Traum (12. Raunacht)
Ich habe den Auftrag, mit 10- und 11-jährigen Mädchen zu singen. Ich bin alles andere als begeistert von dieser Aufgabe, da ich gerne ein anderes Fach unterrichtet hätte.
Ich begebe mich in den Singsaal der Schule, um mir ein Bild davon zu machen, denn ich bin neu an dieser Schule. Als ich den Singsaal betrachte, kommt mir plötzlich eine Idee: Tanzen und Singen miteinander verbinden, so wie ich es in der Kunsttherapie-Ausbildung gelernt habe. Der Singsaal ist sehr gross und hat noch eine Theaterbühne. Ideal zum Tanzen. Ich teste die Akustik des Singsaal, indem ich eine improvisierten Tanz mit einem improvisierten Gesang dazu hinlege. Es tönt wunderbar. Die Akustik ist super. Wie es wohl klingen mag, wenn 20 Mädchen improvisiert singen und tanzen? Wird es ihnen überhaupt gefallen?
Bevor ich mir weitere Gedanken darüber machen kann, sind die Schülerinnen schon im Anmarsch. Zu meinem Erstaunen werden sie von einer älteren Lehrerin begleitet. "Ich bin die Klassen-Assistenz und habe viel Erfahrung im Musik Unterrichten. Obwohl ich bereits im Ruhestand bin, hat man mich angefragt", erklärt sie und mustert mich mit schmalen Augen von oben bis unten.
Sie ergreift sofort das Ruder und heisst die Mädchen einen Stuhl nehmen und sich in der Mitte des Singsaals in zwei Reihen zu platzieren. Die Mädchen schnappen sich einen Stuhl und bilden, wie geheissen, zwei Reihen. Die Klassen-Assistentin platziert sich vor den Mädchen auf einen Stuhl und beginnt, ohne Umschweife, über Musik zu reden.
Ich nehme einen Stuhl und setze mich hinter die Mädchen. Ich schaue dem Treiben einen Moment zu. Dann stehe ich auf, stelle den Stuhl weg und verlasse leise den Singsaal. Ich bin hier überflüssig und vollkommen fehl am Platz.
Liebe Grüsse
Pia