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Hier kommen die Texte zum Thema Pädiatrie (Teil 4 - letzter Teil).
Bitte schaut die Texte nach Fehlern aller Art durch (Tippfehler, schlechtes Deutsch ...) und postet sie mir hier.
Bitte tagt eure Änderungen am besten in rot oder blau ein, damit ich nichts übersehe. Teilweise hat es die Formatierung zerschlagen, die stimmt aber im Original (siehe pdf).
1.3.14 Plötzlicher Kindstod (SIDS)
SIDS steht als Abkürzung für sudden infant death syndrom, das heißt plötzlicher Kindstod. Es handelt sich um den plötzlichen und unerwarteten Tod eines Säuglings (sehr selten eins Kleinkindes) ohne erkennbare Ursache. Auch die vollständige postmortale Untersuchung zeigt keinen erklärenden Krankheitsbefund. Der Gipfel liegt bei den Säuglingen im 2. bis 4. Lebensmonat, 2 bis 6 % der Fälle ereignen sich allerdings noch im 2. Lebensjahr. Betroffen sind 0,5 von 1.000 Lebendgeborenen. Zwei Drittel der Fälle ereignen sich in den Wintermonaten. Das Verhältnis von Jungen zu Mädchen beträgt 60 % zu 40 %. Durch die Präventivmedizin ist SIDS bei uns nur noch die dritthäufigste Todesart im Kindeshalter jenseits der Neugeborenenperiode, da in den letzten 14 Jahren SIDS durch die Empfehlungen zur Risikominimierung um 80 % zurückgegangen sind. Die meisten Todesfälle finden in der (vermuteten) Schlafenszeit des Säuglings statt. Reanimationsmaßnahmen zeigen meist keinen Erfolg mehr.
Um die Diagnose SIDS zu stellen, muss ein Rechtsmediziner alle anderen natürlichen (z.B. Infektionen, Infektionskrankheiten) und nicht-natürlichen (z.B. Schütteltrauma) Todesursachen ausschließen.
Risikofaktoren für SIDS • Bauchlage • Alter der Mutter (Mutter unter 20 Jahren) • kurze Schwangerschaftsintervalle • Überwärmung im Schlaf (z.B. Zudecken des Kopfes oder ungenügende Luftzirkulation • Nikotinbelastung des Säuglings, und zwar vorgeburtlich durch Rauchen der Mutter und Passivrauchen nach der Geburt. Raucht eine Schwangere mehr als 10 Zigaretten täglich, erhöht sich das Risiko auf das Siebenfache. • ein am plötzlichen Kindstod verstorbenes Geschwisterchen • eine bereits früher erlittene lebensbedrohliche Krise des Kindes • Mehrlingsschwangerschaft • Drogenkonsum der Mutter • Bettumrandungen, wie das Kind in ein „Nestchen“ legen • soziale Gründe, wie allein in einem anderen Zimmer schlafen lassen, verminderte Interesse für Pflege- und Gesundheitsmaßnahmen
Als besonders gefährdet gelten Säuglinge, die • im Schlaf sehr stark schwitzen • im Schlaf längere Atempausen (Apnoe) von über 15 Sekunden zeigen • im Schlaf eine ungewöhnliche Blässe oder das blaue Anlaufen von Lippen, Armen oder Beinen während des Schlafes zeigen • sich nur schwer wecken lassen • auffallend schrill schreien und sich nicht beruhigen lassen • akut lebensbedrohliches Ereignis in der Vorgeschichte des Kindes
Vorbeugende Maßnahmen • Rauchfreie Umgebung • Überwärmung vermeiden! Schlafzimmertemperatur zwischen 16 bis 18 Grad Celsius • Rückenlage (auch keine Seitenlage, da dabei die Gefahr besteht, dass sich das Kind dreht) • Schlafen im Elternschlafzimmer im eigenen Babybett (das Schlafen im Bett der Eltern ist allerdings umstritten hinsichtlich des Risikos, vor allem wenn die Mutter nicht stillt und Schlaftabletten, Alkohol oder Drogen nimmt) • Feste, luftdurchlässige Matratze • Passender Schlafsack, keine Kopfbedeckung, keine zusätzlichen Decken, Felle, Kissen, Umpolsterungen („Nestchen“) oder Kuscheltiere, die die Atemwege verschließen können. Als Bekleidung im Bett genügen Windel und Schlafanzug (auch wenn das Baby krank ist) • Zuhause dem Kind kein Mützchen aufziehen, denn Babys leiten überschüssige Wärme über den Kopf ab • Stillen • Saugen am Schnuller (allerdings kein Zurückstecken, wenn dieser im Schlaf herausgefallen ist)
Heute geht man davon aus, dass mehrere Faktoren zu dem Ereignis führen, wie eine funktionelle Instabilität des Atem- und Kreislaufzentrums in der Medulla oblongata. Es gibt zahlreiche Vermutungen und Theorien über die Ursache von SIDS
ALTE (apparent life-threatening event). Darunter versteht man ein „offensichtlich lebensbedrohliches Ereignis“, und zwar einen unerwarteten und plötzlichen Zustand mit Atemstillstand, Blässe und/oder Zyanose und Leblosigkeit. Bei ALTE kann eine rechtzeitige Reanimation den Tod noch verhindern. Bei ALTE unterscheidet man eine idiopathische ALTE, bei der man keine ausreichende klinische Erklärung für den Zustand des Kindes findet und ALTE, die infolge einer Krankheit auftritt, wie z.B. Meningitis, Urosepsis, Pneumonie, Herzfehler). Erleidet ein Kind ALTE, so muss es stationär in die Klinik aufgenommen werden.
Rechtliche Folgen. Verstirbt ein Kind an SIDS muss der Arzt auf den Todesschein „ungeklärte Ursache“ schreiben. Dies hat zur Folge, dass die Polizei eingeschaltet werden muss und es zu einer staatsanwaltlichen Ermittlung kommt. Eine Obduktion der Leiche ist zwingend erforderlich. Dies ist für die Eltern eine wichtige Entlastung, da dadurch geklärt wird, dass keine Kindesmisshandlung, wie z.B. Schütteltrauma vorliegt. Man vermutet, dass es sich bei 5 bis 10 % aller SIDS-Fälle um Kindestötungen handelt.
Überwachung mit Heimmonitor. Babys mit einem lebensbedrohlichen Ereignis im ersten Lebensjahr, ALTE, rezidivierende manifeste Schlafapnoen und Bradykardien und Kinder mit nachgewiesenen Atem- und Herzrhythmusstörungen müssen mit einem Monitor überwacht werden. Bei bestehender Indikation werden die Kosten von den Kassen übernommen. Einige Kassen haben eigene Leihgeräte – allerdings von unterschiedlicher Qualität. Einige Firmen bieten einen „Komplettservice“ an und regeln die Abrechnung mit den Kassen. Es ist eine gründliche Einarbeitung der Eltern notwendig, um Fehlalarme zu minimieren. Auch ist zu bedenken, dass ein solches Gerät nur nützt, wenn die Eltern die Reanimationstechniken beherrschen, da sie nur dann in der Lage sind, im entscheidenden Moment das Richtige zu tun.
Schuldgefühle. Das Gespräch mit den Eltern muss einfühlsam erfolgen. Sie benötigen in der Regel professionelle Hilfe, auch kann es sinnvoll sein, dass man empfiehlt, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Es ist notwendig, dass die Eltern Trauerarbeit leisten können, um Partnerschaftskrisen, Selbstvorwürfen und Depressionen vorzubeugen. In diese Arbeit sollten auch die Geschwister und die Großeltern einbezogen werden. Nach einer dänischen Studie ist die Wahrscheinlichkeit, dass betroffene Mütter innerhalb der ersten vier Jahre nach dem Tod des Kindes Suizid begehen oder schwere Unfälle erleiden, viermal so hoch, wie bei anderen Müttern, deren Kinder noch leben. Auch das Risiko an Krebs zu erkranken ist danach um 44 % erhöht. Bei den betroffenen Vätern steigt das entsprechende Risiko um das Doppelte.
1.3.15. Krebserkrankungen im Kindesalter
Bitte beachten Sie zu Krebserkrankungen im Kindesalter - akute Leukämien Kap. 7.9.1, Blut - Wilms-Tumor (Nephroblastom) Kap. 15.4.10.1, Harnapparat - Maligne Lymphome (M. Hodgkin) Kap. 8.2.6, Lymphe
Leider sind bösartige Erkrankungen bei Kindern mit einer Neuerkrankung auf 2.000 Kindern pro Jahr gar nicht so selten, wenn man diese Zahl zum Bespiel auf eine Schule bezieht und sich überlegt, wie viele Kinder dieser Schule eine solche Erkrankung erleidet. Von daher ist es einsichtig, dass es für den Heilpraktiker wichtig ist, Hinweise auf eine bösartige Erkrankung sicher zu erkennen.
