Kennt ihr das auch?
Pünktlich, wenn der Herbst seinen Abschied unter wehenden Blättern und täglich sinkenden Temperaturen nimmt, wird man irgendwann eines morgens zu furchtbar unheiligem Zeitpunkt aus dem seligen Schlaf gerissen. Immer gerade dann, wenn es am schönsten im warmen Bett ist. Genau in dem Moment, da gibts kein Vertun.Von einem gefürchteten , absolut unverkennbarem Geräusch.
Das Kratzen eines Schneeschiebers auf dem Belag des Bürgersteiges.
Plötzlicher, grässlicher Adrenalinschub! Zu dieser Zeit kaum zu bewältigen. In Nanosekunden hellwach! Eiskalter Schreck! Raus aus dem kuschlig warmen Nest, wo sind die Pantoffeln? Egal, ohne geht's im Laufschritt zum Fenster.... Rumms! Aua! Die Kante irgendeines Möbelstücks kollidiert heftigst mit dem kleinen Zeh. Sterne! Wer zum Teufel hat da heute Nacht die Kommode hingestellt?
Während man versucht, den üblen Schmerz mit einer Hand massierend zu besänftigen, humpelt man zum Fenster, um einen Blick auf die Situation zu werfen. Jalousien hoch! Ach
du lieber Himmel, deshalb also hat man so herrlich geschlafen. Es rieselt leise weiss vom
Himmel und das schon seit einer ganzen Weile, so wie es aussieht. Die Stille, (vom
heftigen Kratzen des Nachbarn mit dem Schneeschieber mal abgesehen), ist betäubend. Eine weisse, kalte Decke liegt wie ein Federbett über der Welt.
Man zieht sich in Windeseile wetterfest an, versucht, den mittlerweile leuchtend roten und
angeschwollenen Zeh ( pochern tut er auch) in ein paar eiskalte und deshalb höchst steife
und unwillige Gummistiefel zu zwängen. Wo ist der verdammte Schneeschieber?
Egal, erst mal gucken...Die ersten paar Sekunden gehören ehrfürchtigem Staunen über die
wundervolle Zauberlandschaft, die über Nacht aus der altbekannten Umgebung
entstanden ist. Mit grossen Kinderaugen schaut man auf die noch unberührte Pracht. Es
guckt ja gerade niemand anderes!:
Leider besinnt man sich recht schnell, schon seit langer Zeit erwachsen zu sein. Schnee ist....Kacke! Mist! Ein Problem, ein grosses! Das Auto muss freigeschaufelt werden, der
Bürgersteig ebenfalls...und Schreck über Schrecken: man muss zur Arbeit
Und die Kinder zur Schule! Gut, daß die noch im Bett liegen....die werden Augen machen!
Vielleicht fällt die Schule aus? Da weiß man nicht ob man sich das wünschen sollte.... Der Schneeschieber findet sich hinter den aufgestapelten Gartenmöbeln. Der kleine Eiskratzer
für die Windschutzscheibe war gestern doch noch in der Ablage der Fahrertür. Warum
nicht mehr heute?
Ist eigendlich Streusalz da? Natürlich nicht, der Winter sollte doch noch gar nicht da sein!
Was fällt dem Petrus ein, der Frau Holle schon jetzt den Freibrief zur Tätigkeit auszustellen? Wäre es angeraten, Schneeketten aufzuziehen? Wo sind die überhaupt? Und
ist denn eigendlich Frostschutz im Kühler? Das sollte der Ehemann doch vor zwei Wochen
erledigt haben. Hat er??? Glaub ich nicht....
Seufzend macht man sich dran, die jungfräuliche Schneeschicht vom Auto abzufegen und
dann wird der Schneeschieber geschwungen. Der erste Neuschnee ist meist feucht, so tut
man sich schwer mit der noch ungewohnten Arbeit. Es klumpt zusammen und man
schwitzt erbärmlich beim Schieben. Der Zeh pochert, Ohren und Nase werden rot vor
Kälte und eigentlich wirst du sonst ohne Kaffee nicht wach....Warum kommt da kein
Familienmitglied helfen?
Nach halb getaner Arbeit trifft dich ein Schneeball am Hinterkopf. Der Nachbar grinst dich
an. Während du mit behandschuhtem Finger den Schnee aus dem Ohr pulst, verzieht sich
auch dein Mund zu einem breiten Grinsen. Die andere Hand ballt gleichzeitig schon ein
Geschoss zusammen. Vollkommen automatisch. Kann man nicht verhindern. Dir zeig ich
es!
Ach, für die folgenden 10 Minuten bin ich ganz ungeniert wieder Kind ...und den ersten
Schneeengel, den mach ich auf dem Rasen am Ende der Schlacht.
Schnee ist schön!
Tja, die Fantasie ist mit mir durchgegangen.....
1. es schneit hier sehr selten
2.auch wenn es schneit...hier fällt niemandem im Traum ein, Schnee zu schieben. Schon mal gar nicht vom Bürgersteig,höchstens nur vom eigenen Auto.
3. ich habe keine Kinder. Nur drei Katzen, die Schnee sehr argwöhnisch betrachten, wenn es mal welchen gibt. Schneeengel machen sie nicht.
4. mein Arbeitsplatz und Labor ist höchstens 150 m vom Haus entfernt. Normalerweise geh ich zu Fuß.....bei ungeräumten Bürgersteigen auch notfalls auf der Straße.
5. meinem Nachbarn habe ich noch nie anders als vollkommen ernst gesehen. Vielleicht
sollte ich den ersten Schneeball werfen? Und mir meinen Ruf komplett ruinieren?
5.es gibt keine Kommode im Schlafzimmer, nur eine Tür. Die allerdings schon mehrmals mit meinem kleinen Zeh kollidiert ist. Meistens beim nächtlichen Klo-gang, wenn meine Blase mich dran erinnert, schon etwas betagt zu sein. Ich weiß, wie weh das tut. Man wird
erstens hellwach und muss zweitens höllisch aufpassen, nicht die Kontrolle über das Pipiauffanggerät zu verlieren. Brauchte ich mir also nicht ausdenken. Dieses Detail ist
wahr!
Glückliche Patentante von nadinebe