzahl gibt es wohl wieder eine gewisse Vorhersagbarkeit.. Es fiel auch in dem Zusammenhang der Begriff des "freien Willens" bereits für sehr kleine Biologische Systeme. Insgesamt ließ er aber auch durchblicken, dass man noch nicht so genau ermessen kann, wo das hinsteuern wird. Es ist wohl ein sehr weites Feld, das man da wieder eröffnet hat. Mir persönlich leuchtet diese Entwicklung sehr ein und ich finde es sehr positiv, dass man dem "weiten Denken" wieder mehr Raum verleiht. Wir -und alle Biologischen Systeme - sind nun mal so komplex, dass wir nicht so einfach in lineare Schubladen passen. Bereits hier in unserem Buch über die Zelle haben wir ja die Kennzeichen des Lebendigen gelernt. Schon der Umstand, dass biologische Systeme sich bedingt an ihre Umweltbedingungen anpassen, schließt ja eigentlich schon eine absolut linear und für alle zutreffend vorhersagbare Entwicklung insofern aus, dass nicht jeder Organismus GLEICH auf Veränderungen reagiert. So führte ein Zuhörer das Beispiel von "Handysmog" an, der manche Menschen krank macht, andere wiederum nicht.... Faszinierend das Feld! RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Kristina - 16.11.2011 Ui, interessantes Thema! Unter Kausalität ganz allgemein versteht man die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung. Das bedeutet, dass eine Ursache eine Wirkung hat und eine Wirkung ohne Ursache nicht möglich ist. *räusper* Die vier Kausalitäten nach Aristoteles sind: Causa materialis Causa formalis Causa efficiens Causa finalis Die Causa meterialis ist die materielle Ursache, laut Aristoteles ist das der Stoff, aus der ein Gegenstand besteht. Auf deutsch heißt das: die materielle Ursache einer Bronzestatue ist die Bronze. Die Causa formalis ist die Form oder Struktur eines Gegenstands. Die Causa formalis ist die Tatsache, dass die Bronze die Form der Statue angenommen hat. Die Causa efficiens ist die Wirkursache, in unserem Beispiel ist es der Bildhauer, der die Statue geschaffen hat. Und die Causa finalis, die ich am "bedeutungsvollsten" finde ist die Zweckursache. Aristoteles meint damit den Zweck, warum ein Gegenstand da ist oder eine Handlung geschehen ist - warum der Bildhauer also die Statue geschaffen hat. Viele Grüße Kristina RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Isolde Richter - 16.11.2011 Durch die causa finalis kann ich alles was ist auf seinen Sinn hinterfragen. Also alles was ist, dient auch einem bestimmten Zweck. Von dieser Warte aus betrachtet ist die Welt und das Universum durch und durch von Sinnhaftigkeit durchdrungen. Eine schöne Vorstellung, die einem Sicherheit in diesem riesigen Universum vermittelt. Bei manchen Dingen fällt es einem ja leicht die Sinnhaftigkeit zu erkennen, bei anderen schwer! Bei letzterem fällt mir gerade ein Nachbar ein, der ständig bei uns die Falschparker aufschreibt. Das erhellt sich mir jetzt nicht prompt, warum das Universum diesen Menschen erschaffen hat! RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Kristina - 16.11.2011 (16.11.2011, 15:51)Isolde Richter schrieb: Bei manchen Dingen fällt es einem ja leicht die Sinnhaftigkeit zu erkennen, bei anderen schwer! Der Mensch ist das einzige uns bekannte Lebewesen, das in der Lage ist, sich der Causa finalis zu entziehen. Und diese Chance nutzt "Mensch" gern. Umgangsprachlich nennt man das freien Willen. Genau deshalb finde ich das Konzept der Causa finalis so interessant. Aristoteles unterstellt uns damit sozusagen, dass unsere Handlungen einem Sinn und Zweck dienen. Außerdem besitzt damit das gesamte Universum und unser Dasein einen Sinn und Zweck. Um auf die Kausalität zurückzukommen. Es gibt ein Experiment ( Delayed choice experiment ), in dem nachgewiesen wurde, dass Kausalität nicht linear ablaufen muss. Und damit meine ich nicht das Neutrino Experiment von dem noch nicht ganz sicher ist, wie es gedeutet werde soll. Laut Ergebnis dieses Experiments sind Lichtquanten in der Lage, "Entscheidungen", die sie in der Vergangenheit getroffen haben, zu ändern und zwar nachträglich. Das bedeutet, dass die Ursache durchaus vor der Wirkung eintreten kann! Viele Grüße Kristina RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - werner - 16.11.2011 Hallo, in der ersten Zeile hat Kristina es geschrieben,diese Verhalten bringt dem bestimmten Menschen(Obersheriff und Falschparkeranscheißer) einen Nutzen,aber wahrscheinlich nur ihm selber,alle andern haben Ärger deshalb.Die Menschen in der Behörde wohlmöglich auch. RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Isolde