Leukämien Den Hauptteil bösartiger Erkrankungen stellt die akute lymphatische Leukämie dar, die in Kap. 7.9.1, Blut vorgestellt wird. An eine mögliche Leukämieerkrankung müssen Sie schon denken, wenn das Kind in Ihrer Praxis vorgestellt wird, weil es in der letzten Zeit ständig müde sei.
Verdachtshinweise auf Leukämieerkrankung • Müdigkeit • Hautblässe • ständige Infekte • Auftreten von Petechien • Erscheinen von Hämatomen ohne Verletzung
Fertigen Sie schon beim geringsten Verdacht ein Differenzialblut an, das Ihnen eine solche Erkrankung aufzeigen würde. Die endgültige Abklärung erfolgt dann bei Bedarf durch den Arzt durch eine Knochenmarkpunktion. Heute haben sich die Überlebenschancen für leukämiekranke Kinder deutlich verbessert!
Hirntumoren Die zweithäufigste Tumorart stellen die Hirntumoren (s. Kap. 18.9.10, Nervensystem) dar. Davon sind alle Altersgruppen betroffen, sie können sich sogar schon vorgeburtlich im Mutterleib entwickeln. Die meisten Hirntumoren bilden sich unterhalb des Kleinhirnzeltes. Dabei handelt es sich vor allem um Gliome, v.a. Astrozytome (48 % der Hirntumoren) und Medulloblastome (17 % der Hirntumoren).
Beim Auftreten von Verdachtshinweisen auf Hirntumor, wird das Kind zur Abklärung an den Neurologen verwiesen, der dann seine klinischen neurologischen Untersuchungen je nach Bedarf durch EEG, Sonografie, CT- und Kernspinuntersuchungen, Liquoruntersuchung (Tumorzellen nachweisbar?) ergänzen wird. Die schulmedizinische Therapie besteht auch hier in Zytostatikagabe, Operation und Bestrahlung.
Neuroblastom Es handelt sich um einen sehr bösartigen Tumor, der von embryonal gebildeten Zellen des Sympathikusgewebes ausgeht. Bereits ein Drittel der Fälle werden im Säuglingsalter entdeckt. Das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung beträgt zwei Jahre. Es handelt sich um den häufigsten soliden Tumor des Kleinkindalters außerhalb des Zentralnervensystems.
Verdachtshinweise auf Neuroblastom. Die auftretenden Symptome hängen von der Lokalisation der Tumoren ab: ca. 2/3 der Fälle entwickeln sich im Abdomen, der Rest im Bereich der Nebennieren, im Brustkorb und der Halsregion. • Müdigkeit, Blässe, Schwäche, Gewichtsverlust, Erbrechen, Durchfälle, Fieber • Bauchschmerzen • Horner-Trias (s. Kap. 18.9.2, Nervensystem) • Anschwellung der Halslymphknoten • evtl. tast- und/oder sichtbarer derber Abdominaltumor
Neuroblastome metastasieren frühzeitig in die Knochen und verursachen diffuse (wie rheumatische) Knochenschmerzen. Je nach Lokalisation und Metastasierung sind weitere, unterschiedliche Symptome möglich. Differenzialdiagnostisch müssen vor allem ein Wilms-Tumor (Nephroblastom) (s. Kap. 15.4.10.1, Harnapparat), rheumatoide Erkrankungen und andere Erkrankungen mit gastrointestinalen Symptomen ausgeschlossen werden.
Maligne Knochentumoren (Osteosarkom und Ewing-Sarkom) Die beiden häufigsten Knochentumoren bei Kindern sind: • Osteosarkom, der von den Osteoblasten, Osteoklasten, Chondroblasten oder Fibroblasten ausgehen kann. Er ist meist in der Wachstumszone (Metaphyse) des Röhrenknochens angesiedelt. Es tritt meist im 2. Lebensjahrzehnt auf, kann aber auch bei Kindern vorkommen • Ewing -Sarkom, das vom bindegewebigen Gerüst des Knochenmarks seinen Ausgang nimmt. Es kann sich an allen Teilen des Skeletts bilden, vor allem sind die Markhöhlen der (unteren) langen Röhrenknochen Extremitäten und der Beckengürtel betroffen, selten die kurzen und platten Knochen. Man findet diesen hochmalignen Knochentumor hauptsächlich bei Schulkindern bis zum 15. Lebensjahr.
Verdachtshinweise auf Knochentumoren • (schmerzhafte) Knochenschwellungen, die über Wochen bis Monate entstehen • Bewegungseinschränkungen der angrenzenden Gelenke • Haut über der Schwellung evtl. ödematös, gerötet oder livide verfärbt
Differenzialdiagnostisch müssen alle anderen benigne und maligne Knochenerkrankungen Osteochondrome, Fibrome, Zysten, Fibrosarkome, Exostosen, Langerhanszell-Tumoren, Metastasen und beim Ewing-Sarkom die Osteomyelitis abgegrenzt werden. Zur Diagnosestellung werden Röntgen, CT, Kernspintomografie, Knochenmarkpunktion, Biopsie und die Bestimmung von Tumormarkern eingesetzt.
Retinoblastom
Ein Retinoblastom ist eine bösartige Erkrankung der Retina (Netzhaut), die sich meist bei Kindern vor dem 3. Lebensjahr zeigt. Es können sowohl beide Augen betroffen sein, als auch ein Auge mit eventuell mehreren Tumorherden. Die Erkrankung tritt familiär gehäuft auf. Die Mehrzahl der Fälle sind allerdings spontane Neumutationen (Deletion am Chromosom 31). Meist wird die Erkrankung erst erkannt, wenn man den Tumor bereits als „weiße Pupille“ (Leukokorie) sehen kann. In diesem Fall ist das Kind auf dem Auge (fast) blind. Die weiße Pupille bezeichnet man auch als amaurotisches (blindes) Katzenauge.
Verdachtshinweise auf Retinoblastom • Weiße Pupille • Therapieresistente Entzündungen am Auge • Strabismus, Glaukom
Die Diagnosestellung erfolgt durch den Augenarzt. Dieser setzt die Augenhintergrundspiegelung (Fundoskopie), MRT, CT und Sonografie ein. Eine Biopsie wird wegen der Gefahr der Metastasierung nicht durchgeführt. Kleine Tumoren können lokal bestrahlt oder bei geeigneter Lage mittels Kryotherapie verödet werden. Bei großen Tumoren müssen das Auge und der N. opticus entfernt werden. Erfolgreich behandelte Patienten müssen regelmäßig nachuntersucht werden, da sich bei manchen am anderen Auge ein Retinoblastom oder an anderen Stellen eine Neoplasie bildet.
1.3.16 Fremdkörper
Vor allem Kleinkinder bis zum 3. Lebensjahr (evtl. aber auch noch später) sind besonders gefährdet kleine Teile wie Geldmünzen, Murmeln, Knopfbatterien und kleine Plastikteile zu verschlucken. Gelangt der Fremdkörper in die Atemwege, so kommt es zu plötzlich starkem Würgen bei gleichzeitigem Hustenreiz und je nach Lage des Fremdkörpers zu Atemstörungen, Stridor und Zyanose in unterschiedlichen Schweregraden. Eine Fremdkörperaspiration kann also zu ähnlichen Beschwerden wie ein Asthmaanfall führen. Oft kommt es nach diesen ersten heftigen Symptomen zu einem beschwerdefreien Intervall, das eventuell bis Wochen dauern kann und dann setzen die Symptome erneut ein. Weiterhin kann es zur Aspirationspneumonie oder zur Lungenüberblähung kommen, wenn der Fremdkörper eine Ventilfunktion einnimmt. Bedenken Sie, dass Fremdkörper vom Kind nicht nur verschluckt werden können, sondern auch in Nase oder Gehörgang gesteckt werden kann. Versuchen Sie nicht, einen so eingebrachten Fremdkörper selbst zu entfernen, sondern überweisen Sie an den HNO-Arzt, der dann unter mikroskopischer Kontrolle mit einem Häkchen den Gegenstand entfernen wird.
Beachten Sie zu Atemspende beim Säugling Kap. 23.4.1, Schock und zur Durchführung der Herzmassage bei Säuglingen und Kleinkindern Kap. 23.4.2, Schock.
