heute wollte ich mal auf eine Gerichtsentscheidung hinweisen, die auf ein Dilemma bei der psychotherapeutischen Versorgung von Kassenpatienten aufzeigt: Die grundsätzliche Wartezeit von 3 – 6 Monaten bis zum ersten Behandlungstermin durch einen Kassenarzt. Dies gilt auch bei dringend erforderlichen Behandlungen.
Ein Patient, der in seiner Not einen vorzeitige (nicht erst nach 3 bis 6 Monaten) Behandlungstermine bei einem Nicht-Kassenarzt möchte, bezahlt diesen in aller Regel aus eigener Tasche.
Hier liegt eine große Chance für Heilpraktiker für Psychotherapie, die oftmals sehr zeitnahe Behandlungstermine anbieten können. Auch hier muss der Patient die Hilfe zwar aus eigener Tasche zahlen, erhält diese aber regelmäßig preisgünstiger und vor allem bietet der HPP eine schnelle Hilfe, womit er auch werben kann.
Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 24. Juli 2015 (S 72 KR 1702/15 ER PKH): "Auch im Notfall darf ein gesetzlich Krankenversicherter eine nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Psychotherapeutin nur dann in Anspruch nehmen, wenn er auf eine Akutbehandlung angewiesen und ein zugelassener Therapeut nicht erreichbar ist.
Zum Hintergrund: Kassenpatienten müssen oft mehrere Monate auf eine Psychotherapie warten – zu lange, wenn bei einer schwerwiegenden Erkrankung dringender Behandlungsbedarf besteht. Wer in der Not ohne Absprache mit seiner Krankenkasse auf eine private Therapie ausweicht, läuft indes Gefahr, auf seinen Kosten sitzen zu bleiben.
Die Verkürzung von Wartezeiten für eine psychotherapeutische Versorgung ist eines der Ziele des am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung -GKV-VSG. Weiterführend zum Thema auch Jana Hauschild, spiegel-online vom 28. Juli 2015: „Brauche Therapie, warte Monate“.
Zum Fall: Der Antragsteller aus Berlin benötigt aufgrund einer schwerwiegenden Depression psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung. Ohne dies mit seiner gesetzlichen Krankenkasse abzusprechen, begann er im Dezember 2014 eine Verhaltenstherapie bei einer Psychotherapeutin, die von der Krankenkasse zur vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen war.
Nachdem seine Krankenkasse eine Kostenübernahme abgelehnt hatte, beantragte er im Juni 2015 beim Sozialgericht Berlin, die Kasse zur Kostentragung vorläufig zu verpflichten.
Mit Beschluss vom 24. Juli 2015 lehnte das Sozialgerichts Berlin diesen Antrag ab. Begründung:“ Gemäß dem Gesetz (§ 76 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V) bestehe grundsätzlich nur ein Anspruch auf psychotherapeutische Behandlung durch zugelassene Leistungserbringer. Andere Ärzte dürften nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme eines nicht zugelassenen Psychotherapeuten komme damit nur dann in Betracht, wenn der Versicherte auf eine Akutbehandlung angewiesen und ein zugelassener Leistungserbringer unter zumutbaren Bedingungen nicht erreichbar sei.
Im vorliegenden Fall bedürfe der Antragsteller zwar dringend einer Behandlung. Es sei jedoch nicht erkennbar, dass die von ihm in Anspruch genommene Therapie eine Akutbehandlung darstelle“.
Das Gericht hat von der Berliner Fortbildungsakademie für Psychotherapie die Auskunft erhalten, dass zwar grundsätzlich eine Wartezeit von drei bis sechs Monaten bestehe, bei besonderer Dringlichkeit (akuter Notfall) aber ein zeitnahes Vorgespräch angeboten werde.
Mit sonnigen Grüßen
Horst