Liebe Leute,
die letzten 6 Jahre (fast) war ich in einer sehr erfolgreichen (im Sinne von ausgebucht) Praxis als Kompagnon tätig. Es war nach einer kurzen Anleitungs-/Einarbeitungsphase ein Sprung ins kalte Wasser. Hauptsächlich wird hier die Regressionstherapie in Verbindung mit manuellen und medikamentösen Verfahren gearbeitet.
Nachdem also immer wieder meine Anläufe, mehr Mitbestimmungsrecht und persönliche Freiheit sehr sehr zäh vorangingen bzw. immer nur mit Widerstand beantwortet wurden, und es meiner Frau und mir vor Ort immer schlechter ging, haben wir uns vor wenigen Monaten entschieden die Zelte abzubrechen.
Flugs fand sich ein geeignetes Haus zum Wohnen und Praktizieren. Naja, flugs mit viel Vorarbeit, suchen, nachdenken, abwägen, tralala.
Jemand sagte mir, ein offenes Gespräch mit der Chefetage sei nicht zu vermeiden, also nicht Sachen packen und über Nacht verschwinden, und darüber habe ich manchmal, ehrlicherweise, nachgedacht.
Also gut, Gespräch gesucht, Karten auf den Tisch gelegt, die Reaktion: Gelassenheit! Wow, das ging ja besser als erwartet! Jemand anderes (ein naher Verwandter), so wurde mir mitgeteilt, habe grosse Ambitionen die Praxis dann zu übernehmen. Nochmal: Wow! Ich hinterlasse keine Lücke sondern mache sogar einen Platz frei!
Kurze Zeit später ist der neue Mietvertrag unterschrieben, alles ist getragen, mühelos plötzlich.
Eine Woche später ist aber alles anders. Wir erfahren durch einen Patienten Dinge, die man eigentlich mit uns hätte besprechen müsste, entzieht uns das Terminbuch etc. Die Leute die zu mir möchten, werden patzig abgewimmelt, oder man versucht alles, ihnen einen Termin in der jetzigen (natürlich bei jemand anders) zu geben. Kampflinie.
Im aussen scheint alles normal, man wird gegrüsst, angelächelt. Die Patienten, die uns erreichen können, berichten immer wieder von obigen Gesprächsverläufen.
Und EIGENTLICH gibt es keinen rationalen Grund für die Verhaltensweise.... ausser dass mit meinem Weggang jetzt ein ganzer Batzen Umsatz wegbricht, für eine gewisse Zeit zumindest.
Nun, das ist nichts neues in der freien Wirtschaft, das passiert täglich auch in anderen Branchen, bei Friseuren und bei Anwälten. Ich fühle mich auch nicht als Opfer und jammere hier herum.
Aber von der Seele schreiben möchte ich es mir.
Und ich, nach meinem letzten Arbeitstag diese Woche, und dem Auszug aus der Praxis, einfach nur glücklich über das was vor uns liegt.... Es könnte theoretisch schrecklich in die Hose gehen, finanziell z.B.. Wir zahlen eine doppelt so hohe Miete, und eine Praxismiete. Das war vorher nicht so.
Und trotzdem überwiegt das positive Gefühl bei weitem und so sehr dass ich euch gerne etwas davon mitgeben möchte.
Wenn ihr in einer Sackgasse festsitzt, und sei sie auch nur gefühlt, traut euch, macht die Dinge anders, oder brecht ab und fangt neu an.
Ich bin fest überzeugt, wären wir noch länger geblieben, dann hätten wir einen noch höheren Preis gezahlt: Die körperliche Gesundheit. Seit 6 Jahren konnte ich die letzten 2 Nächte endlich mal wieder nur durchschlafen. Ich habe in einem Rhythmus gearbeitet, der nicht meiner war, konstanter Zeittdruck und abends manchmal nicht mehr wissend, wie ich heisse. Ja, ich habe viel gelernt, vor allem aber durch meine eigene Arbeit, mein Durchhalten, ich weiss das auch zu schätzen.
Und ja, ich sitze hier und muss heulen vor Erleichterung und Freude... Wenn Du es bis hierher geschafft hast zu lesen, sei mein Gast und heule mit mir.
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Ich her ze euch alle, bekannter und unbekannterweise.
Seid gegrüßt
Lutz