1.3.17 Vergiftungen Werden Giftstoffe von Kindern aufgenommen, so setzt man sich sofort mit der Giftinformationszentrale für Kinder in Verbindung: Berlin 030/19240 oder Freiburg 0761/19240.
Nehmen Kinder schädliche Stoffe auf ist zwar die Substanz meist bekannt, jedoch die aufgenommene Menge unbekannt. Stoffe, die häufig versehentlich aufgenommen werden sind Medikamente, Haushaltschemikalien, Alkohol, Kosmetika, Giftpflanzen.
Glücklicherweise sind schwere Vergiftungserscheinungen selten und tödlich verlaufende noch seltener. So reicht es manchmal aus, dass das Kind (in der Klinik) überwacht wird. Sind 3 bis 4 Stunden nach der Giftaufnahme keine Symptome aufgetreten, so ist in der Regel keine Therapie erforderlich.
Beispiele für Vergiftungen und die auftretenden Symptome/Folgen Toxin Symptom/Folgen ASS Hyperventilation, Azidose, bei großen Mengen: Fieber, Verwirrtheit, Elektrolytverschiebungen ACE-Hemmer Blutdruckabfall, muskuläre Hypotonie, Bewusstseinstrübung Amphetamine Euphorie, Halluzinationen, Erregungszustände, Hypertonie, Tachykardie, Mydriasis, Antidepressiva Halluzinationen, Hyperthermie, trockene Haut, Agitiertheit (Rastlosigkeit) Obstipation, Bewusstseinsstörungen, Tachykardie, Gefahr: Rhythmusstörungen, Asystolie Antihistaminika Bewusstseinstrübung, Erreger, Tachykardie Gefahr: Rhythmusstörungen Antikoagulanzien keine Symptome, erhöhte Blutungsneigung Betablocker Bradykardie, Hypotonie, Schock, Asystolie, Ateminsuffizienz, Hypoglykämie Homöopathika in der Regel nicht toxisch, aber Alkohol siehe Ethanol Ätherische Öle Schleimhautreizung, Gastroenteritis, Sedierung bzw. Unruhe, Tremor, selten Krämpfe Ethanol (Alkohol) Erregung, Distanzlosigkeit, Somnolenz, Koma Spülmittel und Waschpulver nur schwach toxisch, aber Schaumbildung mit Aspirationsgefahr Batterien (Knopfzellen) enthalten evtl. Quecksilber lokale Verätzung bei Austritt der Elektrolyte, gastrointestinale Blutungen
1.4 Lernstörungen Umgangssprachlich werden Lernstörungen als Lernschwäche bezeichnet. Kennzeichen einer Lernstörung ist, dass das betroffene eine normale Intelligenz besitzt aber in einem bestimmten Teilbereich wie Schreiben, Lesen oder Rechnen eine gravierende Schwäche aufweist. Die Störung tritt isoliert und unerwartet auf und es gibt für die Umwelt zunächst keine plausible Erklärung wie Minderbegabung für die Schwäche. Gelegentlich findet man bei Kindern mit Teilleistungsschwäche noch weitere Auffälligkeiten wie ADHS oder eine motorische Ungeschicklichkeit durch neurologische Störungen.
Als Ursachen von Lernstörungen vermutet man eine genetische Disposition, Probleme bei der auditiven und visuellen Wahrnehmungsverarbeitung, bei der Verarbeitung von Sprache und bei der phonologischen Bewusstheit, also dem Verstehen, dass Sätze aus Wörtern, Wörter aus Silben und Silben auf Lauten bestehen und was der erste Laut eines Wortes ist und wie es endet. Die beiden am weitesten verbreiteten Lernstörungen sind Legasthenie und Dyskalkulie. Es gibt aber noch zahlreiche weitere Lernstörungen: • Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche): Die Betroffenen können in der Schule beim Erlernen des Lesens und Schreiben nicht mithalten. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Bei einem Drittel der Betroffenen findet man außerdem eine Verzögerung der Sprachentwicklung. Von Legasthenie sind ca. fünf Prozent der Bevölkerung betroffen. • Dyskalkulie (Rechenschwäche): es liegt eine Beeinträchtigung des mathematischen Denkens und der Rechenfertigkeiten vor, wobei die Regeln des Zahlensystems nicht verstanden und genutzt werden können. • Zahlenanalphabetismus: es handelt sich um ein rechnerisches Unvermögen, Sachverhalte in Zahlen dazustellen, bzw. zahlenmäßig dargestellte Sachverhalte zu verstehen.
Kinder mit Lernstörungen werden oft zu Versagern abgestempelt, anstatt entsprechend von Fachleuten gefördert zu werden, damit sie insgesamt eine Leistung zeigen können, die ihrer Intelligenz und ihrem Willen zum Erfolg entsprechen. Erfahren Sie in der Anamnese von solchen Problemen, sollten Sie dafür sorgen, dass das Kind einer entsprechend ausgebildeten Fachkraft vorgestellt und gezielt gefördert wird. Damit die Störung möglichst frühzeitig erkannt und angegangen werden kann, gibt es bereits für Vorschulkinder einen Test (Bielefelder Screening) und für Grundschulkinder den „BAKO 1-4“.
1.5. Kindesmisshandlung, Vernachlässigung und Kindesmissbrauch
1.5.1 Kindesmisshandlung und Vernachlässigung Unter dem Begriff Kindesmisshandlung werden nicht nur physische und psychische Gewaltakte gegen Kinder zusammengefasst, sondern auch Vernachlässigung und sexueller Missbrauch. Diese Taten werden häufig von den Eltern oder nahestehenden Personen (z.B. Großeltern, ältere Geschwister, Onkel) verübt.
Vernachlässigung. Bei Vernachlässigung unterscheidet man eine körperliche und eine psychische Vernachlässigung: • Körperliche Vernachlässigung: Das Kind wird körperlich nicht ausreichend versorgt, sodass es zu Gedeih- und Entwicklungsstörungen wie Mangelernährung, unzureichende Bekleidung kommt. • Psychische (emotionale) Vernachlässigung: Das Kind wird nur lieblos und unpersönlich betreut, erfährt eine dauerhafte feindliche Zurückweisung, Entwertung, Verspottung, Drohung, Liebesentzug und/oder Isolierung. Die Folge sind Entwicklungsverzögerungen und Fehlentwicklungen wie Anpassungs-, Belastungs- oder Bindungsstörungen. Die Kinder können kein Grundvertrauen erwerben wodurch es zur Beeinträchtigung ihrer emotionalen Intelligenz kommt. Zu bedenken ist, dass auch ein unangemessenes kontrollierendes, verwöhnendes oder das Drängen des Kindes in eine überfordernde Rolle als Partner- oder Elternteilersatz einen emotionalen Missbrauch darstellt. Die körperliche und/oder psychische Vernachlässigung wird auch als Verwahrlosung bezeichnet. Damit meint man, dass die Mindestanforderungen, die die Gesellschaft an die Eltern stellt, nicht erfüllt werden. Weiterhin kann Vernachlässigung mit Gewalt gegen Kinder einhergehen.
Wichtig ist es für den Heilpraktiker, Zeichen auf Kindesmisshandlung zu erkennen, denn Säuglinge und Kleinkinder können nicht - und Kinder wollen oft nicht über Misshandlungen sprechen. Kinder mit schweren Verletzungen durch die Misshandlung werden oft in Kliniken oder Praxen gebracht. Achten Sie dabei auf • ungewöhnliche Verletzungen, wie Hämatome, Wunden, Verbrennungen, die nicht nach gewöhnlichen Unfällen aussehen und an untypischen Stellen auftreten, wie Gesicht, Ohrläppchen, Rücken, Gesäß. Verletzungen an den Schienbeinen sind in der Regel durch Unfälle beding. Hautverletzungen und Hämatome mit typischen Mustern wie z.B. Heizkörper oder Striemen, die zu einer menschlichen Hand passen, Bissspuren, Haarausrisse, Abdrücke brennender Zigaretten, Verbrühungen und Verbrennungen mit symmetrischen Auftreten (z.B. durch Eintauchen in heißes Wasser), Einrisse am Lippenbändchen (durch gewaltsame Flaschennahrung). Die Erklärung des Unfalls stimmt nicht mit den Verletzungen überein. • Schütteltrauma. Durch heftiges Schütteln von Säuglingen kann es zu Schlappheit, Schläfrigkeit, Erbrechen, Krampfanfällen oder Atemaussetzern kommen, in schweren Fällen auch zu subduralen Blutungen und somit zur schweren Hirnschädigung. Da bei den betroffenen Kindern in der Regel äußerlich nichts sichtbar ist, geht man davon aus, dass ein großes Dunkelfeld besteht. Das ist mit ein Grund, warum heute bei SIDS (plötzlicher Kindstod) das Kind immer obduziert werden muss. Bei uns in Deutschland sterben pro Jahr ca. 100 bis 200 Säuglinge am Schütteltrauma, weitere Kinder behalten bleibende Schäden wie Sehprobleme oder neurologische Schäden zurück.
