Da dieses Naturheilgesetz sich in allen reinen Versuchen und allen ächten Erfahrungen der Welt beurkundet, die Thatsache also besteht, so kommt auf die scientifische Erklärung, wie dieß zugehe, wenig an und ich setze wenig Werth darauf, dergleichen zu versuchen. Doch bewährt sich folgende Ansicht als die wahrscheinlichste, da sich auf lauter Erfahrungs-Prämissen gründet.
Es geht nun also darum, weshalb eine stärkere Krankheit eine schwächere beseitigt:
§ 29
Indem jede (nicht einzig der Chirurgie anheim fallende) Krankheit nur in einer besondern, krankhaften, dynamischen Verstimmung unserer Lebenskraft (Lebensprincips) in Gefühlen und Thätigkeiten besteht, so wird bei homöopathischer Heilung dieß, von natürlicher Krankheit dynamisch verstimmte Lebensprincip, durch Eingabe einer, genau nach Symptomen-Aehnlichkeit gewählten Arznei-Potenz, von einer etwas stärkern, ähnlichen, künstlichen Krankheits-Affection ergriffen; es erlischt und entschwindet ihm dadurch das Gefühl der natürlichen (schwächern) dynamischen Krankheits-Affection, die von da an nicht mehr für das Lebensprincip existirt, welches nun bloß von der stärkern, künstlichen Krankheits-Affection beschäftigt und beherrscht wird, die aber bald ausgewirkt hat und den Kranken frei und genesen zurückläßt 1). Die so befreite Dynamis kann nun das Leben wieder in Gesundheit fortführen. Dieser höchst wahrscheinliche Vorgang beruht auf den folgenden Sätzen.
1) Die kurze Wirkungsdauer der künstlich krankmachenden Potenzen, die wir Arzneien nennen, macht es möglich, daß, obgleich stärker als die natürlichen Krankheiten, sie doch von der Lebenskraft weit leichter überwunden werden, als die schwächern natürlichen Krankheiten, die bloß wegen ihrer längern, meist lebenswierigen Wirkungsdauer (Psora, Syphilis, Sykosis) nie von dem Lebensprincip allein besiegt und ausgelöscht werden können, bis der Heilkünstler die Lebenskraft stärker afficirt mit einer sehr ähnlich krankmachenden, aber stärkern Potenz (homöopathischer Arznei). Die vieljährigen Krankheiten, welche (nach §. 46) von den ausgebrochenen Menschenpocken und Masern (die auch beide nur eine Verlaufszeit von etlichen Wochen haben) geheilt werden, sind ähnliche Vorgänge.
http://www.homeoint.org/books4/organon/index.htm
Das durch die natürliche Krankheit verstimmte Lebensprinzip wird durch die Gabe einer ähnlichen, etwas stärkeren Arznei, d.h. einer ähnlichen, stärkeren, künstlichen Krankheit geheilt. Die Lebenskraft ist nun mit der künstlichen Krankheit beschäftigt, welche aber nur eine kurze Wirkungsdauer im Körper hat. Ist die künstliche Krankheit verschwunden, ist der Kranke auch von seiner natürlichen Krankheit befreit! Im Gegensatz zur natürlichen, lange andauerenden Krankheit kann die Lebenskraft die künstliche Krankheit schnell alleine besiegen.
Ein Unheil an, das seine Herkunft schändet.
William Shakespeare
Patenkind von Andrea Rapp
Patin von Manuela und Tilly