Hallo ihr Lieben,
tja, spannend. Ich gehe davon aus, dass „Heilung“ von der Phase abhängt in der sich jemand befindet/ befunden hat. Achtung, langer Text mit viel Metapher!!! War so in Schwung…
Ich liebe das Bild, wie es beginnt zu regnen und die Wassertropfen auf eine Fensterscheibe tropfen. Irgendwann beginnen die Tropfen die Scheibe herunter laufen und kurz darauf bildet sich eine Spur, die immer mehr Regentropfen nutzen um herab zu laufen. So ist es doch mit den Gewohnheiten und Denkmustern in unseren Köpfen auch. Ein erster Gedanke nimmt einen Weg und immer mehr Gedanken folgen, bilden Verhaltensmuster, laufen in denselben Weg und schwupp, hat ein Gedankentropfen gefühlt gar nicht mehr die Möglichkeit anders zu laufen und im Wasserbild bleibend, bilden sich Wasserstraßen.
Wenn das Leben eines Menschen sich also Jahre lang um Essens-bzw. Nichtessensplanung gedreht hat, ständig im Kopf der eigene Kritiker Amok gelaufen ist, er/ sie damit beschäftigt war heimliches Essen zu planen, sich zu verstecken, gesellschaftlich eine Maske aufrecht zu erhalten und gleichzeitig an der eigenen Traurigkeit innerlich zu zerbrechen. Wenn also quasi jeder Gedankentropfen, jede Herausforderung, jede Niederlage, aber auch jedes positive Feedback und jeder Erfolg des Mensch immer in den Wasserweg von „Ich muss nur meinen Körper und mein Essverhalten in den Griff bekommen und dann wird alles besser!“ hineinläuft, der aber dann ganz am Ende immer zu „Ich hasse mich“ führt…, dann ist da wirklich ein reißender Fluss entstanden.
Ja, dann hat er/sie vielleicht in einer Therapie „nur“ gelernt, dass Tropfen überhaupt einen anderen Weg gehen können. Dass nicht jeder Tropfen in diesen Fluss gehört, dass Herausforderungen sich anders nehmen lassen und auch zu einem anderen Ende als „Ich hasse mich/ Ich bin nicht gut genug!“ führen lassen.
Aber dann, an diesem Punkt, steht der Mensch doch eigentlich endlich erst da, wo sich irgendwann jeder Mensch befindet. Wege für die eigenen Herausforderungen finden zu müssen.
Mit dem Unterschied, dass es schon ewig regnet und dieser Mensch beständig die Gedankentropfen von seinem alten Fluss fern halten muss, weil sie sonst automatisch diesen „Körperlösungs-Weg“ nehmen würden.
Und während es nach kurzer Zeit vermutlich noch möglich ist bei dieser neuen Lösungssuche auch in die Nähe von „Gefühle essen ist kein guter Weg“, „Mit mehr Sport würdest du besser Stress abbauen“ und „gesundem Essverhalten“ zu driften, glaube ich, dass es mit wachsender Größe des Flusses regelrecht unmöglich wird am Essverhalten noch zu drehen. Das wäre ja bewusst neues Wasser für den Fluss oder die Gefahr ist zumindest riesig, dass der neue Wasserweg auf der Hälfte des Weges wieder in den alten Fluss führt.
Möglicherweise reguliert sich das Essen so, dass es in einen übrigens schwer zu definierenden Normbereich rutscht, weil der Mensch sein Leben anders meistert, Essen einfach keine zentrale Rolle mehr spielt und es sich ergibt. Und wenn nicht, ist es ihm bestenfalls zumindest so lange egal, bis die neuen Wasserwege sich absolut stabil ausgebaut haben.
Und ich glaube, dass dieser Moment, in dem die Wasserwege stabil genug sind, von Außen nicht auszumachen ist, sondern nur dieser Mensch selbst mit riesen Achtsamkeit lernt zu fühlen, wann er/sie dem Fluss wieder zu nahe kommt. Und dann wäre das für mich „Heilung“, völlig unabhängig vom Körpergewicht.
Denn sind wir mal realistisch. Wenn ein Mensch jahrzehntelang seinen Fluss ausgebaut hat und dort quasi jeden Tropfen hineinlaufen ließ, wie lange wird es dauern mit seinen Gedankentropfen gleichwertige Flüsse auszubauen, die ja bestenfalls noch nicht einmal alle denselben Weg laufen.
Bin total gespannt wie ihr das seht.