Was ich aber hier wiederum, wie auch schon damals, als Gudrun die neuern Richtlinien der DGE hier ins Forum stellte, sagen muss ist folgendes:
Die DGE gibt allgemeingültige Richtlinien vor, nach die sich "Ottonormalverbraucher" richten kann und sollte. Es bildet das sogenannte Grundgerüst, nach denen sich auch die Ernährungsberatung richtet.
Selbstverständlich gibt es immer wieder neue STudien zu den verschiedensten Erkrankungen und die kann man, wenn sie denn fundiert sind, auch in die Beratungen mit einfliessen lassen und/oder den Patienten mit auf den Weg geben.
Seit einiger Zeit fällt mir aber die zunehmende Verkrampfung auf, wenn es um das Thema Essen geht. Ziel unserer Beratung muss auch sein, dass der Patient mit dem was er isst sich wohl fühlt und sich auch damit identifizieren kann. Ich kann einer 60 jährigen Frau aus einfachen Verhältnissen, eben nicht empfehlen, sich fortan keton, vegan, rohvegan oder was weiss ich zu ernähren.
Es findet ja zur Zeit ein Umdenken statt, weg vom täglichen Fleischkonsum, weg vom Hauptsache billig, weg von den Fertigprodukten, etc.pp.. Und da, muss ich sagen, mit einfachen SChritten kann so der Konsument/Mensch/Patient in die richtige Richtung gelenkt werden. Und genau dies ist Sinn und Zweck der DGE.
Die Ausbildung von Gudrun hat hier mit Ihrer Empfehlung zur Vollwertigen Ernährung auch grosses geleistet. Vollwertig heisst aber nicht nur, nur Vollkornprodukte zu verzehren, sondern auch ökologisch sinnvoll sich zu ernähren. Getreide ist per se nicht ungesund, auch nicht unsere heimischen GEtreide, wie Roggen, Dinkel, Hafer und auch Weizen. Ich bin sehr skeptisch gegenüber diesem Hype um Amaranth, Quinoa und so weiter. Ökologisch gesehen werden diese Körner aus Südamerika hierher importiert. Auch die wirklich sehr gesunde Avokado (Ich liebe sie heiss und innig) ist ökologisch sehr umstritten und verbraucht extrem viel wasser bei der Anpflanzung. Die meisten "superfoods" Acaibeere, Gojibeere, Chiasamen ebenso.
Aber vielleicht ist das gar nicht so erheblich. Denn vor allem wird mit dem Begriff Superfood ein Gefühl verkauft: das Gefühl, diese Nahrungsmittel brächten von irgendwoher weit weg die Ursprünglichkeit in die westliche Industriegesellschaft zurück, die Natürlichkeit, die Gesundheit, die heute nicht mehr als Voraussetzung für ein schönes Leben betrachtet wird, sondern offenbar als ein Wert an sich. Die Avocado, das wohl beliebteste Superfood, ist tatsächlich sehr gesund. Sie enthält so viele ungesättigte Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe, als wollte sie den Menschen von all seinen Gebrechen heilen.
Der Avocadoboom ist eine jener Moden, die nur in einer Gesellschaft möglich sind, die im Überfluss lebt. In diesem Teil der Erde, wo Nahrung nur noch nebenbei satt machen soll, bekommen Lebensmittel eine fast poetische Bedeutung. Sie werden wie Figuren in einem Roman wahrgenommen, haben einen guten oder einen schlechten Charakter. Das Schweinenackensteak hat in dieser Fiktion die Rolle des schmierigen Bösewichts übernommen.
In der Wirklichkeit ist die Avocado die ungefähr 400 Gramm schwere Beere eines immergrünen Laubbaumes. Dieser Baum muss irgendwo wachsen, und wie jeder Baum braucht er Erde, Luft und Wasser. Eine Avocado braucht noch viel mehr. In der realen Welt der landwirtschaftlichen Produktion hat sie gar nichts Müheloses. Im Gegenteil. Ihr Erfolg war kein Wunder der Natur, sondern von langer Hand geplant. Menschen haben Geld auf sie gewettet. Unternehmen arbeiten daran, dass mehr und mehr Leute ein Leben ohne Avocado für unmöglich halten. Und am anderen Ende der Welt verändern sich ganze Landstriche, was die Frage aufwirft, ob es wirklich gut ist für die Welt, wenn der deutsche Verbraucher Schweinefleisch und Butter durch Berge von Avocados ersetzt.
Das kann, auf Dauer gesehen, weder für den Menschen und schon gar nicht für die Natur gut sein.
Deswegen mein Credo:
So natürlich wie möglich, so heimisch wie möglich, so schmackhaft wie möglich kochen, braten, essen und geniessen.
Annette