Nun ist mein Papa im April mit 97,5 Jahren gestorben, Luise hat gerade ihren 96. Geburtstag gefeiert. Beide in den letzten Jahren volles Programm dement, aber dennoch: Essen und Trinken immer gern genommen, ebenso wie Hand halten und Streicheleinheiten, und wenn es auch keine Antworten mehr gibt, so hört Luise goch gern zu (Papa hat Zuwendung sowieso genossen.)
Ich komme da gerade drauf, weil ich eben gerade eine Aufzeichnung aus dem HPP-Unterricht nachgehört habe, in der Savina erzählt hat, dass bei Menschen, die sich aufs Altwerden freuen und keine Angst davor haben, deutlich weniger /später Alzheimer diagnostiziert wird.
Mein Papa ist erst mit seinem 89. Geburtstag bei uns eingezogen, Luise ein halbes Jahr vorher, bis dahin hatte mein Papa nach dem Tod meiner Mutter allein gelebt und Luise in einer Seniorenresidenz in einem eigenen Appartment. Beides ging nicht mehr, weil sich bei beiden die Demenz abzeichnete. Ich finde: Mit 89, respektive 88 Jahren darf das sein.
Noch einer, der dem Alter gelassen und freudig entgegengegangen ist, ist Oliver Sacks. Gerade ist mir dieses wundervolle Zitat von Sacks - der fast 50 Jahre lang als Professor für Neurologie und Psychiatrie gearbeitet hat! - in die Hände gefallen:
Mit 80 überblickt man eine lange Strecke und hat einen lebhaften, lebendigen Sinn für Geschichte, der sich in jüngeren Jahren nicht erschließt. In kann mir vorstellen, in allen Fasern spüren, wie ein Jahrhundert beschaffen ist, was ich mit 40 60 nicht vermochte. Ich empfinde das hohe Alter nicht als einen Lebensabschnitt zunehmender Trostlosigkeit, den man ertragen und so gut wie möglich überstehen muss, sondern als eine Zeit der Muße und Freiheit, der Freiheit von künstlichen Zwängen früherer Tage, der Freiheit, alles zu erkunden, wonach mir der Sinn steht, und die Gedanken und Gefühle eines ganzen Lebens zusammenzufügen.
Ich freue mich darauf, 80 zu werden.
Ist das nicht großartig und berührend? Am 30. August 2015 ist Oliver Sacks gestorben. Knapp davor hat er noch eine Sammlung von Essays veröffentlicht, die unter dem schönen Titel "Dankbarkeit" zu haben ist. Drei Essays, 64 Seiten, Sacks Gedanken zu Tod, Sterben, Leben, Glauben, Wissen. Ich freue mich auf die Lektüre - kluge Ideen zu diesen Themen und das Nachdenken darüber stehen gerade PB, HPP und HP gut zu Gesicht.
*Denn schlimmer als zu sterben ist es, nicht zu wissen, wofür man lebt.* (Gioconda Belli)