Aber ich will meine Sichtweise dazu erläutern: einerseits ist natürlich so, dass (auch laut Lehrbuch) der Psychotherapeut den Menschen natürlich ganzheitlich betrachtet. Soll heißen: der somatische Zusammenhang zwischen psychischer Belastung und körperlichen Symptomen in beide Richtungen ist ja anerkannt und gegeben. Genau so wie auch neben der Vermutung von Neurotransmitter-Dysbalance z.B. bei Depressinen weitere Geschehen wie belastende Erlebnisse angenommen werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein Psychotherapeut also schon eine "ganzheitliche Sicht" auf den Klienten hat.
Andererseits entstand die Psychologie aus der philosophischen Ecke als ehemalige Geisteswissenschaft und entwickelte sich seit Anfang des 19. Jahrhunderts zu einer empirische Wissenschaft. Das heißt, man versuchte im Laufe der Geschichte Beobachtungen, die man machte, mit festen Versuchsanordungen und Erhebungen zu verfizieren, in Statistiken zu packen und zu beweisen, um auch als Wissenschaft ernstgenommen zu werden. Bei der Psychiatrie dagegen handelt es sich ja um medizinische Fachdisziplin, die sich mit der Prävention, Diagnostik und Therapie psychischer Störungen beschäftigt. Hier beobachten kritische Stimmen in den letzten Jahren immer mehr ein Nacheifern der Schulmedizin, auch um die die Kosten zu begrenzen, d.h. in den letzten Jahren werden verstärkt Behandlungsleitlinien, Manuale und schematisierte Vorgehensweisen entworfen, nach denen sich Psychotherapeuten richten sollen. Ob dieses Prozeder am Ende den Patienten zuträglich ist, ist für mich mit meiner persönöichen Sicht auf die Schulmedizin, fraglich.
Deswegen kann diese Frage nach dem ganzheitlichen Blick nur für mich persönlich beantworten, indem ich für mich nach meiner Prüfungs versuchen möchte einen "ganzheitlichen" Ansatz, geprägt durch viele Jahre persönlicher Erfahrungen, zu nehmen. In manchen Dingen habe ich Sichtweisen, die nicht klassisch nach Lehrbuch laufen, finde aber die Ausbildung zum HPP gerade sehr, sehr spannend und wichtig, weil ich einfach viele Dinge zu verstehen lerne. Deswegen war mir die Ausbildung ja so wichtig, weil ich mich in der Verantwortung für Menschen sehe, die meine Hilfe suchen und denen ich einfach qualifiziert und fachlich helfen möchte. Und trotzdem bleibe ich in manchen Dingen einfach dabei, dass es auch alternative Behandlungswege zur klassischen Psychotherapie gibt, die man beschreiten kann, wohlwissend, welche Verantwortung mit meinem Handeln verbunden sind.
Liebe Grüße,
Asja