Richter - 16.11.2011 (16.11.2011, 16:18)Kristina schrieb: [Es gibt ein Experiment ( Delayed choice experiment ), in dem nachgewiesen wurde, dass Kausalität nicht linear ablaufen muss. Und damit meine ich nicht das Neutrino Experiment von dem noch nicht ganz sicher ist, wie es gedeutet werde soll. Das hört sich absolut faszinierend an! Kannst Du da ganz kurz etwas Näheres dazu sagen?? RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - *Brigitte* - 17.11.2011 (16.11.2011, 16:18)Kristina schrieb: Das bedeutet, dass die Ursache durchaus vor der Wirkung eintreten kann! Sehr interessant, was ihr hier schreibt. Leider konnte ich bei dem Vortrag nicht dabeisein (Kann man den Mitschnitt eigentlich nachträglich erwerden?) Kristina, ich grübele über deine Aussage, dass die Ursache durchaus vor der Wirkung eintreten kann. Ich dachte bisher, dass es immer erst eine Ursache gibt, die dann eine Wirkung hat (Beispiel: Streptokokken -> Herzklappendefekt -> Endokarditis oder: Alkohol -> betrunken Autofahren -> Unfall). Oder ist deine Aussage speziell auf die Lichtquanten bezogen, bei denen es anders ist als sonst? RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Kristina - 17.11.2011 (17.11.2011, 07:42)brigittefink schrieb: Kristina, ich grübele über deine Aussage, dass die Ursache durchaus vor der Wirkung eintreten kann. Ich dachte bisher, dass es immer erst eine Ursache gibt, die dann eine Wirkung hat (Beispiel: Streptokokken -> Herzklappendefekt -> Endokarditis oder: Alkohol -> betrunken Autofahren -> Unfall). Hallo Brigitte, natürlich ist das, was den Standpunkt der Wissenschaft betrifft, ersteinmal nur auf die Quantenebene beschränkt. Das ist ja gerade der Punkt, der die Wissenschaft gerade beschäftigt. Offenbar sind einige Naturgesetze auf der Quantenebene unwirksam, das heißt aber noch lange nicht, dass die Naturgesetze auf "unserer" Ebene nicht wirken würden. Trotzdem bestehen wir ja nunmal aus diesen kleinen Teilchen mit dem merkwürdigen Verhalten und es stellt sich mir schon die Frage, inwieweit dieses Aushebeln der Naturgesetze auch in unsere Ebene hineinwirkt. (16.11.2011, 21:39)Isolde Richter schrieb:(16.11.2011, 16:18)Kristina schrieb: [Es gibt ein Experiment ( Delayed choice experiment ), in dem nachgewiesen wurde, dass Kausalität nicht linear ablaufen muss. Und damit meine ich nicht das Neutrino Experiment von dem noch nicht ganz sicher ist, wie es gedeutet werde soll. Hallo Frau Richter, hier ist ein Artikel, wo das Experiment detailliert erklärt wird: http://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/05/beeinflusst-die-vergangenheit-die-zukunft-zeit-und-quantenmechanik.php Lichtquanten sind demnach offenbar in der Lage, einen Weg, für den sie sich "entschieden" haben zu ändern. Wenn sie abgeschossen werden und noch während die Quanten unterwegs sind die Versuchsanordnung geändert wird ( Sackgasse bzw. andere Wegmöglichkeiten ), so ändert es seinen in der Vergangenheit eingeschlagenen Weg. Interessant ist dabei, dass hier mal wieder der Beobachtereffekt eintritt. Das Verhalten der Lichtquanten hängt unmittelbar mit dem Wissen des Beobachters ( der die Änderung bewirkt ) zusammen. Viele Grüße Kristina RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - *Brigitte* - 17.11.2011 Lieben Dank erstmal Kristina Sobald ich nächste Woche mehr Ruhe habe, werde ich mich ein bisschen näher damit befassen. Ein wirklich spannendes Thema. RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - claudia.g. - 17.11.2011 Liebe Kristina, komm doch mal zum Kaffeekränzchen zu mir! Das klingt alles spannend, was du da schreibst und bei Tee und Keksen würde ich dir gern stundenlang zuhören. ABER mein Hirn ist zu winzig für Quanten. Was - bitteschön - ist denn die Quantenebene, wenn du es einem Laien - also mir - erklären solltest? Ich liebe ja die Philosophen (Schopenhauer, Nietzsche, Fromm...) sehr und gelegentliches Querdenken mache ich nebenbei, das entspricht meiner Natur. Aber hier rutscht mir alles zu sehr in die Physik und da bin ich intelektuell vollends überfordert Dabei wünsche ich mir, das alles verstehen zu können, nur ist mir noch niemand begegnet, der dem ganzen etwas Luft ablässt und auf die Winzigkeit - entsprechend meines Verstandes - reduzieren und "übersetzen" konnte... Versuchst du es mal? Bitte!! Ich schicke dir schonmal einen kleinen Dankesvorschuss Lieber Gruß Claudia RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Kristina - 17.11.2011 Hallo Claudia, ich kann gerne einen Kaffekränzchen-Thread