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14.08.2010, 22:18
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.08.2010, 22:27 von Isolde Richter.)
Ich weiß noch als ich anfing zu praktizieren, dass es anfangs außerordentlich schwierig war "richtig" hinzuschauen, was der Patient hat. In meiner Anfangszeit dachte ich noch, dass so wirklich "schwere" Fälle zum Arzt gingen und der HP damit wohl nichts zu tun hätte.
Gleich eine meiner ersten Patientinnen belehrte mich eines besseren: Es war eine alte Bäuerin, die durch die Arbeit am Feld so krumm war, dass sie so vornüber gebeugt lief, so dass ihre Hände dabei den Boden berührten. Auf der Straße bewegte sie sich nur mit Hilfe eines Fahrrades, auf das sie sich mit den Armen aufstützte und so vor sich herschob. Auf diese Art war sie auch in meine Praxis gekommen.
Sie tat mir so unglaublich Leid, das kann ich gar nicht sagen. Obwohl ihre Augen von innen her liebevoll strahlten und ich glaube, ich bin nie wieder einer Person begegnet, die so viel Liebe ausstrahlte.
Bei der Untersuchung stellte ich fest, dass etwas mit ihrem Unterschenkel nicht Ordnung war. Sie wiegelte zunächst ab, aber dann stellte ich fest, dass sie ein offenes Bein hatte und nachdem der Strumpf herunter war, kam ein dreckiger Lappen zum Vorschein, der auf der offenen gammelnden Stelle lag.
Dass das Bein offen war, wusste die Patientin nicht, da sie nur sehr schlecht sehen konnte.
Auf so etwas war ich während meiner Ausbildung überhaupt nicht vorbereitet worden.
Wie gehe ich mit meinen eigenen Emotionen um, die bei so etwas aufsteigen.
Braucht die Patientin mein Mitleid? Oder was braucht sie genau von mir? Sicher habe sich viele, die im heilenden Beruf sind, damit auseinandergesetzt! Welche Erfahrungen habt ihr gemacht??
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Braucht die Patientin mein Mitleid? Oder was braucht sie genau von mir? Sicher habe sich viele, die im heilenden Beruf sind, damit auseinandergesetzt! Welche Erfahrungen habt ihr gemacht??
[/quote]
Ich bin noch nicht im heilenden Beruf tätig, aber ich habe schon Erfahrungen gemacht zu diesem Them, die in mir eine persönliche Meinung aufgebaut haben.
Die Fähigkeit Mitleid zu haben ist menschlich. Vielen von uns bringt und brachte dies mit auf den Weg Heilpraktiker zu studieren und/oder zu werden.
Nur im Augenblick der Wahrheit, vor dem Patienten ist es nicht das Mitleid was uns den Erfolg der richtigen Diagnose oder der richtigen Therapie beschehrt, sondern ein profundes Wissen und sichere Handhabung der Situation, so schwierig und mitleidsvoll diese Situation auch sei.
Saludos; Tom
Die Liebe am Nächsten zeigt sich nicht in Worten, sondern nur in Taten!
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Braucht ein Mensch Mitgefühl?
definitiv ja. Leider leben wir in einer zunehmend abgeklärten Gesellschaft, in der keine Zeit für Gefühle, Mitgefühl und Anteilnahme herrscht. Jedes offene Wort, jede kleine Geste und jedes Lächeln bereichert nicht nur den Tag des anderen sondern auch meinen!!
Braucht der Patient unser Mitleid?
Mitgefühl ja, MItleid nein. Gerade schon lange Erkrankte haben (denke ich zumindest) schon genug Mitleid durch ihr Umfeld erfahren. Das bringt sie jedoch (in der Therapie) nicht weiter. Bei uns suchen sie dann kompetenten Rat, Hilfe.
Daß heißt nicht, daß ich kein Verständnis oder Mitgefühl für den Patienten habe, für meinen eigenen Selbstschutz heißt es jedoch mich abzugrenzen!
Ich habe schon oft im Umfeld die Erfahrung gemacht, daß gerade z.B. Krebs-Kranke gerne mit mir sprechen da ich relativ abgeklärt mit dem Thema umgehen kann. Oftmals möchten die Erkrankten sich mal ihre Last von der Seele reden ohne daß jemand emotional reagiert.
