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Schützenfest und deren Folgen
#1
Hallo,

ich wollte mal hören, ob Ihr oder jemanden anderes aus Eurem Bekannten- oder Familienkreis schon einmal ähnliches erlebt habt und wie ihr damit umgeht.

Am 19. Juli 2009 fand auf einem örtlichen Schützenfest ein tragischer Unfall statt, wo ein 79-jähriger in eine Menschenmenge raste. Der ein oder andere von Euch hat es vllt damals in den Nachrichten verfolgen können.

Aufgrund meiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Katastrophenschutz „durfte“ ich dort bei der Versorgung der Verletzten helfen. Zu dem Zeitpunkt war mir selber die Tragweite des Unfalls noch nicht bekannt, da ich mich ca. 250 m vom eigentlichen Geschehen in der Schützenhalle befand.

Wie sich abends herausstellte, wurde auch ein sehr guter Freund von mir so sehr schwer verletzt, dass er zwei Tage später aufgrund seiner Verletzungen in einer Spezialklinik starb. Er war so sehr verletzt, dass man ihn nach Angaben seiner Familie nicht mehr wiedererkennen konnte.

Vor ca. 8 Wochen war ich zum ersten Mal seitdem bei seiner damaligen Frau. Sie hat den Vorfall bisher – wie viele andere auch – so gut wie gar nicht verkraftet.

Zur Vorgeschichte :

Menden. An den Straßenrändern weinende Menschen, fassungslose Gesichter - bei einem grauenhaften Unfall wurden gestern Nachmittag bei einem Schützenfest in Menden drei Menschen getötet und zahlreiche weitere zum Teil schwer verletzt.

Quelle : Westfalenpost Menden & Youtube
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#2
Hallo Thorsten,

was gibt es dazu noch zu sagen? Nicht viel. Zurück bleiben Schock, Unglaube, Fassungslossigkeit, Wut, Trauer, ungeklärte Fragen.
Nichts was einem den gebliebten Menschen je wieder zurückbringen kann.

Mir selbst ist so ein Fall persönlich nie untergekommen. Ich danke Gott dafür daß ich bis heute davon verschont geblieben bin!!
Mir sind zwar während meiner Tätigkeit in einer Notfallambulanz Fälle untergekommen die mich auch tagelang haben verharren lassen. "Unfassbar" beschreibt es am ehesten. Dinge, die man nicht rational erklären kann, Dinge die einem im tiefsten Glauben an Gott erschüttern können!
Jedoch standen diese Menschen in keinerlei persönlichem Bezug zu mir.

Ganz anders bei Dir, war ja einer der Verletzten ein Freund. Hierfür meine aufrichtige Anteilnahme! Und meine Hochachtung daß du den Weg zu der zurückgebliebenen Ehefrau gefunden hast. Viele meiden in solchen Situationen doch eher den Kontakt aus Angst.

Was du suchst sind vielleicht Antworten? Auf das WARUM, WIESO? Diese Antworten wird dir jedoch keiner geben können und weiß keiner; manchmal ist das auch gut so!
Gerade du als Rettungshelfer wirst lernen damit umzugehen und nicht immer nach Antworten suchen.
Und zum Glück gibt es da noch die Zeit, die jedoch nicht alle Wunden heilt aber einen lehrt damit umzugehen!
You gotta Dance with the Devil to get out of Hell
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#3
Hey, Nicole!

Vorab erst einmal Danke für Deine Antwort und Deiner Anteilnahme. Gerade so etwas bedeutet mir zu diesem Zeitpunkt außerordentlich viel!

Ich muss gestehen, das mir der Schritt sehr schwer gefallen ist, die Ehefrau aufzusuchen - weil es zum einen seine Ehefrau „war“ und zum anderen weil sie sich mittlerweile auch zu einer Freundin entwickelt hat.

Es gibt in der Tat zahlreiche Fragen, die regelrecht nach einer Antwort rufen! Warum traf es gerade ihn? Warum ist unser letzte Kontakt nur so lange her? Was hat sich bloß der Unfallfahrer dabei gedacht, als er in die Menschenmenge raste? Wird er eine „ausreichende“ Strafe dafür erhalten, dass er zahlreiche Familien zerstörte? Es sind einfach zu viele Fragen über Fragen, die wohl niemand stellen und beantworten kann!

