wir haben wieder mal einen Fall in der Lerngruppe bearbeitet wo wir, je mehr wir drüber nachdenken, immer mehr ins Schwimmen geraten. Besonders bei den affektiven Störungen fallen uns Abgrenzungen oft noch schwer. Ich würde dir gerne den Fall hier reinschreiben, vielleicht können wir drüber in der nächsten Lerngruppe diskutieren.
Eine 42 jährige in Scheidung lebende Sekretärin hat seit drei Monaten Schmerzen im Lendenwirbelbereich, ein Druckgefühl auf der Brust und Muskelschmerzen am ganzen Körper, so dass jede Bewegung weh tut. Wenn sie sich hinlege, sagt sie, würden die Schmerzen zwar besser, aber sie habe dadurch Einschlafprobleme und wache durch die Schmerzen früh am morgen auf. "Mein ganzer Körper fühlt sich müde und ausgelaugt an" meint sie und ergänzt: "Erst wenn ich gegen Mittag etwas mehr in die Gänge komme, geht es mir mit den Rücken - und Muskelschmerzen ein wenig besser." Sie fühle sich durch ihre Schmerzen so sehr belastet, dass ihr das Essen nicht mehr schmecke, sie ihre zwei geliebten Enkelkinder nicht mehr besuche und sich in letzter Zeit nur schwer konzentrieren könne. Sie habe mehrmals verschiedene Ärzte aufgesucht, eine körperliche Ursache sei nicht zu finden gewesen.
So das Buch diagnostiziert eine larvierte / somatisierte Depression F 32.8.
So ganz schlüssig sind wir damit nicht, denn es steht ja auch immer noch diese Trennung bzw. Scheidung im Raum. Da es erst seit drei Monaten ist, und rein vom Text ohne Nachfragen zu können, wir eher bei einer Anpassungsstörung mit undifferenzierter Somatisierungsstörung gelandet sind. Klar ist das beides ja Spekulation ob sie das jetzt durch die Trennung hat oder ob das larviert ist. Wie sind deine Gedanken dazu? Gerade im Bereich affektive Störungen nimmt bei uns die Verwirrung eher zu je mehr wir das üben.
Und im Rahmen dieser Diskussion sind wir zu einer weiteren Frage gekommen: Bei affektiven Störungen werden ja meistens dann Antidepressiva gegeben. Was passiert denn wenn man jemand AD verabreicht der eben keine NT-Störung hat? Wie wirkt das? Denn eine Anpassungsstörung die ja einer depressiven Episode sehr ähnlich ist, benötigt keine AD? Oder gibt man die dennoch?
Ich freue mich wenn du uns wieder etwas den Nebel nimmst.
Schönes Wochenende und bis bald
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