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Erkrankung und Charakter? - Druckversion

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Erkrankung und Charakter? - Psiko - 15.06.2012

Frage: Wie unterscheide ich zwischen Erkrankung und Charakter?

Bsp.: Ein depressiver Mensch "nutzt" seine Erkrankung, um die Familie für sich "springen" zu lassen. Alle anderen machen nichts richtig.

Wie damit umgehen?

Gruss

Psiko


RE: Erkrankung und Charakter? - markusku - 15.06.2012

Das ist eine gute Frage ! ! !
Allerdings ist es so, das (fast) bei jeder Krankheit ein "secundärer Krankheitsgewinn" vorhanden ist.
Was ich auch sehr aufregend finde ist folgende Tatsache: insbesondere bei chronischen Krankheiten höre ich
sehr häufig "typisch Diabetiker" oder "typisch M. Crohn Pat."....
und manchmal fallen mir bei bestimmten Pat. Gruppen Merkmale auf....Ein Zufall ??


RE: Erkrankung und Charakter? - leaving-the-moon - 17.06.2012

Typische Herzpatienten, typische Nierenpatienten (!!!!), typische Rheumapatienten...

fast alle chronisch kranken Patienten sind irgendwie ähnlich - trotzdem empfinde auch ich Unterschiede - bei Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen in quasi gleichen Situationen, die mich auch irgendwie vermuten lassen, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale irgendwie eine bestimmte Häufung von Krankheiten auf sich versammeln.

Krassestes Beispiel im Intensivbereich sind zwei sehr seltene Erkrankungen die beide bis zur Atemlähmung gehen können und die dann beatmungspflichtig werden:
1. Guillian-Barree-Syndrom: eine aufsteigende Lähmung die sich in der Regel ganz oder weitgehend wieder zurückbildet. Die beatmeten Patienten werden in der Regel als anstrengend und fordernd vom Intensivpersonal empfunden.
2. Myasthenie-Patienten: eine Erkrankung mit einem Mangel an Transmitterabbauenden Substanzen, die eine Art "ermüdungslähmung" haben - diese kann in der Krise auch die Atemmuskulatur betreffen. Die Symptome bilden sich auch hier in der Regel weitgehend zurück unter entsprechender Therapie. Die beatmeten Patienten sind in der Regel freundlich zugewandt und gut zu haben und zu führen - sie werden in der Regel nicht als fordernd erlebt sondern gelobt dafür wie toll sie das machen.

Die Situation in der sich beide Patientengruppen während der Beatmung mit wenig Sezierung befinden sieht ziemlich gleich aus - trotzdem verhalten sich diese Patienten sehr unterschiedlich und sind in ihrer "Art" ihrer Persönlichkeit deutlich unterschiedlich.

Was man hierbei aber niemals vergessen sollte ist der eigene Wahrnehmungsfehler. Wenn man bestimmtes Verhalten von einer Gruppe von Menschen mit einem bestimmten Krankheitsbild erwartet wird man jeden der die Erwartungen erfüllt als Bestätigung der eigenen Meinung hinzuzählen. Die Ausreißer hingegen werden in die Sammlung: "so sind xxx-Patienten" nicht aufgenommen, weil sie der schon gebildeten Meinung entgegenlaufen. Sie werden wesentlich weniger intensiv wahrgenommen. Ich fürchte also es könnte bei einer entsprechenden Studie herauskommen, dass diese Wahrnehmung komplett der falschen Erwartungshaltung geschuldet ist und die vermeintlich "typischen Wesenszüge" genauso einer großen oder kleinen Abweichung wie in der Normalbevölkerung unterliegen.

Zum Thema oben: Was tun, was raten?

Hier denke ich, dass systemsche Ansätze durchaus eine Lösung herbeiführen können. Denn auch das Umfeld gehört zum System und "hat irgendetwas davon" zu springen für den Kranken.


RE: Erkrankung und Charakter? - Psiko - 18.06.2012

>>Zum Thema oben: Was tun, was raten?<<

Naja, das war ja grade meine Frage! Big Grin

Ich sollte vielleicht noch einmal präzisieren: Es ging mir nicht um lebensbedrohliche Erkrankungen. Da ist klar, daß die auch psychisch belasten. Und manchmal ist der "fordernde" Patient vielleicht auch gefragt, wenn z.B. gerade mal wieder der Tropf oder zwei Stunden verspätet kommt. Da kann ich auch Ausraster verstehen, denn schließlich hängt ja von der Therapie u.U. das eigene Leben ab.

Nein, mir ging es um psychsiche Erkrankungen, insbesondere um Depression, und ne Situation, die in etwa darauf hinausläuft: " Ein solches Verhalten laß ich mir von niemandem bieten, auch von Ihnen nicht ... " .. oder so ähnlich.

Also: Verständnis für die Erkrankung, aber wie weit muß ich selbst zurückstecken? Und wie unterscheide ich Verhalten, daß der Krankheit geschuldet ist, und Verhalten, daß eben (eher) charakterlich bedingt ist?