Weitere Hinweise auf eine eventuelle Kindesmisshandlung können sein: • Plötzliche Verhaltensveränderungen, wenn z.B. ein aktives und extrovertiertes Kind sich zurückzieht oder aggressiv wird. Das Kind wirkt verzweifelt. Auch Kleinkinder und Säuglinge zeigen Verhaltensänderungen, indem sie z.B. plötzlich überempfindlich werden. • Regression, das heißt, das Kind fällt in frühere Verhaltensmuster zurück. So könnte es sein, dass ein Kind, das schon sauber war, wieder beginnt einzunässen. • Besondere Fügsamkeit oder besonderes Anspruchsverhalten. Kinder wollen sowohl den Erwachsenen gefallen als auch ihre Grenzen austesten. Bei Misshandlung kann sich das eine oder andere Phänomen einstellen: Sie tun gleich und ständig, was ein Erwachsener sagt oder sie widersetzen sich ständig und bekommen schnell Wutanfälle. • Gedeihstörungen und schnelle Gewichtsveränderungen. Ohne deutlichen Grund wie Krankheit oder Wachstumsschub nimmt das Kind schnell ab oder zu und/oder es verliert das Interesse am Essen.
Ursachen und Auslöser für Kindesmisshandlungen Es gibt zahlreiche Ursachen und Auslöser für Kindesmisshandlungen, wie Störung des Selbstwertgefühls, das heißt, der Elternteil fühlt sich als schlechte Mutter bzw. schlechter Vater. Es besteht Armut, Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Alkohol- und/oder Drogenprobleme, schlechte Wohnverhältnisse, Partnerschaftskonflikte der Eltern und Beziehungsprobleme zum Kind. Viele Täter sind als Kind selbst Opfer von Kindesmisshandlungen gewesen und konnten so nur lernen, dass Konflikte mit Gewalt zu lösen sind.
Rechtliche Situation. Bei uns haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung und Kindesmisshandlung wird nach § 225 StGB als Straftat aufgefasst und mit bis zu 10 Jahren Haft bestraft. Andererseits wurde mit dem neuen „Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung“ der Grundsatz „Hilfe statt Strafe“ verankert. Damit meint man, dass man den Tätern helfen möchte, damit sie in Zukunft keine Gewalt mehr als „Erziehungsmittel“ einsetzen. Ärzte und Heilpraktiker sind grundsätzlich an ihre Schweigepflicht gebunden. Wenn es allerdings um eine Gefahr für die physische oder psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen geht, so steht deren Schutz über der Schweigepflicht. Stellen Sie zunächst mit dem Erziehungsberechtigten eine Vertrauensbasis her, auf der Sie ein Gespräch führen können, ob eine Überforderungssituation vorliegt. Versuchen Sie, mit dem Kind allein zu sprechen, das können Sie im Rahmen des Behandlungsvertrages, wenn das Kind mindestens 12 bis 14 Jahre alt ist. Versuchen Sie herauszufinden, welche Hilfen die Eltern in Anspruch nehmen können, wie z.B. finanziell, psychologisch, Erziehungsberatung, Betreuungshelfer, Tagesgruppen Vollzeitpflege, Heimerziehung. Auch können Sie sich – gegebenenfalls anonym – an das zuständige Jugendamt wenden. Auch bei dringendem Tatverdacht besteht keine Pflicht zur Strafanzeige, wenn es im Interesse des Kindes ist. In manchen Orten gibt es dazu darauf spezialisierte Polizeidienststellen, die eine anonyme Beratung durchführen. Eine Strafanzeige muss jedoch in den folgenden Fällen unbedingt erfolgen: Eine Kooperation mit dem Täter scheint nicht möglich, es liegt eine schwere Verletzung des Kindes vor, weitere Kinder sind unmittelbar gefährdet, es gibt Hinweise auf eine pornografische Ausbeutung, Menschenhandel oder Prostitution. Mögliche Folgen für die Eltern sind die Einschränkung des elterlichen Sorgerechts durch ein Vormundschaftsgericht, der vorübergehende Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts, die freiwillige oder erzwungene Unterbringung in einer Pflegefamilie oder einem Heim bis hin zum vollständigen Entzug des elterlichen Sorgerechtes.
Wichtig: Hat der Heilpraktiker den Eindruck, dass das Kind nicht durch einen einmaligen „Wutausbruch“ des Erziehers misshandelt wurde, sondern weiterhin gefährdet ist, so sollte ein – evtl. anonymer – Hinweis an das Jugendamt gegeben werden.
1.5.2 Sexueller Missbrauch Mit sexuellem Missbrauch bezeichnet man willentliche sexuelle Handlungen mit Kindern (Personen unter 14 Jahren). Im Unterschied zu Vernachlässigung und Kindesmisshandlung kommt sexueller Missbrauch von Kindern in allen gesellschaftlichen Schichten vor. Erschreckend ist eine Studie aus den USA, die belegt, dass ca. jedes 6. Kind entsprechende Erfahrungen machen musste. Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen. Die Täter entstammen zu 75 % aus dem Familien- und Bekanntenkreis, sind also z.B. Väter, Stiefväter, Onkel. Allerdings gibt es auch Missbrauch durch Frauen. Die betroffenen Kinder müssen den Missbrauch meist Monate bis Jahre ertragen. Die Täter übernehmen in der Regel keine Verantwortung für ihre Taten und sind frei von Schuldgefühlen, da sie z.B. dem Irrglauben unterliegen, dass das Kind, das auch wolle und dass ihm das gefalle. Auch wird von ihnen argumentiert, das gab es schon immer und gibt es in allen Ländern. Die Mütter der betroffenen Kinder wissen oft – oder ahnen zumindest – von dem Missbrauch, schweigen aber aus Abhängigkeit oder Angst vor dem Täter oder aus Angst, dass das Wissen über diese Taten die Familie zerstört. Nach außen wirken die betroffenen Familien auf den ersten Blick oft intakt. Die Bandbreite des sexuellen Missbrauchs ist groß. Sie reicht vom Betrachten pornografischer Materialien, über Manipulationen am Genital des Täters bis hin zum erzwungenen Geschlechtsverkehrs.
Verdachtshinweise auf sexuellen Missbrauch • Kinder berichten oft erst nach jahrelangem Missbrauch, vor allem, wenn der Täter aus dem engeren Familienkreis kommt, da sie vom Täter unter Druck gesetzt wurden. • Verschlüsselte, vage Andeutungen, Simulation im Spiel • unerklärliche Traurigkeit bis Depression mit Selbsttötungsversuch • Verhaltensstörungen, Aggressionen, Schlafstörungen, Essstörungen, Schulversagen • äußere Zeichen von Gewaltanwendung, vor allem in anal-genitalen-Bereich • sexuell übertragbare Krankheiten (Herpes genitalis, Chlamydien, Warzen im anogenitalen Bereich) und Scheidenentzündungen bei Mädchen
Verhalten bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch Haben Sie den Verdacht auf einen sexuellen Missbrauch, so müssen Sie diesem nachgehen. Bedenken Sie, dass allerdings nicht alle Aussagen eines Kindes stimmen müssen. Andererseits können bereits kleine Bemerkungen als versteckte Hilferufe zu bewerten sein. Erbitten Sie zuerst von den Eltern Erklärungen für Symptome, die ihnen verdächtig vorkommen und prüfen Sie diese kritisch auf Plausibilität. Untersuchen Sie das Kind gründlich (beachten Sie allerdings, dass Angst vor körperlicher Berührung bestehen kann), dokumentieren Sie alles auf das Sorgfältigste, evtl. ist es notwendig, die körperlichen Befunde fotografisch festzuhalten. Sollte sich Ihr Anfangsverdacht verstärken, so nehmen Sie keine weiteren Befragungen und Abklärungen vor, sondern informieren Sie prompt das Jugendamt. In akuten Notsituationen wenden Sie sich an die Polizei, die dann entsprechende Ermittlungen aufnimmt und Strafanzeige stellt. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie die Dienststelle des Jugendamtes (z.B. am Wochenende) nicht erreichen können.
