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Hallo ihr Lieben,
ich darf verkünden, dass ich mit euch zukünftig regelmäßig ein Differenzialdiagnose-Rätsel bearbeiten darf.
Ich möchte dies immer dienstags mit euch angehen.
Also heute und am nächsten Dienstag stelle ich ein Rätsel zum "Warm-werden" ein, danach in 14tägigem Abstand!
Also, der Dienstag soll euer Rätseltag sein.
Dabei geht es nicht darum, sofort die "richtige" Krankheit zu erraten, sondern zu üben, wie gehe ich differentialdiagnostisch vor, welche Möglichkeiten beziehe ich ein und welche Fragen stelle ich dem/der Patienten/In.
Heute ist also Premiere.
Traut euch, stellt euch vor, ihr seid in eurer Praxis und folgender Praxisfall ergibt sich:
Frau K, 30 Jahre alt, kommt in eure Naturheilpraxis und klagt über Schmerzen im linken Bein. Diese habe sie, seit sie vor drei Tagen aus ihrem Australienurlaub zurückgekehrt ist. Die Tendenz des Schmerzes ist zunehmend. In Australien war sie aber weder krank noch habe es irgendwelche Auffälligkeiten gegeben.
Nun, was schlagt ihr vor, wie gehen wir vor?
Liebe Grüße
Sonja
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Super Ich liebe Rätsel
Schon beim reinkommen,gucken wir uns die Patientin gleich an und achten auf den Gang.Humpelt sie stark? Kann sie überhaupt das Bein belasten?
Hat sie ein schmerzverzerrtes Gesicht?
Wie sieht sie aus?Ist sie blass oder eher rot im Gesicht ?
Und dann messen wir natürlich erstmal Puls und RR um zu gucken ob ein Notfall vorliegt
Liebe Grüße
Petra
..................................
Erfolg hat drei Buchstaben :TUN (Goethe)
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Liebe Petra,
schön, dass du mitmachst.
Die Patientin wirkt allgemein gesundheitlich stabil, ist normalgewichtig.
Blutdruck 135/80mmHg
Puls 105
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Da sie aus Australien kommt ist natürlich eine Beinvenenthrombose absolut denkbar. Ich würde mir daher das Bein anschauen ob es geschwollen, überwärmt und druckschmerzhaft ist oder ich eine Vene tatsächlich als roten Streifen sehen kann (--> Verdacht auf Thrombophlebitis).
Außerdem würde ich wissen wollen, ob sie sich allgemein krank fühlt und das Meyer- ,Payr-, Homans und Lowenberg-Meyer-Zeichen prüfen. Da wäre ich beim Verdacht auf eine tiefe Beinvenenthrombose. Auch wenn die durch diese Zeichen nicht immer aufgedeckt würde sollte man das prüfen.
Liebe Grüße
Christina
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Ooh, Sonja, wie nett!
Aus Australien zurueck? Langstreckenfluege sind Risikofaktoren fuer Phlebothrombosen in den Beinen. Drueck ihr mal die Fusssohle nachdem du sie hast hinlegen lassen.Bei Schmerzen Krankenwagen rufen und liegen lassen. Emboliegefahr.
Ok, aber das wolltest du ja gar nicht hoeren. Also frage ich mal, wie lange tut das schon weh? Wo genau?Sind ihr Venenprobleme bekannt? Wie war denn der Rueckflug, hat sie da keine Kompressionstruempfe angehabt? Ist sie oefter mal aufgestanden und hat sich bewegt? Viel getrunken?Wie sieht das Bein denn aus? Geschwollen, rot oder blass? Kalt oder ueberwaermt?
Viele liebe Gruesse, Macala
Glückliche Patentante von nadinebe
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Hallo ihr Lieben,
ich freu mich, dass ihr mitratet.
Liebe Christina, tolle Fragen , also es ist kein Streifen zu erkennen.
Allerdings würde ich mich sehr freuen, wenn ihr mit der Anamnese anfangt.
Da dieses Rätsel auch für Anfänger ein Ansporn sein soll, sich einzubringen und außerdem wir im Zuge des Rätseln auch etwas Lernstoff vertiefen wollen, frag ich Christina und auch alle anderen mal:
Was sind Meyer- ,Payr-, Homans und Lowenberg-Meyer-Zeichen und wie überprüfe ich diese?
Liebe Martina, du hast ebenfalls tolle Fragen gestellt.
Es tut seit 3 Tagen weh, seit sie aus dem Australienurlaub zurück ist.
Das ganze Bein tut zunehmend mehr weh. Es sind keine Venenprobleme bekannt.
Inspektion und Palpation erfolgen dann nach der Anamnese.
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Ok, hier die Inspektion des Beines:
Ihr linkes Bein zeigt eine Umgangsvermehrung, Rötung und Ödem.
Kompliment an Christina und Martina, die damit goldrichtig lagen.
Aber nun, wie werden welche Tests palpatorisch angewandt und warum?
