Da ich ca. 45 Minuten vor dem Termin schon vor Ort war, habe ich die beiden, die vor mir dran waren noch getroffen. Das war aber nicht hilfreich, denn beide haben nicht bestanden und der Prüfling vor mir beschwerte sich über die Prüfung und die schlechte Atmosphäre. Eigentlich war ich relativ ruhig und zuversichtlich gewesen, aber nach dieser Begegnung 5 Minuten bevor ich hinein gerufen wurde, war ich dann leider plötzlich doch total nervös. Da haben dann leider die Rescue-Tropfen auch nicht mehr helfen können.
Ich wurde kurz begrüßt: Von der Amtsärztin Frau Dr. Mariss (im folgenden AÄ genannt) und zwei Heilpraktikerinnen: Frau Gimberg und Frau Dr. Museta. Eine der beiden strahlte eine echte Freundlichkeit und Wärme aus, die andere war freundlich und korrekt.
Ich setzte mich den dreien gegenüber an den Tisch und sagte kurz, dass ich sehr nervös sei. So dass eine der Heilpraktikerinnen mich fragte, ob ich ein Glas Wasser möchte. Bevor ich das Wasser hatte ging es dann aber sofort schon los mit der Eingangsfrage, was ich denn vorher gemacht habe. Die Amtsärztin hatte meinen Lebenslauf nicht angeschaut: Sie war kurz erstaunt und etwas neugierig als ich sagte, dass ich Tiermedizin studiert habe, fragte dann, warum ich denn dann nicht als Tierärztin arbeite, wollte meine Antwort aber gar nicht wirklich hören, unterbrach mich und sagte „Und jetzt wollen Sie Heilpraktikerin werden?!“ Dann erzählen Sie mir etwas zum Diabetes mellitus Typ II.
Ich: Es handelt sich um einen Diabetes, der durch eine Resistenz der Zellen bzw. der Insulinrezeptoren gekennzeichnet ist und im Gegensatz zum Typ I v.a. in höherem Lebensalter auftritt. Er kann jedoch in jedem Lebensalter also auch schon bei Kindern auftreten. Typischerweise sind die Patienten übergewichtig.
Ich wollte weiter sprechen, die AÄ unterbrach mich aber und fragte:
Wie ist das Insulin beim Typ II?
Ich: Zu Beginn ist das Insulin im Blut erhöht, weil der Körper gegen den hohen Blutzuckerwert gegensteuert und die B-Zellen im Pankreas vermehrt Insulin produzieren. Die Rezeptoren an den Zellen sind aber resistent oder defekt, so dass trotzdem zu wenig Glukose in die Zellen aufgenommen werden kann.
AÄ: Was erwarten Sie für Symptome, wenn eine Patientin in Ihre Praxis kommt, deren Diabetes noch nicht diagnostiziert wurde?
Ich begann Symptome aufzuzählen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, evtl. bereits Polydypsie und Polyurie – der Patientin könnte auffallen, dass sie nachts vermehrt auf die Toilette muss –
AÄ unterbricht: Warum kommt es dazu?
Ich: Weil der Blutzucker erhöht ist, versucht der Körper den Zucker über die Niere auszuscheiden
AÄ: Wie diagnostizieren Sie jetzt den Diabetes?
Ich: Ich kann, wenn ich den Verdacht habe, einen Blutzuckertest machen. Da muss ich dann beachten, wann die Patientin zuletzt gegessen hat und bekomme einen Wert, der wenn er über 200 mg/dl ist, relativ eindeutig ist….
AÄ unterbricht: Der Wert, den Sie in der Praxis messen ist sowieso zu ungenau. Was können Sie noch machen?
Ich: Ja man kann den Blutzuckerwert auch im Labor bestimmen lassen und den HBA1C noch dazu machen. Ich hatte aber „HBLA1c“ gesagt, so dass sie sofort nachhakte:
AÄ: Wie heißt dieser Wert?
Ich diesmal ganz langsam: H B A 1 C! (Ich war immer noch total nervös und fühlte mich so gehetzt)
AÄ: Ja, und was sagt der aus? Ist dieser Wert zur Diagnostik geeignet?...
Ich: Es ist ein Langzeit-Wert, der bei einem latenten D. mellitus auch zur Diagnose beitragen kann weil er…
AÄ: Wie lange?
Ich: Ca. 3 Monate. Genauer 8 Wochen bis 3 Monate.
AÄ: Warum gerade so lange?
Ich erklärte was HBA1C ist (glykosiertes Hämoglobin, mit dem die Erythrozyten beladen sind) und dass nach ca. 3 Monaten ein Zyklus des Erythrozyten-Abbaus vorbei ist , weil deren Lebensdauer ca. 120 Tage beträgt. Dabei erwähnte ich das Wort Blutmauserung in der Milz.
AÄ: Was heißt Blutmauserung auf Lateinisch?
Ich, überlegte ganz kurz, dann: Das weiß ich leider nicht.
AÄ: Apoptose Ich: ah ja!
AÄ: Was machen Sie noch?
Ich: Man kann auch einen Glukosetoleranztest machen, wenn die Ergebnisse nicht eindeutig sind.
AÄ: Wie geht das?
Ich: Der Patient bekommt eine definierte Menge Glukoselösung – 75 mg (falsch!!! Natürlich Gramm!!) – und man muss (da fiel mir ein, dass ich natürlich auch vorher schon den BLZ messen muss) davor (!) und dann eine Stunde danach, ich glaube auch 2 Stunden danach noch einmal den BLZ messen.
