80 Bildkarten für Psychotherapie, Coaching, Supervision und Training.
Lern- und Veränderungsprozesse initiieren
von Evelin Fräntzel und Dieter Johannsen, hogrefe, 49,95 Euro
Meine Meinung:
Wenn die Worte fehlen: Diese Situation kennt jeder Therapeut. Die Sitzung ist von Sprachlosigkeit geprägt. Eine Möglichkeit, dem Klienten in den Ausdruck zu helfen, ist die Arbeit mit Bildkarten. Das aktuelle Kartenset von Hogrefe bietet 80 Bildkarten. Ein Pluspunkt ist das Format der Karten: Din A 5. Ein weiterer Pluspunkt ist die hohe Qualität der Bilder. Ein dritter Pluskunkt ist das recht ausführliche Booklet, das jedoch gleichwohl keine Schulung ersetzt. Wer nicht gelernt hat, in den Kontakt mit dem Klienten/Patienten zu treten, wird auch mit dem besten Kartenset und dem genialsten Symbol-Koffer nicht vorankommen.
Wie funktionieren Karten, wie sind sie einzusetzen? Einerseits bieten sie, wie erwähnt, eine Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Andererseits können sie auch für selbstständiges und selbstgesteuertes Lernen eingesetzt werden. In der Arbeit mit Gruppen kann der Therapeut nutzen, dass die meisten Menschen sich gern mit anderen austauschen und ihre Erfahrungen/Eindrücke mitteilen möchten.
Warum Karten? Unsere Wahrnehmungen sind überwiegend optisch geprägt. Gleichwohl sehen zwei Menschen, die auf den gleichen Gegenstand schauen, niemals zu 100 Prozent dasselbe. Bilder lösen Assoziationen aus. Wenn ich eine Karte auswähle, weckt diese Karte in mir Gefühle, löst vielleicht Erinnerungen aus, vielleicht aber auch Sehnsüchte. Im Therapeutenkontext bedeutet das natürlich, dass wir einen Trigger riskieren und eventuell auf ein Trauma stoßen, das gilt es unbedingt zu beachten.
Zu bedenken ist also: Das ausgesuchte Bild erzeugt ein inneres Bild. Dieses innere Bild ist dem Klienten nicht unbedingt bewusst, es kann aber einen enormen Prozess auslösen.
Was spricht nun für dieses Kartenset? Die Bilder sind von hoher fotografischer Qualität, haben eine für die Arbeit sehr gute Größe und sind stabil genug, um mehr als drei Sitzungen zu überleben. Worauf der Verlag hinweist und was ich persönlich sehr wichtig finde: Es wurde "auf Motive verzichtet, welche von sich aus die Stimmung herabsetzen und beeinträchtigen".
Was mich als Einsteigerin in der zielorientierten Arbeit mit Karten an diesem Set, bzw. an dem Booklet begeistert, sind die ausführlichen Beispiele, wie die Karten verwendet werden können (eine Meditation inbegriffen). Es gibt:
- Übungen für die Einstiegsphase
a) Übung: Stärken, Fähigkeiten, Ressourcen (Setting: Gruppe/Team - Seminar und Training, Coaching, Supervision,
Teamentwicklung)
b) Übung: Motivation zum Thema (Setting: : Gruppe/Team - Seminar und Training, Coaching, Supervision,
Teamentwicklung)
c) Übung: Teamsupervision - Vorstellung der Teams
d) Übung: Zugehörigkeit entwickeln (Setting: s.o. zzgl. Gruppentherapie)
- Übungen für die Erarbeitungsphase
a) Übung: Hindernissen auf die Spur kommen (Einzelsetting: Supervision, Coaching, Beratung)
b) Übung: Perspektivenwechsel (Setting: Gruppe/Team - Seminar und Training, Coaching, Supervision)
c) Übung: Bewusst auswählen (Einzelsetting: Coaching, Supervision, Beratung, Therapie)
- Übungen für die Vertiefungsphase
a) Übung: Dankbarkeit erleben und zeigen (Setting: Gruppe/Team/Einzel - Seminar und Training, Coaching,
Supervision, Beratung, Therapie)
b) Übung: Wertschätzung (Setting: Gruppe/Team/Einzel - Seminar und Training, Coaching,
Supervision, Beratung, Therapie)
c) Übung: Kraftquellen aufspüren und ankern (Setting: Gruppe/Team/Einzel - Seminar und Training, Coaching,
Supervision, Beratung, Therapie)
d) Übung: Grenzen setzen (Setting: Gruppe/Team/Einzel - Seminar und Training, Coaching,
Supervision, Beratung, Therapie)
e) Übung: Im Team einigen - unsere Werte (Setting: Team - Supervision, Teamentwicklung)
- Übungen zur Ergebnissicherung
a) Übung: Zeitmanagement (Setting: Gruppe/Team/Einzel - Seminar und Training, Coaching,
Supervision, Beratung)
b) Übung: Feedback geben (Setting: Gruppe/Team - Coaching, Supervision, Teamentwicklung)
Fazit: haptisch und optisch sehr schönes Kartenset, das Lust macht, es sofort anzuwenden.
*Denn schlimmer als zu sterben ist es, nicht zu wissen, wofür man lebt.* (Gioconda Belli)