Es gibt sicherlich Kranke die einen Krankheitsgewinn durch ihre Erkrankung erfahren und deshalb gerne darüber reden und damit ihr Umfeld belasten. Es gibt aber auch die anderen Erkrankten, die die Familie und Umfeld nicht belasten wollen und denen tut ein rationales Gespräch in denen sie ihre Ängste,Sorgen und Wünsche loswerden können, gut.
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(15.08.2010, 06:56)nicolemueller schrieb: Daß heißt nicht, daß ich kein Verständnis oder Mitgefühl für den Patienten habe, für meinen eigenen Selbstschutz heißt es jedoch mich abzugrenzen!
Da stimme ich Dir zu, nur klappt es bei mir zum Einen nicht immer und zum Anderen hab ich auch ein bisschen Sorge, daß man dann so abgestumpft wird wie manche Ärzte.
Ich kann mir vorstellen, daß ein Arzt eine gewisse Distanz aufbauen muss, um überhaupt mit soviel Leid umgehen zu können. Aber ich habe auch den Eindruck das gerade dadurch viel Menschlichkeit auf der Strecke bleibt.
Wie schafft ihr das denn einen Mittelweg zu finden? Kann man das erlernen? In der Apotheke sieht man oft viel Schmerz und hört auch viel Kummer. Ich habe auch gemerkt, daß es vielen Menschen gut tut, wenn sie über ihre Erkrankung reden können. Manche gehen damit sehr offen um, andere die vielleicht gerade erst eine niederschmetternde Diagnose erhalten haben, sind froh über Aufklärung und wenn sie Fragen stellen dürfen.
Ich finde die Aufklärung kommt zu kurz, nur kann man die ja auch nicht zwischen Tür und Angel vornehmen, gerade bei sensiblen Themen wie Erkrankungen.
Ich tue mich wirklich schwer mit Menschen, die ich mag, die ich schon länger kenne und denen man anmerkt das sie leiden. Oder wenn sie erzählen das sie niemanden haben, daß sie ab und an mal ein offenes, mitfühlendes Ohr brauchen. Ein bisschen menschliche Wärme eben. Ich kann mich da nicht abgrenzen, so sehr ich es auch versuche. Darum bin ich gespannt wie ihr damit umgeht.
Keine Zeit gibt es nicht - nur andere Prioritäten
(Zitat: Michael A. Denck)
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Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Patienten etwas Mitleid brauchen. Aber es ist nicht das, was dem Patienten wirklich weiterhilft.
Ich habe Therapeuten erlebt, die sitzen eine ganze Stunde bei dem Patienten und bemitleiden ihn. Davon hat der Patient nicht wirklich etwas.
Ich halte es so, dass die Patienten eigentlich mit allen Sorgen, Fragen und Anliegen zu mir kommen können. Dafür habe ich mehr Zeit als die Ärzte. Außerdem bekomme ich viel mehr Anteil an dem Privatleben des Patienten. Schlaganfallpatienten z.b. begleitet man viele Jahre und sie kommen meist 3mal pro Woche.
Aber im 2. Schritt finde ich es wichtig, dass man sich nicht komplett dem Mitleid hingibt, sondern Perspektiven aufzeigt. Wir können nur etwas erreichen wenn wir an etwas arbeiten. D.h. in meinem Beruf, dass wir nur durch Übungen und durch das Angehen der Übungen eine Verbesserung erreichen. Und das brauchen die Menschen auch.
Anfangs sind sie oft so verzweifelt, dass sie nur weinen. Wenn ich da mit einsteige, dann erreichen wir nichts. Am Anfang jeder Stunde spreche ich "privat" mit dem Patienten . Wie geht es? Was gab es in den letzten Tagen? Warum sind sie so traurig?
Und dann beginnt die Therapie. Oft möchten die PAtienten es anfangs nicht. Aber wenn wir dann die Übungen durchführen, dann machen sie die Erfahrung, dass die Therapie hilft. Schritt für Schritt und nur langsam. Aber es geht auch Schritt für Schritt in die richtige Richtung.
So würde ich es auch gerne als Heilpraktikerin halten. Immer ein offenes Ohr und Zeit für die Patienten. Und dann genügend Fachwissen um dem Patienten Therapien, Möglichkeiten und mögliche Wege aufzuzeigen!!!
