gern mag ich antworten auf deine Frage, die ich gerade erst gelesen habe.
Ich kann mich noch sehr sehr gut an meine erste Klientin erinnern, die in meine Praxis kam.. es war soooo aufregend!!!! Und nein, ich habe mich ÜBERHAUPT NICHT kompetent gefühlt, ihr zu helfen.
Es wäre allerdings völlig egal gewesen, mit was sie zu mir kommt - ich hätte mich zu diesem Zeitpunkt für nichts kompetent genug gefühlt. Aber ich denke, das ich mehr oder weniger normal. Bis man sich mit einer Sache identifiziert und sagen kann "Ich bin HPP" und das auch fühlt - das dauert einfach.
Bei mir ist das alles jetzt 5 Jahre her. In meiner Praxis habe ich inzwischen Warteliste - ich kann niemanden mehr aufnehmen. Also ja, es lohnt sich immer, einen Traum umzusetzen! :-)
Ich habe allerdings (das muss ich fairerweise dazusagen) extrem viel Zeit und Geld in Zusatzausbildungen gesteckt, die mich schlussendlich doch haben meine Kompetenz fühlen lassen und die natürlich auch den Klienten zugute kommen, weil ich einfach mit sehr viel Wissen und sehr viel Handwerkszeug den Klienten gegenübersitze. Und ich habe bis jetzt noch nicht aufgehört, mich weiterzubilden und fortzubilden - macht einfach zu viel Spaß und ist immer wieder sooo interessant :-))
Und klar hast du Recht: Das ist schon verletzend, wenn man solche abfälligen Sätze hört wie du sie zitiert hast. Nur weißt du.. diese Sätze haben irgendwie auch ihre Berechtigung.
Nicht überall ist das, was man für die Prüfung als Vorbereitung erhält, so fundiert wie hier bei Isolde Richter über Sybille.
Nicht überall werden Behandlungsmöglichkeiten (hier: Rogers, Bachblüten) angeboten.
Letzten Endes kann man sich theoretisch den Lernstoff selbst aneignen, dann zur Überprüfung gehen und dann eine Praxis eröffnen, ohne jemals auch nur einmal etwas zum Umgang mit Menschen gehört zu haben.
Insofern haben die Leute, die so etwas sagen, auch ein bisschen Recht, weil es gibt (leider!) auch diese HPPs, die tatsächlich keine gute Arbeit leisten, weil sie außerhalb der Überprüfung nichts getan haben, was sie auf die Arbeit mit Menschen vorbereitet - also keine Therapiemethoden, kein Grundwissen über "Risiken und Nebenwirkungen", kein Wissen über Gesprächsführung, kein Wissen über Trauma.. nichts.. und dann sitzen sie da mit ihren Klienten und richten leider tatsächlich mitunter Schaden an.
Wenn mir also so eine Bemerkung begegnet, dann wehre ich das nicht ganz so vehement ab, sondern bemerke höchstens, dass es bei den HPPs -wie in jedem anderen Job auch- sonne und solche gibt! Und auch "richtige Psychotherapeuten" sind nicht zwingend besser, nur weil sie Psychologie studiert und eine Approbation in der Tasche haben.
Ich habe auch Psychologie studiert. Das ist eine Wissenschaft. Aber wie man mit Menschen spricht, lernt man im Studium so gut wie gar nicht. Das musste ich wo anders lernen!
Also ich mag dir gerne Mut machen, nicht aufzuhören und mit viel Achtsamkeit das auszuwählen, was für dich richtig und stimmig ist (also an Therapiemethode, meine ich) und vor dem ersten Klienten in der Praxis dir vielleicht sowas anzueignen wie "wie funktioniert Beziehungsaufbau in der Psychotherapie? Was genau ist meine Rolle und meine Haltung? (also weniger "wie HAT sie zu SEIN" sondern mehr "Wie möchte ich sein?") Wieviel kostet meine Stunde? (immer schön, wenn man da nicht rum eiert am Anfang ;-) ) Habe ich einen Behandlungsvertrag?" und und und
Das kann helfen, die Unsicherheit ein bisschen zu nehmen. Und vor allem: dich nicht entmutigen lassen von blöden Bemerkungen anderer. Sie sprechen über ein Bild, das sie haben, über ein Vorurteil und im schlimmsten Fall über etwas, was sie schon erlebt haben, aber sie sprechen NICHT ÜBER DICH!! :-)
Was strebst du denn für eine Methode an? Mit welchen Menschen möchtest du gern arbeiten?
Lieben Gruß,
Savina