Hiiiilfe, ihr werdet doch jetzt nicht beim letzten Teil schlapp machen!!! Ich wollte das Kapitel doch noch gerne vor meinem Urlaub (ab Do) fertig stellen.
SIDS steht als Abkürzung für sudden infant death syndrom, das heißt plötzlicher Kindstod. Es handelt sich um den plötzlichen und unerwarteten Tod eines Säuglings (sehr selten eines Kleinkindes) ohne erkennbare Ursache. Auch die vollständige postmortale Untersuchung zeigt keinen erklärenden Krankheitsbefund. Der Gipfel liegt bei den Säuglingen im 2. bis 4. Lebensmonat, 2 bis 6 % der Fälle ereignen sich allerdings noch im 2. Lebensjahr. Betroffen sind 0,5 von 1.000 Lebendgeborenen. Zwei Drittel der Fälle ereignen sich in den Wintermonaten. Das Verhältnis von Jungen zu Mädchen beträgt 60 % zu 40 %. Durch die Präventivmedizin ist SIDS bei uns nur noch die dritthäufigste Todesart im Kindeshalter jenseits der Neugeborenenperiode, da in den letzten 14 Jahren SIDS durch die Empfehlungen zur Risikominimierung um 80 % zurückgegangen sind. Die meisten Todesfälle finden in der (vermuteten) Schlafenszeit des Säuglings statt. Reanimationsmaßnahmen zeigen meist keinen Erfolg mehr.
Um die Diagnose SIDS zu stellen, muss ein Rechtsmediziner alle anderen natürlichen (z.B. Infektionen, Infektionskrankheiten) und nicht-natürlichen (z.B. Schütteltrauma) Todesursachen ausschließen.
Risikofaktoren für SIDS • Bauchlage • Alter der Mutter (Mutter unter 20 Jahren) • kurze Schwangerschaftsintervalle • Überwärmung im Schlaf (z.B. Zudecken des Kopfes oder ungenügende Luftzirkulation • Nikotinbelastung des Säuglings, und zwar vorgeburtlich durch Rauchen der Mutter und Passivrauchen nach der Geburt. Raucht eine Schwangere mehr als 10 Zigaretten täglich, erhöht sich das Risiko auf das Siebenfache. • ein am plötzlichen Kindstod verstorbenes Geschwisterchen • eine bereits früher erlittene lebensbedrohliche Krise des Kindes • Mehrlingsschwangerschaft • Drogenkonsum der Mutter • Bettumrandungen, wie das Kind in ein „Nestchen“ legen • soziale Gründe, wie allein in einem anderen Zimmer schlafen lassen, verminderte Interesse für Pflege- und Gesundheitsmaßnahmen
Als besonders gefährdet gelten Säuglinge, die • im Schlaf sehr stark schwitzen • im Schlaf längere Atempausen (Apnoe) von über 15 Sekunden zeigen • im Schlaf eine ungewöhnliche Blässe oder das blaue Anlaufen von Lippen, Armen oder Beinen während des Schlafes zeigen • sich nur schwer wecken lassen • auffallend schrill schreien und sich nicht beruhigen lassen • akut lebensbedrohliches Ereignis in der Vorgeschichte des Kindes
Vorbeugende Maßnahmen • Rauchfreie Umgebung • Überwärmung vermeiden! Schlafzimmertemperatur zwischen 16 bis 18 Grad Celsius • Rückenlage (auch keine Seitenlage, da dabei die Gefahr besteht, dass sich das Kind dreht) • Schlafen im Elternschlafzimmer im eigenen Babybett (das Schlafen im Bett der Eltern ist allerdings umstritten hinsichtlich des Risikos, vor allem wenn die Mutter nicht stillt und Schlaftabletten, Alkohol oder Drogen nimmt) • Feste, luftdurchlässige Matratze • Passender Schlafsack, keine Kopfbedeckung, keine zusätzlichen Decken, Felle, Kissen, Umpolsterungen („Nestchen“) oder Kuscheltiere, die die Atemwege verschließen können. Als Bekleidung im Bett genügen Windel und Schlafanzug (auch wenn das Baby krank ist) • Zuhause dem Kind kein Mützchen aufziehen, denn Babys leiten überschüssige Wärme über den Kopf ab • Stillen • Saugen am Schnuller (allerdings kein Zurückstecken, wenn dieser im Schlaf herausgefallen ist)
Heute geht man davon aus, dass mehrere Faktoren zu dem Ereignis führen, wie eine funktionelle Instabilität des Atem- und Kreislaufzentrums in der Medulla oblongata. Es gibt zahlreiche Vermutungen und Theorien über die Ursache von SIDS
ALTE (apparent life-threatening event). Darunter versteht man ein „offensichtlich lebensbedrohliches Ereignis“, und zwar einen unerwarteten und plötzlichen Zustand mit Atemstillstand, Blässe und/oder Zyanose und Leblosigkeit. Bei ALTE kann eine rechtzeitige Reanimation den Tod noch verhindern. Bei ALTE unterscheidet man eine idiopathische ALTE, bei der man keine ausreichende klinische Erklärung für den Zustand des Kindes findet und ALTE, die infolge einer Krankheit auftritt, wie z.B. Meningitis, Urosepsis, Pneumonie, Herzfehler). Erleidet ein Kind ALTE, so muss es stationär in die Klinik aufgenommen werden.
Rechtliche Folgen. Verstirbt ein Kind an SIDS muss der Arzt auf den Todesschein „ungeklärte Ursache“ schreiben. Dies hat zur Folge, dass die Polizei eingeschaltet werden muss und es zu einer staatsanwaltlichen Ermittlung kommt. Eine Obduktion der Leiche ist zwingend erforderlich. Dies ist für die Eltern eine wichtige Entlastung, da dadurch geklärt wird, dass keine Kindesmisshandlung, wie z.B. Schütteltrauma vorliegt. Man vermutet, dass es sich bei 5 bis 10 % aller SIDS-Fälle um Kindestötungen handelt.
Überwachung mit Heimmonitor. Babys mit einem lebensbedrohlichen Ereignis im ersten Lebensjahr, ALTE, rezidivierende manifeste Schlafapnoen und Bradykardien und Kinder mit nachgewiesenen Atem- und Herzrhythmusstörungen müssen mit einem Monitor überwacht werden. Bei bestehender Indikation werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen. Einige Kassen haben eigene Leihgeräte – allerdings von unterschiedlicher Qualität. Einige Firmen bieten einen „Komplettservice“ an und regeln die Abrechnung mit den Kassen. Es ist eine gründliche Einarbeitung der Eltern notwendig, um Fehlalarme zu minimieren. Auch ist zu bedenken, dass ein solches Gerät nur nützt, wenn die Eltern die Reanimationstechniken beherrschen, da sie nur dann in der Lage sind, im entscheidenden Moment das Richtige zu tun.
Schuldgefühle. Das Gespräch mit den Eltern muss einfühlsam erfolgen. Sie benötigen in der Regel professionelle Hilfe, auch kann es sinnvoll sein, dass man empfiehlt, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Es ist notwendig, dass die Eltern Trauerarbeit leisten können, um Partnerschaftskrisen, Selbstvorwürfen und Depressionen vorzubeugen. In diese Arbeit sollten auch die Geschwister und die Großeltern einbezogen werden. Nach einer dänischen Studie ist die Wahrscheinlichkeit, dass betroffene Mütter innerhalb der ersten vier Jahre nach dem Tod des Kindes Suizid begehen oder schwere Unfälle erleiden, viermal so hoch, wie bei anderen Müttern, deren Kinder noch leben. Auch das Risiko an Krebs zu erkranken ist danach um 44 % erhöht. Bei den betroffenen Vätern steigt das entsprechende Risiko um das Doppelte.
1.3.15. Krebserkrankungen im Kindesalter
Bitte beachten Sie zu Krebserkrankungen im Kindesalter - akute Leukämien Kap. 7.9.1, Blut - Wilms-Tumor (Nephroblastom) Kap. 15.4.10.1, Harnapparat - Maligne Lymphome (M. Hodgkin) Kap. 8.2.6, Lymphe
Leider sind bösartige Erkrankungen bei Kindern mit einer Neuerkrankung auf 2.000 Kindern pro Jahr gar nicht so selten, wenn man diese Zahl zum Bespiel auf eine Schule bezieht und sich überlegt, wie viele Kinder dieser Schule eine solche Erkrankung erleidet. Von daher ist es einsichtig, dass es für den Heilpraktiker wichtig ist, Hinweise auf eine bösartige Erkrankung sicher zu erkennen.