Leider muss lernen damit umzugehen. Es bleibt mir leider keine andere Wahl! Allerdings wirfst sich bei mir die Frage auf, was hinten anstehen muss? Sicherlich das persönliche Empfinden hinter dem Rettungshelfer, weil es meine Aufgabe ist, Menschen zu retten und nicht sie zu verurteilen! Aber so wie in diesem Fall empfindet man irgendwann einfach Hass, man möchte die Person verurteilen, die anderen so etwas antut. Aber das darf man nicht! Vllt ist es wirklich gut so!

Was wirklich zurückbleibt ist der Schock über das Geschehene, der Unglaube darüber, dass es wirklich nicht sein kann. Ja, auch Trauer, Wut und Fassungslosigkeit gehören dazu, dass man es – Gott, habe uns alle selig – irgendwie verarbeiten kann!

Lieben Gruß,
Thorsten

PS : Ironie des Schicksals dürfte sein, das dieser Song sein Lieblingslied war!
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#4
Ach du meine Güte, Thorsten.....
Das ist ja wirklich heftig....
Ich wünsche Dir und seiner Familie viel Kraft!!!!! Mehr bleibt leider nicht zu sagen....
Liebe Grüße
Bettina

Panta Rhei - Alles fliesst
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#5
Lieber Thorsten,

leider müssen manche von uns eher gehen...

So etwas heftiges ist mir zum Glück noch nicht passiert. Aber auch ich habe schon mal einen Menschen durch einen Skiunfall verloren in den ich verliebt war (damals war ich erst 14 Jahre).
Ich habe lange Zeit gebraucht um mit dem Schmerz umzugehen.
Vielleicht passiert uns deshalb so etwas. Wir müssen lernen.

Und manche sind einfach hier auf der Welt um uns etwas beizubringen.
Ich kenne auch ein Buch über ein kleines Mädchen, das an Krebs litt und daran starb. Die Eltern haben ein Buch darüber geschrieben wie tapfer die Kleine war und wie viel sie in ihrem kurzen Leben geben konnte!

Oft ist es wohl nur schwer zu verstehen, warum so etwas passiert! Aber für irgendjemanden auf der Welt scheint auch so ein Ereignis einen Sinn zu haben.
Ich hoffe Du verstehst was ich damit meine.

Versuche diesen Schmerz zu verarbeiten (und ich weiß, das kann Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte dauern) und versuche vielleicht seiner Frau (seiner Witwe) ein Trost zu sein und einfach ein wenig Glück in ihr Leben zu bringen.
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#6
Hallo Thorsten,

das muss ein furchtbares Erlebnis sein. Ich kann mir vorstellen, das man als Helfer schnell an seine Grenzen kommt. Und dann auch noch, wenn man erfährt, das ein Freund dabei ein Opfer ist. Ich möchte nicht mit dir tauschen.

Das Erlebnis ist jetzt ein Jahr her und durch das Treffen mit eurer Bekannten, hat das ganze wieder Präsent gemacht für dich. Das ist verständlich.

Ich ´wünsche dir alles Gute und das du so etwas nicht wieder erleben musst.

Andrea
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#7
Einen lieben Dank auch an Euch!

@ Daniela :

Ein aufrichtiges Beileid auch an Dich! Ich denke auch, dass es bei mir noch eine lange Zeit werden, wird bis ich damit gelernt habe umzugehen. Vergessen werde ich ihn und den Unfall mit Sicherheit nicht, aber ich kann lernen, das Ganze zu verarbeiten.

"Aber für irgendjemanden auf der Welt scheint auch so ein Ereignis einen Sinn zu haben."

Sinn macht es insoweit (klingt komisch in diesem Zusammenhang), dass es sein Wunsch war, dass er seine Organe gespendet hat. Sein Herz beispielsweise schlägt just in diesem Moment in einem anderen Menschen weiter.

@ Scapi :

Das interessante ist eigentlich, das man es als Helfer erst gar nicht so wahrnimmt. Das geschah erst abends, wo man zur Ruhe kam und die ganzen Bilder im Kopfkino abliefen. Das mein Freund damals auch betroffen war, habe ich (vllt zum Glück) erst zuhause erfahren. Ich hatte die kommenden drei Tage zeitgleich auch mit seiner Mutter über Stunden telefoniert und sie erzählte mir, wie schrecklich er aufgrund seinen Verletzungen ausgesehen haben muss. Es war nicht allein das Treffen mit der Bekannten, vielmehr auch das Schützenfest, was sich auf den Tag genau in diesem Jahr wiederholte. Zum Glück ohne weitere negativen Vorkommnisse.
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