Bitte helft der Frau, deren Schmerzen weiter zunehmen.
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Nun gut, dann fange ich mal mit der Anamnese an .... obwohl sich eine Verdachtsdiagnose förmlich aufdrängt
* Seit wann genau bestehen die Schmerzen (ausstrahlend, Schmerzcharakter)?
* Gibt es eine auslösende Ursache / Tätigkeit ?
* Gibt es außer den Schmerzen im Bein sonstige Symptome (Fieber)?
* Hatte sie diese Art von Schmerzen schon vorher ?
* Was gibt es über den Allgemeinzustand zu sagen (Mimik, Stimme, unruhig, kaltschweißig, zyanotisch, Orientiert in Raum, Zeit, Person) ?
... wenn ich dann darf, würde ich gerne folgende Standarduntersuchungen durchführen:
* RR, Puls, BZ, Fieber
oh ... da war ich zu langsam ...
ganz ehrlich, ich würde wahrscheinlich gar keinen Test mehr anwenden und den Notarzt benachrichtigen. Ich könnte durch meine Tests den Thrombos im Bein loslösen und dieser würde ich nächst kleineren Kapillargebiet (Lunge) hängenbleiben und eine Embolie verursachen.
Den Patienten würde ich "wie ein rohes Ei" behandeln - sprich: Er soll ich mit aufrechtem Oberkörper hinsetzen, nicht herumlaufen, etc.
LG, Anja
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Liebe Anja,
gut gefragt, perfekt geschildert.
Aber jetzt mal ganz langsam eins nach dem anderen.......... .
So, ihr hättet anamnestisch noch folgendes erfahren können:
Anamnese:
Frau K leider unter einer chronischen Migräne, welche sie aber "gut im Griff" hat. Die Patientin ist starke Raucherin (1 1/2Pck./Tag). Der regelmäßige Genuss von Alkohol wird verneint. Ansonsten keine anamnestischen Besonderheiten. Die Einnahme von Medikamenten wir verneint (außer Einsatz von Triptanen bei aufkommenden Migräneanfällen).
Was fällt auf?
Untersuchungsbefund:
Blutdruck 135/80mmHg
Puls 105
Temperatur 38,7°C (gut gefragt, Anja)
Palpation:
Zuerst möchte ich aber folgende Fragen beantwortet haben:
Wie nennt man den Druck auf die mediale Seite der Fußsohle?
Wie heißt der Druck auf das Fersenbein?
Wie nennt man den Druck auf die Innenseite des Schienbeins?
Wie bezeichnet man die Dorsalflexion des Fußes?
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Uups, Anja war schneller!
Auch ich wuerde die Pazientin so schnell wie moeglich abgeben, aber Sonja moechte noch quaelen.....
Hier sind noch Fragen
Hat sie evtl. eine bekannte aktive Tumorerkrankung?Oh, und rauchen tut sie auch!
Ist der Umfang des Beines groesser als 3cm im Seitenvergleich?
Hat sie erweiterte Kollateralvenen( keine Varizen)?
Ein eindrueckbares Oedem auf der betroffenen Seite?
Schwellung des gesamten Beins?
Schmerzen lokalisiert entlang der Venen?
Paralyse, Paresen oder Immobilisation der unteren Extremitaeten( z.B. Gipsverband)?
Thrombosen in der Vorgeschichte?
Bettruhe, OP, Langstrecknflug in den letzten 12 Wochen?(Ja!)
Hier die Zeichen fuer Tiefe Beinvenenthrombosen
Schmerzen beim Husten im Bein( Louvel-Zeichen)
Schmerzen bei Druck auf die Wade ( Meyer-Zeichen)
Schmerzen bei Druck auf die Innenseite der Fusssohle ( Payr-Zeichen)
Schmerzen bei Beugung des Fusses Richtung Fussruecken ( Homan-Zeichen)
Das Hochlegen des Beins bessert die Schmerzen. Allgemeines Zeichen
Die Wade taet ich nicht druecken, der Thrombus koennte sich loesen und dann haben wir und die Pazientin ein Problem. Also ab mit ihr ins Krankenhaus zur Lysetherapie!
Viele liebe Gruesse, Macala
Glückliche Patentante von nadinebe
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Ihr seid einfach zu gut.
Fallauflösung:
Die gesamte Klink von Frau K. spricht deutlich für eine Phlebothrombose. Diese ist unbedingt ernst zu nehmen, weil sie akut zu einer Lungenemoblie und bei langwierigem Verlauf zu einem postthrombotischen Syndrom führen kann.
Dei Pathogenese der Thrombose beruht auch der sogenannten Virchow-Trias.
Was ist denn das?
Der Australienurlaub von Frau K. war mit einem langen Rückflug vergesellschaftet: durch das lange eingeklemmte Sitzen ist ein Punkt der Virchow Trias erfüllt. Welcher?
Das starke Rauchen der Patientin wirkt belastend für die Venenwände. Damit ist ein weiterer Punkt der Virchow Trias zwar noch nicht nachgewiesen, aber zumindest ein Riskiofaktor vorhanden.