Leukämien Den Hauptteil bösartiger Erkrankungen stellt die akute lymphatische Leukämie dar, die in Kap. 7.9.1, Blut vorgestellt wird. An eine mögliche Leukämieerkrankung müssen Sie schon denken, wenn das Kind in Ihrer Praxis vorgestellt wird, weil es in der letzten Zeit ständig müde sei. Verdachtshinweise auf Leukämieerkrankung • Müdigkeit • Hautblässe • ständige Infekte • Auftreten von Petechien • Erscheinen von Hämatomen ohne Verletzung
Fertigen Sie schon beim geringsten Verdacht ein Differenzialblut an, das Ihnen eine solche Erkrankung aufzeigen würde. Die endgültige Abklärung erfolgt dann bei Bedarf durch den Arzt durch eine Knochenmarkpunktion. Heute haben sich die Überlebenschancen für leukämiekranke Kinder deutlich verbessert!
Hirntumoren Die zweithäufigste Tumorart stellen die Hirntumoren (s. Kap. 18.9.10, Nervensystem) dar. Davon sind alle Altersgruppen betroffen, sie können sich sogar schon vorgeburtlich im Mutterleib entwickeln. Die meisten Hirntumoren bilden sich unterhalb des Kleinhirnzeltes. Dabei handelt es sich vor allem um Gliome, v.a. Astrozytome (48 % der Hirntumoren) und Medulloblastome (17 % der Hirntumoren).
Beim Auftreten von Verdachtshinweisen auf Hirntumor, wird das Kind zur Abklärung an den Neurologen verwiesen, der dann seine klinischen neurologischen Untersuchungen je nach Bedarf durch EEG, Sonografie, CT- und Kernspinuntersuchungen, Liquoruntersuchung (Tumorzellen nachweisbar?) ergänzen wird. Die schulmedizinische Therapie besteht auch hier in der Zytostatikagabe, Operation und Bestrahlung. Neuroblastom Es handelt sich um einen sehr bösartigen Tumor, der von embryonal gebildeten Zellen des Sympathikusgewebes ausgeht. Bereits ein Drittel der Fälle werden im Säuglingsalter entdeckt. Das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung beträgt zwei Jahre. Es handelt sich um den häufigsten soliden Tumor des Kleinkindalters außerhalb des Zentralnervensystems (ZNS).
Verdachtshinweise auf Neuroblastom. Die auftretenden Symptome hängen von der Lokalisation der Tumoren ab: ca. 2/3 der Fälle entwickeln sich im Abdomen, der Rest im Bereich der Nebennieren, im Brustkorb und der Halsregion. • Müdigkeit, Blässe, Schwäche, Gewichtsverlust, Erbrechen, Durchfälle, Fieber • Bauchschmerzen • Horner-Trias (s. Kap. 18.9.2, Nervensystem) • Anschwellung der Halslymphknoten • evtl. tast- und/oder sichtbarer derber Abdominaltumor
Neuroblastome metastasieren frühzeitig in die Knochen und verursachen diffuse (wie rheumatische) Knochenschmerzen. Je nach Lokalisation und Metastasierung sind weitere, unterschiedliche Symptome möglich. Differenzialdiagnostisch müssen vor allem ein Wilms-Tumor (Nephroblastom) (s. Kap. 15.4.10.1, Harnapparat), rheumatoide Erkrankungen und andere Erkrankungen mit gastrointestinalen Symptomen ausgeschlossen werden.
Maligne Knochentumoren (Osteosarkom und Ewing-Sarkom) Die beiden häufigsten Knochentumoren bei Kindern sind: • Osteosarkom, der von den Osteoblasten, Osteoklasten, Chondroblasten oder Fibroblasten ausgehen kann. Er ist meist in der Wachstumszone (Metaphyse) des Röhrenknochens angesiedelt. Es tritt meist im 2. Lebensjahrzehnt auf, kann aber auch bei Kindern vorkommen • Ewing -Sarkom, das vom bindegewebigen Gerüst des Knochenmarks seinen Ausgang nimmt. Es kann sich an allen Teilen des Skeletts bilden, vor allem sind die Markhöhlen der (unteren) langen Röhrenknochen der Extremitäten und der Beckengürtel betroffen, selten die kurzen und platten Knochen. Man findet diesen hochmalignen Knochentumor hauptsächlich bei Schulkindern bis zum 15. Lebensjahr.
Verdachtshinweise auf Knochentumoren • (schmerzhafte) Knochenschwellungen, die über Wochen bis Monate entstehen • Bewegungseinschränkungen der angrenzenden Gelenke • Haut über der Schwellung evtl. ödematös, gerötet oder livide verfärbt
Differenzialdiagnostisch müssen alle anderen benigne und maligne Knochenerkrankungen Osteochondrome, Fibrome, Zysten, Fibrosarkome, Exostosen, Langerhanszell-Tumoren, Metastasen und beim Ewing-Sarkom die Osteomyelitis abgegrenzt werden. Zur Diagnosestellung werden Röntgen, CT, Kernspintomografie, Knochenmarkpunktion, Biopsie und die Bestimmung von Tumormarkern eingesetzt. Retinoblastom
Ein Retinoblastom ist eine bösartige Erkrankung der Retina (Netzhaut), die sich meist bei Kindern vor dem 3. Lebensjahr zeigt. Es können sowohl beide Augen betroffen sein, als auch ein Auge mit eventuell mehreren Tumorherden. Die Erkrankung tritt familiär gehäuft auf. Die Mehrzahl der Fälle sind allerdings spontane Neumutationen (Deletion am Chromosom 31). Meist wird die Erkrankung erst erkannt, wenn man den Tumor bereits als „weiße Pupille“ (Leukokorie) sehen kann. In diesem Fall ist das Kind auf dem Auge (fast) blind. Die weiße Pupille bezeichnet man auch als amaurotisches (blindes) Katzenauge.
Verdachtshinweise auf Retinoblastom • Weiße Pupille • Therapieresistente Entzündungen am Auge • Strabismus, Glaukom
Die Diagnosestellung erfolgt durch den Augenarzt. Dieser setzt die Augenhintergrundspiegelung (Fundoskopie), MRT, CT und Sonografie ein. Eine Biopsie wird wegen der Gefahr der Metastasierung nicht durchgeführt. Kleine Tumoren können lokal bestrahlt oder bei geeigneter Lage mittels Kryotherapie verödet werden. Bei großen Tumoren müssen das Auge und der N. opticus entfernt werden. Erfolgreich behandelte Patienten müssen regelmäßig nachuntersucht werden, da sich bei manchen am anderen Auge ein Retinoblastom oder an anderen Stellen eine Neoplasie bildet.
1.3.16 Fremdkörper
Vor allem Kleinkinder bis zum 3. Lebensjahr (evtl. aber auch noch später) sind besonders gefährdet kleine Teile wie Geldmünzen, Murmeln, Knopfbatterien und kleine Plastikteile (z.B. Legosteine) zu verschlucken. Gelangt der Fremdkörper in die Atemwege, so kommt es plötzlich zu starkem Würgen bei gleichzeitigem Hustenreiz und je nach Lage des Fremdkörpers zu Atemstörungen, Stridor und Zyanose in unterschiedlichen Schweregraden. Eine Fremdkörperaspiration kann also zu ähnlichen Beschwerden wie ein Asthmaanfall führen. Oft kommt es nach diesen ersten heftigen Symptomen zu einem beschwerdefreien Intervall, das eventuell bis Wochen dauern kann und dann setzen die Symptome erneut ein. Weiterhin kann es zur Aspirationspneumonie oder zur Lungenüberblähung kommen, wenn der Fremdkörper eine Ventilfunktion einnimmt. Bedenken Sie, dass Fremdkörper vom Kind nicht nur verschluckt werden können, sondern auch in Nase oder Gehörgang gesteckt werden kann. Versuchen Sie nicht, einen so eingebrachten Fremdkörper selbst zu entfernen, sondern überweisen Sie an den HNO-Arzt, der dann unter mikroskopischer Kontrolle mit einem Häkchen den Gegenstand entfernen wird.
Beachten Sie zu Atemspende beim Säugling Kap. 23.4.1, Schock und zur Durchführung der Herzmassage bei Säuglingen und Kleinkindern Kap. 23.4.2, Schock.
