was die Diagnose betrifft, die dauerte bei unserem Sohn sehr lange und wurde trotz der ausgeprägten Symptomatik nicht ohne sehr viele (!) Untersuchungen und Versuchen mit Alternativen gestellt.
Aber ich habe inzwischen schon von sehr vielen "Schnellschussdiagnosen" gehört. Und auch davon, dass den Eltern das Gefühl vermittelt wird, man könne ADS mit Ritalin irgendwie "ausschalten" und sonst sei nichts nötig.
Das beobachte ich mit ziemlichem Magengrummeln, weil man dem Kind damit ja nicht hilft, sondern es mit den Tabletten doch eher dazu erzieht, Problemen mit irgendwelchen Süchten zu begegnen.
Von Nebenwirkungen ganz zu schweigen.
Eines der ganz gravierenden Grundprobleme hast du übrigens sehr treffend mit dem Wort "funktionieren" selbst angeführt.
Heute muss doch alles irgendwie funktionieren. Und das in so großem Umfang und an so vielen Fronten - da kann doch keiner mehr "normal" bleiben. Erst recht kein Kind. Und wenn wir dann nicht mehr so ticken, wie die Gesellschaft das will, dann schmeißen wir halt ein wenig Stoff rein. Ich frage mich, wo das in Zukunft noch hinführen soll.
Vielleicht kann man das ganz gut mit einem Pferdestall vergleichen (habe halt sehr viel mit Pferden zu tun und da liegt auch viel im Argen ). Es gibt immer mal ein schwieriges Pferd in einem Stall. Da muss man dann individuell entscheiden, wie man damit umgeht. Wenn aber in einem Stall alle Zossen koppen, weben, beißen und schlagen oder aphatisch in der Ecke stehen, dann schmeißt man da nicht irgendwelche Pillen rein, sondern ändert die Haltungsbedingungen. Und manchmal denke ich, dass die "Haltungsbedingungen" für Menschen in vielen Fällen "tierschutzwidrig" sind. Das betrifft vor allem den Druck, dem unsere Kinder oft ausgesetzt sind.
Was die familiäre Situation betrifft, kann ich gut verstehen, dass du die nicht bis ins Detail ausbreiten willst. Sicher verstehst du auch, dass ich mich als Außenstehende dazu nicht wirklich äußern kann.
Allerdings kann ich sehr gut nachvollziehen, dass der Junge seinen leiblichen Vater kennenlernen will. Meiner Meinung nach hat er auch ein Anrecht darauf.
Vielleicht macht man sich heutzutage nicht wirklich genug Gedanken darüber, was es mit sich bringt, wenn man ein Kind in die Welt setzt.
Ich hoffe für dieses Kind, dass sich die Probleme sinnvoll lösen lassen. Aber ich fürchte, dass dies sehr, sehr schwierig werden wird.
LG
Martina