GLG Andrea
LG Andrea
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Hallo,
das sehe ich ähnlich meiner Vorrednerin, Mitgefühl ja, Mitleid nein. Berufliche Erfahrungen in der Krankenpflege haben mir gezeigt, das es wichtig ist, sich abzugrenzen. Habe ich Mitleid, identifiziere ich mich mit dem Leid des Patienten, dann kann ich keine Distanz aufbauen. Außerdem verstärkt es das Leid des anderen.
Habe ich Mitgefühl, bin ich offen für die Gefühle des anderen, was wichtig ist, da er sich ja verstanden fühlen möchte, angenommen. Und durch diese Haltung habe ich den nötigen Abstand (im Idealfall) zur anderen Person.
Die Distanz ist wichtig, da mich sonst die Schicksale zu stark berühren, oder ich könnte gewisse Menschen nicht behandeln, die mir unsympathisch sind, kann eben auch vorkommen, damit muß man rechnen...ach so, was mir noch einfällt, manchmal kann man sich einfach nicht abgrenzen, und man nimmt das Erlebte von der Arbeit "mit nach Haus", dann ist es sehr hilfreich und schön, wenn man sich mit der Familie oder Freunden, Kollegen darüber austauschen kann, einfach um es verarbeiten zu können.
LG, Marie
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(15.08.2010, 07:36)Marie Z. schrieb: Hallo,
das sehe ich ähnlich meiner Vorrednerin, Mitgefühl ja, Mitleid nein. Berufliche Erfahrungen in der Krankenpflege haben mir gezeigt, das es wichtig ist, sich abzugrenzen. Habe ich Mitleid, identifiziere ich mich mit dem Leid des Patienten, dann kann ich keine Distanz aufbauen. Außerdem verstärkt es das Leid des anderen.
Habe ich Mitgefühl, bin ich offen für die Gefühle des anderen, was wichtig ist, da er sich ja verstanden fühlen möchte, angenommen. Und durch diese Haltung habe ich den nötigen Abstand (im Idealfall) zur anderen Person.
Die Distanz ist wichtig, da mich sonst die Schicksale zu stark berühren, oder ich könnte gewisse Menschen nicht behandeln, die mir unsympathisch sind, kann eben auch vorkommen, damit muß man rechnen...ach so, was mir noch einfällt, manchmal kann man sich einfach nicht abgrenzen, und man nimmt das Erlebte von der Arbeit "mit nach Haus", dann ist es sehr hilfreich und schön, wenn man sich mit der Familie oder Freunden, Kollegen darüber austauschen kann, einfach um es verarbeiten zu können.
LG, Marie
Hallo, ihr Lieben, zunächst einmal einen frohen Feiertag,
ja, wie gehen alle bereits in Heilberufen tätige mit der Betroffenheit und den eigenen Gefühlen um?
Ich wünsche hierzu immer einen Engel an die Seite, den nötigen Schutz, eine brauchbare Methode. Und vor allem, dass sich der einfache Glaube an die Kraft der liebenden Zuwendung, mit allem was im "Gottesgarten" wächst und blüht, sich verbindet, und fest und sicher bleibt.
Zum vertieften Verständnis des Unterschieds zwischen Mitleid und Mitgefühl
las ich vor kurzem einen Beitrag der mich sehr angesprochen hat.
Mitleid beschränkt auf das "Mit-Leiden", (kann das Leid verstärken, birgt die Gefahr aufkommenden Selbstmitleids) während "Mit-Gefühl" viel mehr das "mitfühlen" meint und somit ja auch die "Mit-Freude" einschließt.
Irene
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Ich finde auch es ist wichtig einen Unterschied zu machen zwischen Mitleid und Mitgefühl. Die Bürde trägt in Realität nur der Mensch, der die Krankheit selbst hat. Der Behandler kann der Person Respekt zollen, indem er aufmerksam zuhört, vorurteilslos präsent ist und versucht sein Bestes zu geben.
Mit dem Patienten zu leiden geschieht öfters, aber das hilft niemandem, es schafft im Grunde noch mehr Leid. Ich finde manchmal muss man auch die Krankheit eines Menschen respektieren und seine eigene Hilflosigkeit als Behandler anerkennen. Ich glaube fest daran, dass es so etwas wie ein Schicksal gibt und ich habe auch Menschen mit sehr schweren SChicksalen kennengelernt, die trotzdem ein sehr würdevolles und sinnvolles Leben geführt haben. Wichtiger als Mitleid finde ich Gegenwärtigkeit und Anerkennung gegenüber dem Patienten als menschliches Mitwesen.
