(Das Nachststehende ist nicht wissenschaftlicher Natur, sondern auf meinem eigenen Verständnis wahlweise Mist gewachsen).
Millan ist ja in freier Wildbahn mit Hunden aufgewachsen, und bezieht daher einen großen Anteil seines inneren Gespürs.
Problematisch wurde es u.a. dadurch, dass er diese Erfahrungen auf Tiere in enger häuslicher Verbundenheit zu übertragen versucht.
Es sind einfach nicht die gleichen Tiere auf der Individualebene.
(Säugetier, Tierart, Tierrasse, Tierindividuum).
Ich vermute, dass der ursprünglich gute Ansatz von ihm war/ ist, dass die Tiere über ein "natürliches (Alpha-)Rudelverhalten" der Halter wieder aus ihrem großstadtneurotischen bzw. an den Menschen überangepasstem Verhalten wieder zurückfinden, wenn man sie nur wieder mit ihrer eigentlichen Natur konfrontiert.
Sie sollen wieder lernen, Tier zu sein, statt vermenschlichte Hätschelpuppen ihrer Besitzer. Ich nehme ihm wirklich ab, dass er meint, im Sinne der Tiere zu handeln.
Und ich glaube fernerhin, dass er sich einer Auseinandersetzung mit der modernen Hundekunde intellektuell nicht gewachsen fühlt. Dann versucht man eben, mit "Beweisen" zu überzeugen.
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Öhm, zurück zum Ausgangspunkt. Er hat das Wesen der Dominanz nicht so Recht verstanden, und nicht die Rolle, die der Mensch in diesem Zusammenhang auszufüllen hat.
Ich will das mal am Clickern erläutern.
Er setzt an, sobald sich zwei aggressive Hunde gegenüberstehen und kaum mehr zu bremsen sind. Dann unterwirft er beide mit harten Mitteln, damit sie ihre Rangkämpfe nicht mehr untereinander ausfechten, sondern wenn, dann mit ihm selbst.
Da er aber kein Hund ist, und ihm die hündischen Mittel fehlen (Körpersprache, Mimik, Lautäußerungen, Geruch!!!), kommt nur ein Bruchteil seiner Signale beim Hund an.
Gewaltfreies Hundetraining (und auch Katzentraining) setzt hier an, indem es die fehlenden menschlichen Möglichkeiten durch
- operante Konditionierung (Lob und positive Verstärkung wie beim Clickern),
- Capturing (versuch mal einen Wal durch Strafe oder Gewalt zum Pinkeln zu bringen ),
- eigene Stimmungs-/ Spannungskontrolle, sowie
- artgerechte Maßregelung / in die Schranken weisen (nicht Strafe!!!)
ergänzt.
Als domestizierte Tiere verfügen Hunde und Katzen über das Vermögen, einen Artgenossen von ihren Menschen zu unterscheiden. Sie erwarten nicht, dass wir wie Tiere sind. Sie haben aber ein Bedürfnis nach Kommunikation.
Und die wird bei Millars Methoden durchgehend frustriert, weil sie zwar auf ihn achten sollen (selbst bei völlig widersprüchlichen Handlungsansagen), er aber nicht auf sie reagiert.
So kann man jedes Tier schier verrückt machen. Es scheint für die Hunde völlig willkürlich zu sein, wann er "Fein gemacht" sagt, und wann er zutritt, weil IHM irgendetwas nicht passt.
Das stellt das Rudelverhalten, was er fördern möchte, geradewegs auf den Kopf. Er ist ein unberechenbarer Faktor, keiin Alphamännchen.
Alphamännchen (sofern sie keine direkten Rangfolgeauseinandersetzungen haben), gucken einmal schief, knurren oder bellen, und dann kuscht sich das rangniedere Tier. Es hat die Ansage kapiert, bis hierhin, und nicht weiter.
Die Drohung ist stärker als die Ausführung. Hier liegt der eigentliche "Zauber" der Kommunikation innerhalb der Gruppe/ des Rudels.
Mit Millar findet in diesem Sinne aber gar keine Kommunikation mehr statt. Es gibt unter Tieren nicht diese Form der "unbedingten" Unterwerfung; sie ist immer situativ, und er führt die Hunde pausenlos an den Leb- oder Stirb- Pegel heran, ohne dass es Not täte.
Darum möchte er - laienpsychologisch interpretiert- auch, dass "die ganze Welt" in Frieden und Harmonie lebt, - mit ihm als Super-Alpha, dem sich Mensch und Tier bedingungslos unterwerfen.
Natürlich zu ihrem eigenen Besten, mit dem winzigkleinen Haken, das er derjenige ist, der definiert, was das Beste für alle ist.
Lieben Gruß,
Conny
ps: falls was political incorrect sein sollte, bitte sagen. Dann überdenke ich meine Formulierungen noch einmal.
Liebe Marion,
Zitat:Ich finde die Seite Klasse, weil der Mensch Cesar Millan da auch nicht in den Dreck getreten wird, sondern nur sachliche Kritik erfährt.
Ja, das hat mir auch gut gefallen. Mit einer rein emotionalen Kritik ist hier nämlich niemandem geholfen. Sie macht das vorbildlich, und ich freue mich auf ihre weiteren Beiträge.
Mit einem "dem würd ich das Würgehalsband gern selbst anlegen" ist es für mich nicht getan. Im Gegenteil, auch CM handelt aus bestimmten Motiven, die von Angst und Schmerz geprägt sein mögen. Auch ihn brächte man mit so einer "Erziehungsmaßnahme" maximal in eine ohnmächtige Position, in der er winselt, nie wieder Elektroschocks zu verwenden.
Das ist nicht mein Ziel. Tiere zu schützen, und Menschen nicht die gleiche Würde zuzugestehen, macht ja auch nicht wirklich Sinn, oder?
Lieben Gruß,
Conny
can you tell how it is,
and whence it is,
that Light comes into the soul?
- Henry David Thoreau -