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Hallo Dörte, hallo miteinander,
hinsichtlich des "Fernbehandlungsverbotes" ist die medizinische Welt z.Zt. im Umbruch begriffen.
Bislang hat man aus §7 der - für Ärzte verbindlichen - Brufsordnung für Ärzte (BOÄ) und dem Werbeverbot für Fernbehandlungen § 9 HWG) das generelle Fernbehandlungsverbot geschlossen.
Diese Auffassung ist m.E. am kippen:
- Zum Einen hat sich der 121. Deutsche Ärztetag für die Lockerung des Fernbehandlungsverbotes (in der BOÄ) stark gemacht, das zumindest einen persönlichen und unmittelbaren Erstkontakt voraussetzte, dem dann auch "nach ärztlichem Ermessen" im Einzelfall" Weiterbehandlungen mit IuK-Mitteln (Online, Telefon o.ä.) folgen können. Der Dt. Ärztetag hat nunmehr (April 2018) den zuständigen Länderärztekammern eine Änderung ihrer BOÄ gemäß der in § 7 Abs. 4 der Muster-BOÄ des BundesÄrztevorgeschlagen, wonach künftig "im Einzelfall" auch bei ihnen noch unbekannten Patienten (d.h. auch beim Erstkontakt) eine ausschließliche Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien vorgenommen werden darf, was nach meinem Kenntnisstand bereits von BW und Schleswig-H. erfolgt ist. Andere Länder haben sich z.T. negativ geäussert.
Generell möchte man (zumindest nach außen) an der generellen Präsenzberatung und -behandlung festhalten; in Einzelfällen (nach der verantwortlichen ärztlichen Ermessensentscheidung) könne jedoch auch bei Erstkontakten darauf verzichtet werden. Dieses
Was für Ärzte gilt, gilt dann auch für HPs.
- Übrig bleibt dann nur das Werbeverbot für Fernbehandlungen gem § 9 HWG.
Dieses verbietet jedoch nur die Werbung für Fernbehandlungen, nicht aber die Fernbehandlung selbst. Darüber hinaus ist auch diese Werbung nach der Rechtsprechung nur dann verboten, wenn mit der Werbung eine mittelbare Gesundheitagefährdung verbunden wäre, z.B. wenn Patienten mit einer derartigen Werbung davon abgehalten würden, sich in fachkundige Hände zuzu begeben und sich hierdurch beispielsweise eine bei persönlichem Kontakt erkennbare Suizidgefahr realisieren könnte. In diesem Falle hätte der "Fernbehandler" sicherlich schlechte Karten.
Summa summarum: Für die eigene Praxis (und für die HP-Überprüfung) würde ich daher auf die erheblichen Risiken einer Fernbehandlung hinweisen, nicht aber von einem grundsätzlichen Fernbehandlungsverbot ausgehen.
GlG aus Kenzingen
Horst
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Hallo Dörte, hallo miteinander,
ich teile Dörtes Skepsis hinsichtlich der hier eingeschlagenen Entwicklung. Zwar wird vordergründig laut proklamiert, man halte grundsätzlich an einer Präsenztherapie fest und Ausnahmen sollten nur im Einzelfall, wenn dies ärztlich vertretbar ist, zulässig sein. Was ein derartiger ärztlich begründeter Ausnahmefall ist, darüber entscheiden die behandelnden Therapeuten eigenverantwortlich.
Hier wird wieder ein neues Geschäftmodell eröffnet, das kaum kontrollierbar ist und auch von den Ärztevertretungen gar nicht überwacht werden soll. Bereits jetzt hat sich ja im Vorgriff auf die angestrebte Entwicklung schon ein neues Marktmodell etabliert und das dem der Online-Apotheken ähneln wird: Ein DocMorris-ähnliches Service-Beratungscenter mit dutzenden Beratungstelefonen (gegebenenfalls auch in Indien). Wer dann diese telefonische Beratung/Therapie durchführt, ist gar nicht kontrollierbar. Wahrscheinlich wird es formell genügen, wenn die Beratungen unter "verantwortlicher Aufsicht" eines zugelassenen Therapeuten geschieht.
Ich denke, dass auch die jetzt vorpreschende Ärzteschaft sich später noch verwundert die Augen reiben wird.
In Skeptizismus verharrend
Horst
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Hallo Horst
du scheinst dich hervorragend in das Thema Fernberatung reingefuchst zu haben.
Darf ich fragen, ob du noch auf dem Laufenden bist und wie es aussieht bezüglich einer Online-Beratung (Psychotherapie)?
Ich finde nämlich immer mehr von diesen Angeboten im Internet.
Deine Meinung wäre für mich sehr spannend!