liebe Mitlerner,
das gestrige Thema hat mich nahezu die ganze Nacht beschäftigt ;-). Ich habe mich gestern im Kurs mit der Vorstellung sehr schwer getan, dass die humanistische Psychologie das Unbewusste negiert. Aber ich glaube meinem Denkfehler auf der Spur zu sein ;-)
Zunächst ist mir aufgefallen, dass die Begriffe "unbewusst" und "unterbewusst" in der psychologischen und neurowissenschaftlichen Literatur zum Teil sehr undifferenziert verwendet werden.
Was ich mir erschließen konnte möchte ich in meinen Worten wiedergeben:
Unterbewusst/unbewusst kann man im Alltag alles bezeichnen, was nicht dem Bewusstsein unmittelbar zugänglich ist. So fallen darunter Körpervorgänge wie Herzschlag oder unbewusste Wahrnehmungen im Alltag, aber auch "abgespaltene" Erfahrungen etc., die auf mein heutiges Leben Einfluss haben.
Demgegenüber steht der Begriff des Unbewussten bei Freud als Fachbegriff der Psychoanalyse, der für den dem Bewusstsein nicht zugänglichen Teil steht, in welchen ungelöste Aspekte die durch innerseelische Konflikte der Instanzen entstanden sind, abgespeichert werden.
Sowohl in der Psychoanalyse also auch in der humanistischen Psychologie existiert eine Vorstellung des Unbewussten, allerdings vor dem Hintergrund eines anderen Menschenbildes. In der Psychoanalyse ist der Mensch dem Unbewussten eher ausgeliefert und agiert nicht selbstbestimmt. Das Unbewusste ist "Herr im Hause" im Ich des Menschen und sehr schwer zugänglich.
Demgegenüber ist der Mensch im Humanismus selbstbestimmt und kann sich zur Auseinandersetzung mit dem Unbewussten bewusst entscheiden. Er ist "Herr im Hause" seines Ich. Er ist mit Unterstüzung des Therapeuten selbst in der Lage das eigene Unheile zu erkennen, das Unbewusste aufzudecken und zu transformieren und hat auch ein tiefes eigenes inneres Wissen von seiner Ganzheit. Im Gegensatz hierzu die Psychoanalyse, hier hat der Mensch nicht den unbewussten Wunsch zur Ganzheit, im Gegenteil, das Unbewusste will die Ganzheit verhindern und es bedarf eines schwierigen und lange dauernden Prozesses, das Unbewusste aufzudecken.
Also haben beide psychotherapeutische Richtungen eine Idee des Unbewussten, allerdings mit anderem Verständnis.
Liebe Savina, liebe Mitlerner, kann man das so sagen?
Vielen Dank :-)
Karin