Wenn er dann auf über 200 mg/ dl ansteigt ist das pathologisch.
AÄ: Was müssen Sie davor machen?
Ich überlegte und wusste nicht, was Sie meinte (im Nachhinein natürlich schon!) und sagte: Ich muss eine genaue Anamnese und Untersuchung machen
AÄ unterbrach: Was müssen Sie bevor Sie den Glukosetoleranztest machen unbedingt machen?
Schließlich griff eine der Beisitzerinnen ein und fragte mich, allerdings weiß ich das nicht mehr genau, das ging etwas an mir vorbei. Etwa so: Wenn sie einen D. mellitus diagnostizieren möchten, welche Glukose-Werte gibt es da bzw. wie sind diese? Ich begann neu und sagte, der Nüchternblutzucker wäre eindeutig erhöht, wenn er über 126 mg/dl ist, zwischen 100 und 126 mg ist er grenzwertig, bei einer postprandialen Messung wäre ein Wert über 140 mg erhöht. Ich wurde von der Amtsärztin unterbrochen: Ja und welchen Wert müssen Sie nun vor dem Glukosetoleranztest machen? Ich: ?? Die Heilpraktikerin half mir: Sie haben es doch gerade gesagt: den Nüchternblutzucker. Ich: Ah, ja natürlich! Ich muss die Patientin, wenn Sie schon gegessen hat noch einmal kommen lassen und nüchtern den BLZ messen!!
AÄ fragte weiter, etwa so: Was müssen Sie noch fragen?
Ich wusste wieder nicht, was Sie nun hören möchte und sagte, dass ich nach Vorerkrankungen wie z.B. der M. Cushing fragen könnte, das wollte sie aber nicht hören. Die andere Beisitzerin half mir: Denken Sie an die Familienanamnese!
Ich: Ja natürlich! Da der D. mellitus Typ II eine genetische Komponente hat - stärker als beim Typ I – muss ich fragen, ob jemand in der Familie betroffen ist, die Eltern,… Diese Ausführungen waren der Amtsärztin wahrscheinlich zu viel, sie schaute mich ungeduldig an und sagte dann zu der Beisitzerin: Sie können jetzt weitermachen.
Nun durfte ich die Schockformen alle aufzählen (ich sagte immer einen kurzen Satz zu jeder Form) und wurde nicht unterbrochen!! Den septischen Schock vergaß ich, so dass ich gefragt wurde: und bei Meningokokken?
Ich: Der septische Schock!!
HP: Ja, genau. Erzählen Sie mir etwas zu den Stadien des Anaphylaktischen Schocks. Diese zählte ich nun alle auf, so wie ich sie gelernt hatte (0 bis IV). Als ich am Ende war, bekam ich ein positives Feedback von der HP, obwohl sie sagte, die Bezeichnung der Stadien habe sie anders im Kopf, aber meine Einteilung sei absolut schlüssig gewesen.
AÄ (oder HP?): Wie entsteht denn eine Anaphylaktische Reaktion?
Ich: Es handelt sich um eine Allergie vom Typ 1 – IG E vermittelt also eine Sofortreaktion. Es muss einen erstmaligen Kontakt mit dem Allergen in der Vergangenheit stattgefunden haben. Wenn es nun wieder zum Allergenkontakt kommt, so sind bereits Antikörper da und es kommt zur Histaminausschüttung durch die Mastzellen, lokal oder auch generalisiert.
Das genügte und die Amtsärztin sagte, nun etwas freundlicher gestimmt (so kam es mir vor): Dann gehen wir jetzt zur Puppe und Sie zeigen uns den Pulsstatus.
Ich: Gut, dann muss ich mir zuerst die Hände desinfizieren, wo kann ich das? Ich wandte mich zum Waschbecken, das sich hinter dem Sitzplatz des zu Prüfenden befindet.
AÄ: Sie sind die erste heute, die von alleine daran denkt! Sie müssen das jetzt aber nicht machen.
Ich zeigte den Pulsstatus von oben nach unten, wobei ich bei der Arteria carotis nach dem Barorezeptorenreflex gefragt wurde: Was ist das? Wie funktioniert er? Welche Information wird an das Gehirn geleitet? Ich wusste das, muss aber etwas Falsches gesagt haben oder sie hat mich falsch verstanden. Auf jeden Fall hakte sie noch weiter nach und ich war verunsichert. Sie meinte, dass das alle falsch beschreiben: „Immer der gleiche Fehler, den machen sie alle“.
Dann durfte ich weiter machen, vergaß die A. subclavia – wusste sie aber sofort, als sie sagte, da ist noch eine Arterie dazwischen. Die A. axillaris nannte ich A. brachialis (da kann man sehen, wie nervös ich war!!!), korrigierte mich dann auf kurze Rückfrage sofort. Ja und der Rest klappte dann.
Sie gingen zurück zum Tisch und die Amtsärztin sagte: „Sie haben bestanden“. Ich glaube sie hat sich nicht mit mir gefreut. Sie übergab mir den Hygieneplan und war fertig. Ich bedankte mich und schüttelte den beiden wirklich sehr netten Beisitzerinnen erleichtert die Hand.
Und das war´s! Das alles in nur 30 Minuten. Wir legten in dieser Prüfung wirklich ein rasantes Tempo hin ;-)
Kein Fall, keine Infektionskrankheit – wer hätte das gedacht?!