Ein kleiner Tipp für diejenigen, die immer sehr schnell mitleiden und denen es dadurch selbst "an die Nieren" geht:
Die Bachblüte Centaury hilft, um sich im positiven Sinne abzugrenzen. Sie ist bestens geeignet für alle Menschen im sozialen, medizinischen und pflegenden Bereich.
Herzliche Grüße
Alexandra
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Mitgefühl sehe ich hier auch an erster Stelle, aber ohne Mitleid.
Ich versuche in diesen Momenten dann immer wieder wirklich "richtig hinzuschaun", d.h. ich betrachte mir den Menschen und hole mir diese Dinge raus, die mir auffallen, ihn, in diesem Fall zu stärken.
Nehmen wir z.B. die alte Bäuerin von Isolde.
Ich glaube, es ist ein großer Schritt für Sie gewesen überhaupt Hilfe zu uchen. Das hat sie doch schon mal hervorragend gemacht, sich zu überwinden und zu ihr zu kommen.
Auf ein Fahrrad gestützt, als einzige Bewegungsmöglichkeit in der gekrümmten Haltung - die Idee zu haben ist doch schon genial, natürlich nicht ideal, aber soweit kommt sie vorwärts.
Dann bei der Untersuchung liegt ein alter Lappen auf der offenen Wunde und obwohl sie nicht recht wußte oder wahrhaben wollte, was das war hat sie diese Wunde abgedeckt, also schon entdeckt und hat sich dann auch Hilfe gesucht.
Ich denke, daß am Anfang immer dieser "Blick" stehen sollte, um sich nicht ins Selbstmitleid ziehen zu lassen, sondern es ist bewundernswert, was der eine oder andere für Ideen hat sich selbst zu helfen. Das trifft natürlich nicht für alle Patienten zu, denn viele fühlen sich durch ernste Krankheiten übervorteilt oder als ob ihnen das eigene Leben aus der Hand genommen worden ist.
In diesen Momenten habe ich mir angewöhnt, mit Farben zu arbeiten. Entweder der Patient sucht sich eine Farbe raus und nimmt sie mit nach Hause oder ich suche eine Farbe intuitiv aus. Damit hat sich schon manch einer aus schweren Tiefen wieder rausholen können.
Daniela
Daniela
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Hallo ihr Lieben,
habt ihr auch schonmal überlegt wie es ist wenn es eher umgekehrt ist und ablehnende Gefühle in einem hochkommen bei einem Patienten?
Es kann gut sein, dass auch mal Leute kommen von denen man Dinge weiß, die man eigentlich gar nicht wissen will.
Das kann z.B. jemand sein von dem man weiß, dass er wegen Vergewaltigung oder Mißbrauch im Gefängnis war oder einer der seine Frau schlägt etc..
Oder jemand, dessen politische Richtung man nicht teilen kann.
Z.B. konnte man früher ehemalige Angehörige der Waffen SS an einer Tätowierung am linken Unterarm erkennen.
Das wird heute sicher nicht mehr vorkommen aber dafür andere Sachen, die man dann plötzlich wahrnimmt und nicht damit gerechnet hätte.
Dann neutral zu bleiben wäre für mich die größte Herausforderung.
Oder man gibt solchen Menschen erst gar keinen Termin wenn man es vorher weiß?
Das sehe ich aber auch nicht als Lösung.
LG
Antje
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Das ist ein interessantes Thema.
Wenn es sich um Mitgefühl, oder wegen Meiner auch um Mitleid handelt ist das sicher noch zu händeln.Aber was ist wie Antje oben schon schrieb wenn wir eine Person total ablehnen aus welchen Gründen auch immer.Gott sei Dank sind die Angehörigen der Nazi-Diktatur fast ausgestorben,aber die Nachfolger sind schon lange am Start.
Vielleicht wissen einige von euch das ich in den frühen 70er Jahren Sanitätssoldat bei der Bundeswehr war.Das war die Zeit des kalten Krieges und auch von unserer, der westlichen Seite ist immer ein Feindbild auch den zum Warschauer Pakt gehörenden Ostdeutschen aufgebaut worden.Meine Frau und ich hatten in der ehemaligen DDR viele Familienangehörige!