zum Thema Physik und Philosophie hier in der Philosophenecke für uns eröffnen! ( Damit wir diesen Thread nicht zerfransen ). Welche Begriffe möchtest du denn gerne übersetzt haben außer dem Begriff "Quantenebene"? *keksdoserüberreich* Mich interessiert diese Thematik ebenfalls brennend, besonders die Übereinstimmungen zwischen buddhistischen Lehren und den neuesten Erkenntnissen der ( Quanten- ) physik haben es mir angetan. Viele Grüße Kristina RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - karinj - 17.11.2011 Hallo Kristina! Darf ich mich auch noch ranhängen? Ich bring auch ne große Keksdose mit. Versprochen! Meinereins gehört bis jetzt auch in die Kategorie: Physik? Nein Danke. Da eine meiner Gehirnhälften aber jederzeit offen für neues ist und die andere Neugierig würde mich näheres auch brennend interessieren.... LG Karin RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Kristina - 17.11.2011 Hallo Karin, aber klar doch! Du bist herzlich eingeladen zu unserem Kaffeekränzchen. http://www.fernlehrgang-heilpraktiker.com/forum/Thread-Physik_Kaffeekraenzchen Viele Grüße Kristina RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - werner - 17.11.2011 Grüß euch Philosophen, ich bin eher ein praktischer und bodenständiger Philosoph,aber wenn es nicht zu abstrakt wird mache ich gerne beim Kaffeekränzchen mit und steuere manch Törtchen bei! RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Asja73 - 18.11.2011 Der Falschparker-Aufschreiber... ...als erstes fiel mir spontan ein: wenn doch die Homöostase im Kleinen wirkt, muss sie dies auch im Großen tun. Soll heißen: im Prinzip trägt dieser Mann nur zum Gleichgewicht des Ganzen bei. Würde keiner falsch parken, könnte er niemanden aufschreiben. Frage bleibt: würden die Leute richtig parken, wenn sie keiner aufschriebe? Und dazu kommt erschwerend die "Eselei der Masse". Mir fällt immer auf: um so größer die Masse an Menschen, desto asozialer (im Sinne von "unsozial") verhalten sie sich. Das mag daran liegen, dass der Einzelne in der Anonymität der Masse verschwindet. Gehe ich nun also vom universellen Prinzip des Strebens nach Harmonie aus, so muss die Masse mehr und mehr falsch parken, wenn der Aufschreiber als Kontrollinstanz wegfällt, was zwangsläufig zu einem absoluten Chaos auf den Straßen führte. Ergo hat auch er einen Sinn. Das Schöne an dieser Waage ist, dass es ganz viele Menschen gibt, die sich ernsthaft bemühen richtig zu parken, sei es regelkonform oder aber mit Rücksicht auf andere... deswegen sind so ein paar "verschrobene" Zeitgenossen doch durchaus zu verknusen. Parkten nämlich noch mehr Menschen falsch, als sie es tun, hätten wir noch mehr Aufschreiber... einfach nur, damit die Waage stimmt!! Übrigens: ich bin wirklich eine von diesen Tröten, die auch meilenweit laufen, wenn sie keinen geeigneten Parkplatz finden, nur damit sie nicht im Parkverbot steht!! RE: Die 4 Ursachen nach Aristoteles - Horst - 04.12.2011 (16.11.2011, 09:34)Isolde Richter schrieb: Danach wäre es schön, wenn jemand die 4 Kausalitäten nach Aristoteles (nicht Platon) auflisten würde, damit wir die kurz besprechen. Ein fröhliches "Hallo" in den Philosophenkreis! Die Lektüre der vielen Beiträge erfreut mich ob der geistigen Offenheit und Kreativität, die mir auch viele Anregungen gibt. Wobei sich bei mir der Gedanke einschlich, dass die wissenschaftliche Reduzierung der Gesetzlichkeiten (hier Causae/Ursachen) auf möglichst wenige Faktoren zwar grundsätzlich anzustreben ist, aber infolge der menschlichen mentalen Unzulänglichkeiten manchmal etwas zu kurz springt und dabei im Sumpf der Dogmatik landet. Ich halte es daher für gerechtfertigt, den möglichen Kausalitäten-Faktoren zunächst (im Sinne eines Brain-Stormimings) einen breiteren Raum zu gewähren. In diesem Sinnes suche ich Anregungen: - Aristoteles - die 4 im Thread schon gut beschriebenen Causae - Platon - fügte eine fünfte hinzu --> die Idee (Grundvorstellung eines Phänomens - Beschrieben z.B in seinem "Höhlengleichnis") - als weiter notwendige Bedingungen/Causae wurden von den Stoikern noch angeführt --> die Zeit (Quantität und Qualität: alle Erscheinung benötigt Zeit zum Entstehen und Alles braucht seinen eigenen Zeitpunkt)) und der Raum (denn nichts geschieht, wenn es nicht zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Raum geschieht). Ich stehe all diesen Gedanken mit weit aufgerissenen Augen und Ohren gegenüber - weit davon entfert, alles zu verstehen. Aber es fasziniert mich, darüber nachzudenken. Grüße an Euch alle Horst |