Hier habe ich einige Begriffe gesammelt, die die Einsamkeit beschreiben:
Verlassenheit, Vereinsamung, Absonderung, Isolierung, Vereinzelung, Zurückgezogenheit, soziale Isolation, Eingezogenheit, Klausur, Abgeschlossenheit, Abschließung, Elfenbeinturm, Menschenscheu, Grübelei?, Einsiedlerleben, Abkapselung, Ungeselligkeit, Beziehungslosigkeit, Ungastlichkeit, Fremdheit, Kontaktarmut ... Abgelegenheit, Ödnis, Entlegenheit, Verborgenheit, Weltferne, Abgeschiedenheit, Erdenferne ...
Das Alleinsein habe ich ausgespart. Es hat einen miesen Ruf, aber nicht beim zweiten Hinsehen. Einsamkeit kann per se zu Depressionen und schweren psychischen Problemen führen. Doch Alleinsein ist nicht dasselbe wie Einsamkeit. Wenn wir vom Alltag und der Familie gestresst sind, ist Alleinsein eine köstliche Belohnung. Alleinsein hat Vorteile und ist positiv zu konnotieren. Menschen sind unglücklich, wenn sie nicht genug Zeit für sich haben, sie sind allerdings auch unglücklich, wenn sie nicht genug Zeit mit anderen verbringen können. Ein Mangel an Alleinsein kann zu Spannungen und Aggressionen in der Beziehung führen. Hier gilt es, für die richtige Balance zu sorgen, doch das wird zunehmend schwieriger. Die Menschen starren alle auf ihre Handys, in den Öffis, auf Plätzen und Straßen, auch im Wartezimmer der Ärzteschaft hört man immer weniger Stimmen. Es wird leise in den Beziehungen, der Gegensatz sind die Medien und die schreiende Werbung.
Einsamkeit und Alleinsein sind zweierlei.
Und es verabschiedet sich eine Epoche: Karstadt und Galeria Kaufhof machen dicht. Die Leute bestellen online, statt in die Metropole zu bummeln und zu shoppen. Kunst und Kultur führen zunehmend ein Schattendasein. Dazu kommt das Kneipensterben. Das "Eisbein-Eck" in Berlin-Friedrichshain gehörte einmal zu den klassischen Berliner Eckkneipen, mit Flipper und uriger Ausstattung, freundlichen Kellnerinnen, die einem das Glas Wasser bis zur Garderobe nachtrugen. Alles Geschichte. Viele altgediente Lokale haben in den letzten Monaten dichtgemacht.
Wie sagte Maike Luhmann, die Bochumer Professorin und Einsamkeitsforscherin: "Einsamkeit ist ein Gefühl, das man dann empfindet, wenn die Kontakte, die Beziehungen, die Verbindungen zu anderen Menschen, die man sich wünscht, nicht gegeben sind. Wenn also eine Diskrepanz besteht zwischen dem, was ich brauche an sozialen Kontakten, und dem, was ich eigentlich habe."
Einsamkeit ist schier ein Tabuthema in unserer Gesellschaft, in der Selbstoptimierung das tägliche Brot ist. Wenn Menschen zugeben, sie seien einsam, werden sie oft schief angesehen.
Womöglich ist es sinnvoll, sich nicht darauf zu verlassen, dass der Staat ein Einsamkeitsministerium ins Leben ruft. Jeder Mensch kann täglich dazu beitragen, dass sich die Mitmenschen, alte wie junge, weniger einsam fühlen - ein kurzer freundlicher Plausch mit der Mieterin von der unteren Stiege, ein fröhlicher Gruß zum Nachbarn über den Gartenzaun, einmal im Vorbeifahren einem Bekannten auf der Straße gehupt und aus dem Autofenster gewinkt, kurz die Kassiererin beim ALDI fragen, wie es ihr denn geht, der Postbotin entgegenlaufen und ihr das Paket abnehmen, einer älteren Dame im Supermarkt die Nudeln aus dem oberen Regal reichen, dem Rollstuhlfahrer ausweichen und ihn freundlich anlächeln, sich mit der Hundehalterin aus dem Nachbardorf am Waldrand austauschen, dem Kurierfahrer ein Trinkgeld in die Hand drücken ...
Es gibt täglich Situationen, die man positiv gestalten und guten Mutes beeinflussen kann, um die Einsamkeit in unserer Gesellschaft einzudämmen.
"Einsamkeit: Wir fügen sie einander zu."
B.P.
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