Klar haben wir die Sanitätseinsätze unter Feuer und in Kriegseinsätzen immer nur geübt,aber was ist wenn ein verwundeter Feind deine Hilfe braucht und vorher noch deinen Kameraden beschossen und umgebracht hat?
Herzliche Grüße:
Werner
Pate von Nicci
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Und noch eine weitere wichtige Frage: Wie geht Ihr mit dem Ekel um?
Angenommen jemand ekelt sich vor Sputum?
Und nun handelt es sich um einen Patienten mit Bronchiektasen??
Welche Strategien habt Ihr hier entwickelt?
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Mit Ekel habe ich nicht so viel Probleme.
ich habe im Seniorenheim gearbeitet und einiges erlebt. Aber es macht mir nichts aus. Und auch in meinem Beruf sieht man so manches Z.b. Laryngektomie. Aber es kam noch nie zu Situationen in denen ich mich extrem geekelt habe. Das habe ich mir vor der Ausbildung überlegt.
Manchmal ist es etwas Tagesabhängig. Z.b. wenn es mir nicht gut geht.... Aber bis jetzt ging es noch immer
In schlimmen Situationen z.B. im Seniorenheim fand ich es gut Kolleginnen und Kollegen zu haben. Da konnte man sich ohne Worte abwechseln - und einer konnte die Situation verlassen. Aber das ist als HP eher nicht möglich wenn man alleine arbeitet.
LG Andrea
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Ich kann mir eigentlich auch alles ansehen und hab kein Problem damit.
Gerüche sind da eher problematisch, da musste ich dann früher schonmal ein Würgen unterdrücken bis ich lange genug im Zimmer war.
Heute muss ich auch nicht mehr würgen.
Raus musste ich früher mal bei einem abgeschnittenen Finger und bei einer Brustamputation.
Aber solange eine Notversorgung braucht halte ich das auch aus.
Das war auch kein Ekel sondern ich bekam Kreislaufprobleme.
LG
Antje
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Ja, der Ekel...das hab ich nun schon häufiger erlebt, jedenfalls im Pflegeberuf. Das hing auch mit Gerüchen zusammen, wie Antje schon schrieb, geht es mir da ähnlich. Während der Arbeit nimmt man es nicht wahr, denn es geht darum den Patienten zu versorgen. Doch nach der Arbeit, oder während der Pause, denkt man darüber nach, und bei mir schlägt es auf den Magen. Auf Dauer geht das mit der Pflege und mir nicht gut, bin ich dann zum Resultat gekommen.
Als Heilpraktikerin habe ich dann wohl eher einen anderen Wirkungskreis, es geht nicht um die Belange, wie in der Pflege: Patienten waschen, anziehen, Bettlägerige versorgen, etc....
doch in der Tat kann da später bestimmt mal eine offene Wunde sein, wie Isolde beschrieb, ich denke das ist hinzubekommen...
zu der Nazi-Generation, heikles Thema. Die sind ja nun leider immer noch zu finden, so ganz "ausgestorben" sind die noch nicht. Und die wird es immer geben, in jüngerer Generation.
Habe darüber nachgedacht, jemand schrieb, man könne ja unsympathische Patienten weg schicken, zum Kollegen...doch geht das wirklich? Ist es in dem Moment nicht unterlassene Hilfeleistung, gerade wenn er eine lebensbedrohende Krankheit hat, und ich ihn gar nicht untersuche, sondern weiter schicke, und so Zeit verstreicht? Daher habe ich für mich entschieden, jeder Patient/Klient der dann Hilfe sucht, soll sie bekommen.
Und ich meine, es gibt da sogar eine gesetzliche Regelung, das jeder mit einer entsprechenden Ausbildung Hilfe zu leisten hat. Es ist eine hohe Verantwortung, die man dann trägt.
LG, Marie
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Als HP hast du keine Pflicht jemanden zu behandeln. Du kannst also entscheiden. Der Arzt kann das nicht. ER muss.