1.3.17 Vergiftungen Werden Giftstoffe von Kindern aufgenommen, so setzt man sich sofort mit der Giftinformationszentrale für Kinder in Verbindung: Berlin 030/19240 oder Freiburg 0761/19240.
Nehmen Kinder schädliche Stoffe auf ist zwar die Substanz meist bekannt, jedoch die aufgenommene Menge unbekannt. Stoffe, die häufig versehentlich aufgenommen werden sind Medikamente, Haushaltschemikalien, Alkohol, Kosmetika, Giftpflanzen.
Glücklicherweise sind schwere Vergiftungserscheinungen selten und tödlich verlaufende noch seltener. So reicht es manchmal aus, dass das Kind (in der Klinik) überwacht wird. Sind 3 bis 4 Stunden nach der Giftaufnahme keine Symptome aufgetreten, so ist in der Regel keine Therapie erforderlich.
Beispiele für Vergiftungen und die auftretenden Symptome/Folgen Toxin Symptom/Folgen ASS Hyperventilation, Azidose, bei großen Mengen: Fieber, Verwirrtheit, Elektrolytverschiebungen ACE-Hemmer Blutdruckabfall, muskuläre Hypotonie, Bewusstseinstrübung Amphetamine Euphorie, Halluzinationen, Erregungszustände, Hypertonie, Tachykardie, Mydriasis, Antidepressiva Halluzinationen, Hyperthermie, trockene Haut, Agitiertheit (Rastlosigkeit) Obstipation, Bewusstseinsstörungen, Tachykardie, Gefahr: Rhythmusstörungen, Asystolie Antihistaminika Bewusstseinstrübung, Erreger, Tachykardie Gefahr: Rhythmusstörungen Antikoagulanzien keine Symptome, erhöhte Blutungsneigung Betablocker Bradykardie, Hypotonie, Schock, Asystolie, Ateminsuffizienz, Hypoglykämie Homöopathika in der Regel nicht toxisch, aber Alkohol siehe Ethanol Ätherische Öle Schleimhautreizung, Gastroenteritis, Sedierung bzw. Unruhe, Tremor, selten Krämpfe Ethanol (Alkohol) Erregung, Distanzlosigkeit, Somnolenz, Koma Spülmittel und Waschpulver nur schwach toxisch, aber Schaumbildung mit Aspirationsgefahr Batterien (Knopfzellen) enthalten evtl. Quecksilber lokale Verätzung bei Austritt der Elektrolyte, gastrointestinale Blutungen
1.4 Lernstörungen Umgangssprachlich werden Lernstörungen als Lernschwäche bezeichnet. Kennzeichen einer Lernstörung ist, dass das betroffene Kind eine normale Intelligenz besitzt, aber in einem bestimmten Teilbereich wie Schreiben, Lesen oder Rechnen eine gravierende Schwäche aufweist. Die Störung tritt isoliert und unerwartet auf und es gibt für die Umwelt zunächst keine plausible Erklärung wie Minderbegabung für die Schwäche. Gelegentlich findet man bei Kindern mit Teilleistungsschwäche noch weitere Auffälligkeiten wie ADHS oder eine motorische Ungeschicklichkeit durch neurologische Störungen.
Als Ursachen von Lernstörungen vermutet man eine genetische Disposition, Probleme bei der auditiven und visuellen Wahrnehmungsverarbeitung, bei der Verarbeitung von Sprache und bei der phonologischen Bewusstheit, also dem Verstehen, dass Sätze aus Wörtern, Wörter aus Silben und Silben auf Lauten bestehen und was der erste Laut eines Wortes ist und wie es endet. Die beiden am weitesten verbreiteten Lernstörungen sind Legasthenie und Dyskalkulie. Es gibt aber noch zahlreiche weitere Lernstörungen: • Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche): Die Betroffenen können in der Schule beim Erlernen des Lesens und Schreiben nicht mithalten. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Bei einem Drittel der Betroffenen findet man außerdem eine Verzögerung der Sprachentwicklung. Von Legasthenie sind ca. fünf Prozent der Bevölkerung betroffen. • Dyskalkulie (Rechenschwäche): es liegt eine Beeinträchtigung des mathematischen Denkens und der Rechenfertigkeiten vor, wobei die Regeln des Zahlensystems nicht verstanden und genutzt werden können. • Zahlenanalphabetismus: es handelt sich um ein rechnerisches Unvermögen, Sachverhalte in Zahlen dazustellen, bzw. zahlenmäßig dargestellte Sachverhalte zu verstehen.
Kinder mit Lernstörungen werden oft zu Versagern abgestempelt, anstatt entsprechend von Fachleuten gefördert zu werden, damit sie insgesamt eine Leistung zeigen können, die ihrer Intelligenz und ihrem Willen zum Erfolg entsprechen. Erfahren Sie in der Anamnese von solchen Problemen, sollten Sie dafür sorgen, dass das Kind einer entsprechend ausgebildeten Fachkraft vorgestellt und gezielt gefördert wird. Damit die Störung möglichst frühzeitig erkannt und angegangen werden kann, gibt es bereits für Vorschulkinder einen Test (Bielefelder Screening) und für Grundschulkinder den „BAKO 1-4“.
1.5. Kindesmisshandlung, Vernachlässigung und Kindesmissbrauch
1.5.1 Kindesmisshandlung und Vernachlässigung Unter dem Begriff Kindesmisshandlung werden nicht nur physische und psychische Gewaltakte gegen Kinder zusammengefasst, sondern auch Vernachlässigung und sexueller Missbrauch. Diese Taten werden häufig von den Eltern oder nahestehenden Personen (z.B. Großeltern, ältere Geschwister, Onkel) verübt.
Vernachlässigung.
Bei Vernachlässigung unterscheidet man eine körperliche und eine psychische Vernachlässigung: • Körperliche Vernachlässigung: Das Kind wird körperlich nicht ausreichend versorgt, sodass es zu Gedeih- und Entwicklungsstörungen wie Mangelernährung, unzureichende Bekleidung kommt. • Psychische (emotionale) Vernachlässigung: Das Kind wird nur lieblos und unpersönlich betreut, erfährt eine dauerhafte feindliche Zurückweisung, Entwertung, Verspottung, Drohung, Liebesentzug und/oder Isolierung. Die Folge sind Entwicklungsverzögerungen und Fehlentwicklungen wie Anpassungs-, Belastungs- oder Bindungsstörungen. Die Kinder können kein Grundvertrauen erwerben wodurch es zur Beeinträchtigung ihrer emotionalen Intelligenz kommt. Zu bedenken ist, dass auch ein unangemessenes kontrollierendes, verwöhnendes oder das Drängen des Kindes in eine überfordernde Rolle als Partner- oder Elternteilersatz einen emotionalen Missbrauch darstellt. Die körperliche und/oder psychische Vernachlässigung wird auch als Verwahrlosung bezeichnet. Damit meint man, dass die Mindestanforderungen, die die Gesellschaft an die Eltern stellt, nicht erfüllt werden. Weiterhin kann Vernachlässigung mit Gewalt gegen Kinder einhergehen.
Wichtig ist es für den Heilpraktiker, Zeichen auf Kindesmisshandlung zu erkennen, denn Säuglinge und Kleinkinder können nicht - und Kinder wollen oft nicht über Misshandlungen sprechen. Kinder mit schweren Verletzungen durch die Misshandlung werden oft in Kliniken oder Praxen gebracht. Achten Sie dabei auf • ungewöhnliche Verletzungen, wie Hämatome, Wunden, Verbrennungen, die nicht nach gewöhnlichen Unfällen aussehen und an untypischen Stellen auftreten, wie Gesicht, Ohrläppchen, Rücken, Gesäß. Verletzungen an den Schienbeinen sind in der Regel durch Unfälle bedingt. Hautverletzungen und Hämatome mit typischen Mustern wie z.B. Heizkörper oder Striemen, die zu einer menschlichen Hand passen, Bissspuren, Haarausrisse, Abdrücke brennender Zigaretten, Verbrühungen und Verbrennungen mit symmetrischen Auftreten (z.B. durch Eintauchen in heißes Wasser), Einrisse am Lippenbändchen (durch gewaltsame Flaschennahrung). Die Erklärung des Unfalls stimmt nicht mit den Verletzungen überein. • Schütteltrauma. Durch heftiges Schütteln von Säuglingen kann es zu Schlappheit, Schläfrigkeit, Erbrechen, Krampfanfällen oder Atemaussetzern kommen, in schweren Fällen auch zu subduralen Blutungen und somit zur schweren Hirnschädigung. Da bei den betroffenen Kindern in der Regel äußerlich nichts sichtbar ist, geht man davon aus, dass ein großes Dunkelfeld besteht. Das ist mit ein Grund, warum heute bei SIDS (plötzlicher Kindstod) das Kind immer obduziert werden muss. Bei uns in Deutschland sterben pro Jahr ca. 100 bis 200 Säuglinge am Schütteltrauma, weitere Kinder behalten bleibende Schäden wie Sehprobleme oder neurologische Schäden zurück.