Ihr sorgt dafür, dass sich die Patientin nicht mehr bewegt und wählt 112.
Die Patientin wird in die Klinik gebracht, wo durch eine Doppler-Untersuchung der Verdacht bestätigt wird. Sie bekommt strenge Bettruhe und Heparin. Später erhält sie eine Kumarin-Langzeittherapie.
Es handelt sich also um einen Notfall.
Super, dass Petra das direkt am Anfang erwähnt hat.
Christina hatte direkt den richtigen Riecher!
Martina hat sehr tolle und wichtige Fragen und Aspekte genannt!
Und Anja hat völlig richtig auf das Herumdrücken auf die Wade verzichtet.
Also, alles richtig gemacht. Ihr seid einfach zu gut.
Bleiben nur meine Fragen übrig:
Wie nennt man den Druck auf die mediale Seite der Fußsohle?
Wie heißt der Druck auf das Fersenbein?
Wie nennt man den Druck auf die Innenseite des Schienbeins?
Wie bezeichnet man die Dorsalflexion des Fußes?
Was ist eine Virchow-Trias?
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(30.04.2013, 10:32)Sonja s-harwardt schrieb: 1)Wie nennt man den Druck auf die mediale Seite der Fußsohle?
2)Wie heißt der Druck auf das Fersenbein?
3)Wie nennt man den Druck auf die Innenseite des Schienbeins?
4)Wie bezeichnet man die Dorsalflexion des Fußes?
5)Was ist eine Virchow-Trias?
1) Payr-Zeichen
2) ??
3) Meyersche Druckpunkte
4) Homans Zeichen
5) Virchow Trias: Stase (um langen Rumsitzen im Flieger), Gefäßwandschäden (durchs Rauchen), Veränderte Blutzusammensetzung (zu wenig Flüssigkeit getrunken - Blut "dickt" ein)
LG, Anja
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Hallo Ihr Rater,
habe im Stillen mitgeraten. Habe ebenso auf die Phlebothrombose getippt.
Aber blöde Frage , wann (ab welchem Symptom) ist denn eine arterielle Geschichte auszuschließen? Der Zeitpunkt des Auftretens der Symptome könnte doch Zufall sein? Ist ein erhöhter Blutdruck bei PAVK bzw. Arteriosklerose zwingend?
Ich habe da wohl Schwierigkeiten zwischen arteriell und venös abzugrenzen. Vielleicht hätte ich das Bein sehen müssen, bei Rötung und Schwellung und Überwärmung hätte ich natürlich auch nicht an arteriell gedacht. Aber ihr habt das ja schon vorher ausgeschlossen...
Liebe Grüße
Tina
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Perfekt, liebe Anja. Danke.
1) Payr-Zeichen
2) Bisgaard-Zeichen
3) Meyersche Druckpunkte
4) Homans Zeichen
5) Virchow Trias: Stase (um langen Rumsitzen im Flieger), Gefäßwandschäden (durchs Rauchen), Veränderte Blutzusammensetzung (zu wenig Flüssigkeit getrunken - Blut "dickt" ein)
Es hat Spaß gemacht, danke für eure Teilnahme und ich freu mich auf nächsten Dienstag, wenn das 2. Dienstag-DD-Rätsel an den Start geht.
Liebe Grüße und habt einen schönen Tag.
Sonja
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Liebe Tina,
schön, dass du schreibst, danke für deine Frage.
Du hast völlig Recht und deshalb ist es auch keine blöde Frage , es hätte erstmal auch eine arterielle Embolie sein können. Durch Befragen und Untersuchungsbefunde kommt man dann aber schnell in die richtige Richtung.
Das "arterielle Bein" sieht blass aus, die Fußpulse fehlen und es ist eher kühl.
Das "venöse Bein" ist eher gerötet, geschwollen und warm, also die klassischen Entzündungszeichen.
Wenn du noch Fragen hast, gerne.
Liebe Grüße
Sonja
Liebe Anja,
das Bisgaardzeichen ist eigentlich eben nur der Druck auf das Fersenbein, der schmerzhaft ist (man nennt das dann Kulissendruckschmerz).
Hier mal ein Link:
http://books.google.de/books?id=eQXSeVgX...ch&f=false
Hauptseite: www. google.de
Liebe Grüße
Sonja
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Hallo, Sonja, ich hatte da auch noch das Louvel Zeichen entdeckt, Schmerzen im Bein beim Husten.Hattest du das uebersehen? [/font]
Viele liebe Gruesse, Macala
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Liebe Sonja,
danke für den Hinweis.
Schönen Nachmittag.
Liebe Grüße
Tina
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Guten morgen,
Erinnerung: Morgen früh gibt es das nächste DD-Rätsel.
Ich werde so gegen 10 Uhr beginnen.
Wer also Lust und Zeit hat, kann gerne mitraten! Jeder kann mitmachen, ich freu mich schon.
Liebe Grüße
Sonja
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