der Anfang August öffentlich gemachte Fall des biologischen Krebszentrums in Brüggen-Bracht bietet eine große Palette an Diskussionsthemen.
Der Sachverhalt, welcher zur Zeit noch nicht vollständig aufgeklärt worden ist, wird unter anderem in der Deutschen Apotheker-Zeitung (DAZ.online) und der ZEIT (Online-Version) skizziert.
Dabei geht es wohl auch um folgende Punkte:
Heilmittelwerbegesetz
Zunächst steht im Raum, dass vorliegend ein Heilpraktiker bzw. das von ihm betriebene Krebszentrum eine unzulässige Werbung praktiziert hat, indem womöglich Heilungsversprechen gegenüber den Patienten abgegeben worden sind. Das verbietet § 3 Heilmittelwerbegesetz (HWG), an das sich auch Heilpraktiker halten müssen. Die Kenntnis der gesetzlichen Grenzen der Heilpraktikertätigkeit, so auch die Kenntnis des HWG, sind Gegenstand seriöser HP-Ausbildungen und gern gefragter Inhalt bei Heilpraktikerprüfungen.
Das verabreichte Medikament
Zahlreiche Fragen der aktuellen Diskussion zu dem Fall betreffen auch die Medikamente, welche den Krebspatienten von dem HP injiziert worden waren, vor allem das in Deutschland nicht zugelassende Medikament 3 Bromopyruvat. Ob die Verabreichung dieses – vielleicht in der konkreten Zusammensetzung verunreinigten - Medikaments ursächlich für den Tod der Patienten war, wird derzeit noch ermittelt.
Notfallsituation in der Praxis?
Neben der genauen Kenntnis der gesetzlichen Grenzen seiner Tätigkeit ist ein Heilpraktiker auch verpflichtet, eine Notfallsituation in seiner Praxis zu erkennen und darauf sofort angemessen zu reagieren. Dabei dürfte in den meisten Fällen auch die Verständigung des Notarztes Teil der in Gang zu setzenden Rettungskette sein. In der Presse wird nun berichtet, dass einige Patienten des Heilpraktikers während der Behandlung plötzlich über Verwirrtheit, Schwindel und Krämpfe klagten, was Anhaltspunkte für einen Notfall sein könnten. Der genaue Ablauf wird aber noch ermittelt. Jedenfalls wurde der Notarzt nach derzeitiger Kenntnis wohl nicht verständigt und stattdessen wurden Vitamine verabreicht. Das ist wohl auch ein Hauptgrund dafür, dass nun Anzeige gegen den HP erstattet worden ist.
Auch die angemessene Reaktion eines Heilpraktikers in Notfallsituationen ist aber wichtiger Bestandteil seriöser HP-Ausbildungen und wird auch häufig in der HP-Prüfung abgefragt.
Fazit: Ich finde es sehr bedauerlich, dass der vorliegende Fall nun wieder Anlass bietet, den Berufstand des Heilpraktikers im Allgemeinen in Verruf zu bringen. Damit wird all jenen Heilpraktikern Unrecht getan, welche sich an die gesetzlichen Grenzen ihrer Tätigkeit halten, sich in den von ihnen praktizierten Gebieten gewissenhaft ausbilden lassen, sich regelmäßig fortbilden und ihrer Sorgfaltspflicht gegenüber dem Patienten nachkommen.
Zu erwähnen ist noch, dass der ganz überwiegende Teil dieses Berufsstandes sicher für seine (ggf. auch über mehrere Monate andauernde) Behandlung NICHT ca. 10.000 EUR Behandlungshonorar verlangt, sondern diese Tätigkeit womöglich nur mühsam anhand des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker aus dem Jahr 1985 abrechnet. Eine angemessene Vergütung der Heilpraktikertätigkeit liegt wohl irgendwo dazwischen und sollte vielleicht auch mal wieder diskutiert werden.
Dass der Berufsstand des Heilpraktikers als solcher abgeschafft wird, glaube ich aber nicht. Eine bundesweite Vereinheitlichung der Heilpraktikerausbildung wird auch immer mal wieder diskutiert. Es handelt sich aber eben nicht um eine staatliche Ausbildung, auch wenn die Überprüfung durch die Gesundheitsämter erfolgt (wobei der schriftliche Teil der HP-Prüfung bereits jetzt weitgehend bundeseinheitlich zweimal im Jahr mit einheitlichem Prüfungsinhalt durchgeführt wird). Dabei dürfte auch unbestritten sein, dass die Heilpraktikerprüfung keinen Automatismus für ein Bestehen dieser Prüfung beinhaltet, auch wenn es bei der Prüfung „nur“ um Gefahrenabwehr geht…
Ob das Heilpraktikergesetz aus dem Jahr 1939, schon wegen einiger der darin verwendeten „Begrifflichkeiten“, heute noch zeitgemäß ist - darüber lässt sich trefflich streiten. Ich finde aber trotzdem, dass der recht großen Freiheit des Heilpraktikers bei der Wahl seiner Therapiemethoden auch heute schon ausreichend klar definierte gesetzliche Rahmenbedingungen gegenüberstehen. Daraus ergibt sich aber auch eine sehr große Verantwortung für den HP.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende ,
Winnie