Weitere Hinweise auf eine eventuelle Kindesmisshandlung können sein: • Plötzliche Verhaltensveränderungen, wenn z.B. ein aktives und extrovertiertes Kind sich zurückzieht oder aggressiv wird. Das Kind wirkt verzweifelt. Auch Kleinkinder und Säuglinge zeigen Verhaltensänderungen, indem sie z.B. plötzlich überempfindlich werden. • Regression, das heißt, das Kind fällt in frühere Verhaltensmuster zurück. So könnte es sein, dass ein Kind, das schon sauber war, wieder beginnt einzunässen. • Besondere Fügsamkeit oder besonderes Anspruchsverhalten. Kinder wollen sowohl den Erwachsenen gefallen als auch ihre Grenzen austesten. Bei Misshandlung kann sich das eine oder andere Phänomen einstellen: Sie tun gleich und ständig, was ein Erwachsener sagt oder sie widersetzen sich ständig und bekommen schnell Wutanfälle. • Gedeihstörungen und schnelle Gewichtsveränderungen. Ohne deutlichen Grund wie Krankheit oder Wachstumsschub nimmt das Kind schnell ab oder zu und/oder es verliert das Interesse am Essen. Ursachen und Auslöser für Kindesmisshandlungen Es gibt zahlreiche Ursachen und Auslöser für Kindesmisshandlungen, wie Störung des Selbstwertgefühls, das heißt, der Elternteil fühlt sich als schlechte Mutter bzw. schlechter Vater. Es besteht Armut, Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Alkohol- und/oder Drogenprobleme, schlechte Wohnverhältnisse, Partnerschaftskonflikte der Eltern und Beziehungsprobleme zum Kind. Viele Täter sind als Kind selbst Opfer von Kindesmisshandlungen gewesen und konnten so nur lernen, dass Konflikte mit Gewalt zu lösen sind.
Rechtliche Situation. Bei uns haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung und Kindesmisshandlung wird nach § 225 StGB als Straftat aufgefasst und mit bis zu 10 Jahren Haft bestraft. Andererseits wurde mit dem neuen „Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung“ der Grundsatz „Hilfe statt Strafe“ verankert. Damit meint man, dass man den Tätern helfen möchte, damit sie in Zukunft keine Gewalt mehr als „Erziehungsmittel“ einsetzen. Ärzte und Heilpraktiker sind grundsätzlich an ihre Schweigepflicht gebunden. Wenn es allerdings um eine Gefahr für die physische oder psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen geht, so steht deren Schutz über der Schweigepflicht. Stellen Sie zunächst mit dem Erziehungsberechtigten eine Vertrauensbasis her, auf der Sie ein Gespräch führen können, ob eine Überforderungssituation vorliegt. Versuchen Sie, mit dem Kind allein zu sprechen, das können Sie im Rahmen des Behandlungsvertrages, wenn das Kind mindestens 12 bis 14 Jahre alt ist. Versuchen Sie herauszufinden, welche Hilfen die Eltern in Anspruch nehmen können, wie z.B. finanziell, psychologisch, Erziehungsberatung, Betreuungshelfer, Tagesgruppen Vollzeitpflege, Heimerziehung. Auch können Sie sich – gegebenenfalls anonym – an das zuständige Jugendamt wenden. Auch bei dringendem Tatverdacht besteht keine Pflicht zur Strafanzeige, wenn es im Interesse des Kindes ist. In manchen Orten gibt es dazu darauf spezialisierte Polizeidienststellen, die eine anonyme Beratung durchführen. Eine Strafanzeige muss jedoch in den folgenden Fällen unbedingt erfolgen: Eine Kooperation mit dem Täter scheint nicht möglich, es liegt eine schwere Verletzung des Kindes vor, weitere Kinder sind unmittelbar gefährdet, es gibt Hinweise auf eine pornografische Ausbeutung, Menschenhandel oder Prostitution. Mögliche Folgen für die Eltern sind die Einschränkung des elterlichen Sorgerechts durch ein Vormundschaftsgericht, der vorübergehende Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts, die freiwillige oder erzwungene Unterbringung in einer Pflegefamilie oder einem Heim bis hin zum vollständigen Entzug des elterlichen Sorgerechtes.
Wichtig: Hat der Heilpraktiker den Eindruck, dass das Kind nicht durch einen einmaligen „Wutausbruch“ des Erziehers misshandelt wurde, sondern weiterhin gefährdet ist, so sollte ein – evtl. anonymer – Hinweis an das Jugendamt gegeben werden.
1.5.2 Sexueller Missbrauch Mit sexuellem Missbrauch bezeichnet man willentliche sexuelle Handlungen mit Kindern (Personen unter 14 Jahren). Im Unterschied zu Vernachlässigung und Kindesmisshandlung kommt sexueller Missbrauch von Kindern in allen gesellschaftlichen Schichten vor. Erschreckend ist eine Studie aus den USA, die belegt, dass ca. jedes 6. Kind entsprechende Erfahrungen machen musste. Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen. Die Täter entstammen zu 75 % aus dem Familien- und Bekanntenkreis, sind also z.B. Väter, Stiefväter, Onkel. Allerdings gibt es auch Missbrauch durch Frauen. Die betroffenen Kinder müssen den Missbrauch meist Monate bis Jahre ertragen. Die Täter übernehmen in der Regel keine Verantwortung für ihre Taten und sind frei von Schuldgefühlen, da sie z.B. dem Irrglauben unterliegen, dass das Kind, das auch wolle und dass ihm das gefalle. Auch wird von ihnen argumentiert, das gab es schon immer und gibt es in allen Ländern. Die Mütter der betroffenen Kinder wissen oft – oder ahnen zumindest – von dem Missbrauch, schweigen aber aus Abhängigkeit oder Angst vor dem Täter oder aus Angst, dass das Wissen über diese Taten die Familie zerstört. Nach außen wirken die betroffenen Familien auf den ersten Blick oft intakt. Die Bandbreite des sexuellen Missbrauchs ist groß. Sie reicht vom Betrachten pornografischer Materialien, über Manipulationen am Genital des Täters bis hin zum erzwungenen Geschlechtsverkehrs. Verdachtshinweise auf sexuellen Missbrauch • Kinder berichten oft erst nach jahrelangem Missbrauch, vor allem, wenn der Täter aus dem engeren Familienkreis kommt, da sie vom Täter unter Druck gesetzt wurden. • Verschlüsselte, vage Andeutungen, Simulation im Spiel • unerklärliche Traurigkeit bis Depression mit Selbsttötungsversuch • Verhaltensstörungen, Aggressionen, Schlafstörungen, Essstörungen, Schulversagen • äußere Zeichen von Gewaltanwendung, vor allem im anal-genitalen-Bereich • sexuell übertragbare Krankheiten (Herpes genitalis, Chlamydien, Warzen im anogenitalen Bereich) und Scheidenentzündungen bei Mädchen Verhalten bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch Haben Sie den Verdacht auf einen sexuellen Missbrauch, so müssen Sie diesem nachgehen! Bedenken Sie, dass allerdings nicht alle Aussagen eines Kindes stimmen müssen. Andererseits können bereits kleine Bemerkungen als versteckte Hilferufe zu bewerten sein. Erbitten Sie zuerst von den Eltern Erklärungen für Symptome, die ihnen verdächtig vorkommen und prüfen Sie diese kritisch auf Plausibilität. Untersuchen Sie das Kind gründlich (beachten Sie allerdings, dass Angst vor körperlicher Berührung bestehen kann), dokumentieren Sie alles auf das Sorgfältigste, evtl. ist es notwendig, die körperlichen Befunde fotografisch festzuhalten. Sollte sich Ihr Anfangsverdacht verstärken, so nehmen Sie keine weiteren Befragungen und Abklärungen vor, sondern informieren Sie prompt das Jugendamt. In akuten Notsituationen wenden Sie sich an die Polizei, die dann entsprechende Ermittlungen aufnimmt und Strafanzeige stellt. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie die Dienststelle des Jugendamtes (z.B. am Wochenende) nicht erreichen können.