Allerdings Erste Hilfe muss jeder Bürger leisten. Sollte also ein Patient in deinem Wartezimmer ein Notfall sein, musst du natürlich alles einleiten und Hilfe leisten bis der Notarzt vor Ort ist. Oder du findest auf der Straße einen bewußtlosen Menschen auf. Also halt, das was deine Bürgerpflicht ist.
Aber sonst kann der HP auch sagen, ich möchte sie nicht behandeln.
Ob man es umsetzt ist eine andere Frage ;-)
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(16.08.2010, 18:53)Scapi schrieb: Aber sonst kann der HP auch sagen, ich möchte sie nicht behandeln.
Ob man es umsetzt ist eine andere Frage ;-)
Ja... und ob man es sich, rein rational betrachtet "leisten" kann auf Patienten zu verzichten, gerade in der Anfangszeit, glaub ich eher nicht.
Na ja, wie gesagt, ich würde jeden untersuchen. Im Laufe des Gesprächs, wenn es nicht lebensbedrohend für ihn ist, wird man dann eh sehen, ob die "Chemie" zueinander stimmt, von beiden Seiten.
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Ich habe dank meiner bisherigen Tätigkeiten eine relativ große Ekel-Toleranz entwickeln können. Gut der Eisengeruch von frischem Blut frühs um vier auf nüchternen Magen hat mir schon zugesetzt, aber ansonsten wird man durch die Chirurgie relativ immun.
Mit persönlichem Ekel ist es da in der leider anders. Ich kann mich leider (Gott sei Dank) nicht gut verstellen. Mir sieht man in der Regel am Gesicht an, ob ich jemanden positiv gesinnt bin oder nicht.
Und man sollte nicht davon ausgehen, daß der Gegenüber das nicht merkt, ich denke der Patient wird sich von allein zurückziehen wenn es nicht passen sollte.
sollte es trotzdem arg-wiegende Diskrepanzen zwischen meiner menschlich/persönlich/politisch/ vor allem therapeutischen Meinung und dem des Patienten geben, will ich mich zumindest nicht scheuen dies dem Patienten mitzuteilen.
Ich habe in der Psychosomatik festgestellt, daß es Menschen guttut, sie widerzuspiegeln, sie zum Nachdenken anzuregen.
Das sind dann Sätze wie: "Darf ich Ihnen etwas spiegeln? Sie wirken sehr aggressiv,wütend auf mich! Gibt es denn Dinge die sie derzeit wütend machen?" Oft stößt man da auch auf den therapeutischen Ansatz.
Zu den SS-Soldaten sei folgendes gesagt: Wer sagt uns bitte, daß sie nicht schon längst Reue gezeigt haben und sich für ihr Tuen schämen. Hier zu urteilen obliegt uns nicht. Diese Männer waren damals leider dem Regime unterlegen, waren jung, unwissend, hatten Frauen/Kinder und Land zu verteidigen. Viele von Ihnen hatten sicherlich auch Angst. Gut: einige lebten dortmalig auch ihre sadistische Ader aus, das will ich nicht beschönigen. Aber ich will und kann nicht über jene Menschen urteilen!
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Hallo Nicole,
deine Meinung kann ich gut nachvollziehen und bin an Deiner Seite.Allein deine Meinung zu den faschistischen Helfern eines Regimes teile ich nicht.Warum?Ich bin in direkter Nachfolge eines politischen und auch menschlichen Opfers dieses Wahnsinns geboren und habe trotz vielfachem Versuchs kein Verständnis für diese Menschen.Es gibt nichts zu entschuldigen,keine familiäre ökonomische religiöse sittliche oder Glaubens-Disposition!
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Werner
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Ja, wie gesagt heikles Thema. Ich meine auch nicht die Menschen, die sich dann darüber bewusst geworden sind, was sie damals eigentlich unterstützt haben, durch ihre Taten und Meinungen. Vielmehr die, die leugnen, das es das gab, und alles gut war. Oder schlimmmer noch, die es nicht leugnen, sondern gut heißen lassen.
Diese Menschen geben, bewusst, oder unbewusst, ihre Meinung an die nächste Generation weiter. An junge Menschen, die sich im Laufe ihres Lebens erst einen Charakter und ihre Meinung bilden müssen.
Und der Umgang mit diesen politisch ausgerichteten Menschen ist schlicht und einfach gesagt: zerstörend. Für beide Seiten, und für das Wohl der sozialen Gemeinschaft.
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