vielen Dank für eure Hilfe.
Ich habe mir das Ganze jetzt noch einmal angeschaut und denke ich habe es nun einigermaßen verstanden. Ich schreibe hier einmal meine Erkenntnisse, vielleicht hilft es ja jemandem weiter der ähnliche Probleme damit hat.
Ich bin einigen Denkfehlern aufgesessen.
Zunächst bin ich davon ausgegangen, dass wie bei einem Wasserschlauch, der an einen Wasserhahn angeschlossen wird ein ständig gleichbleibender Strom erzeugt wird. Aber wie Monika schon schrieb handelt es sich beim Herz um eine Pulsation also ein rhythmisch schwankender Prozess. Man sollte sich den Druck also eher als Welle vorstellen, denn als gleichbleibenden Strom. Ähnlich einer Flutwelle die je länger sie fließt immer mehr an Kraft verliert und schließlich verebbt.
Mein größter Denkfehler war jedoch, dass ich zwei unterschiedliche Dinge gleichgesetzt habe. Ich habe Druck und Strömungsgeschwindigkeit synonym verwendet. Dies sind jedoch zwei verschiedene Größen. Ich möchte einmal versuchen das zu erklären:
Grundsätzlich gilt in dem Fall einer enger werdenden Röhre das Kontinuitätsgesetz. Dies besagt vereinfacht ausgedrückt, dass die Flüssigkeit, die ich in ein Rohr gebe auch wieder aus dem Rohr herauskommen muss und zwar egal an welchem Abschnitt. Wenn ich nun also den Querschnitt (Lumen) des Rohres verkleinere, muss sich zwangsläufig die Durchflussgeschwindigkeit erhöhen, weil der Volumenstrom (gibt an wie viel Volumen eines Mediums pro Zeiteinheit durch einen festgelegten Querschnitt transportiert wird) konstant bleibt.
Angewandt auf die Arterien und Ateriolen bedeutet das also, wenn man den Querschnitt der Arterien verkleinert erhöht sich die Durchflussgeschwindigkeit des Blutes.
Das führt allerdings zu zwei Problemen.
1. Wenn sich die Strömungsgeschwindigkeit erhöht, und damit eine größere kinetische Energie als im Bereich des Rohres mit dem größeren Querschnitt aufweist, wo kommt diese Energie her ohne den Energieerhaltungssatz zu verletzen, dass nämlich Energie nicht "aus dem Nichts" gewonnen werden kann oder verloren geht, sondern immer nur umgewandelt werden kann.
2. Wenn sich der Volumenstrom nun, je kleiner das Rohr wird, erhöht ist das doch eher widersinnig. Das Blut soll ja möglichst viel Zeit für den Stoffaustausch in den Kapillaren haben.
zu 1.: Hier hilft uns das Gesetz von Bernoulli. Bernoulli hat vereinfacht gesagt herausgefunden, dass wenn eine Fluid durch eine Röhre fließt und sich der Querschnitt dieser Röhre nun verändert erhöht sich die Durchflussgeschwindigkeit der Flüssigkeit, damit der Energieerhaltungssatz jedoch gewahrt bleiben kann verringert sich der Druck. Die erhöhte kinetische Energie korrespondiert also mit der Absenkung des Drucks in Form von potentieller Energie. Das führt dazu, dass es im Hochdrucksystem der Gefäße (Nahe dem Herz) ein Mitteldruck in der Aorta von ca. 100 mmHg herrscht. Beim Übergang in die kleineren Arterien fällt der Druck auf ca. 70 mmHg und sinkt dann bei den Ateriolen (Widerstandsgefäße) am Ende der arteriellen Strecke auf ca. 30 mmHg ab.
Zu 2. Nun ist ja immer noch nicht das Problem mit der erhöhten Fließgeschwindigkeit geklärt. Der Druck nimmt ab. Aber die Fließgeschwindigkeit würde ja immer weiter zunehmen. Damit würde dann in den Kapillaren kaum noch Zeit für den Stoffaustausch bleiben. Hier kommt jetzt der Hinweis von Horst zu tragen. Man muss das ganze System ähnlich einem Flussdelta sehen. Die Querschnittsfläche des Gefäßbaumes weitet sich extrem. Hat die Aorta noch eine Querschnittsfläche von ca. 7cm^2 weitet sich diese Fläche im Bereich der Kapillaren auf rund 1000 m^2!!! Auch dies führt noch einmal dazu, dass der Druck drastisch absinkt im Bereich der Kapillaren.
Die reißende Flutwelle verliert ja auch immer mehr an Kraft wenn sie in ein immer breiteres Flussbett gelenkt wird, weil das Wasser sich hier auf eine immer größere Fläche aufteilen muss.
Es wirken also jetzt erhöhter Strömungswiderstand (durch enger werdende Gefäße) und Querschnitterhöhung negativ auf den Druck und auch auf die Strömungsgeschwindigkeit.
Dazu kommt noch, dass das Blut ja seine Dichte (Viskosität) verändern kann, was auch noch einen Einfluss hat.
Als Beispiel dazu kann man wunderbar eine Autobahn nehmen.
Stellen wir uns eine dreispurige gut befahrene Autobahn kurz vor Feierabend vor. Der Abstand der Autos zueinander stellt die Dichte dar.
Die Autos fahren zügig (hohe Strömungsgeschwindigkeit) und die Dichte ist relativ gering (ausser einigen Dränglern auf der linken Spur fahren alle in ziemlich gleichem Abstand zueinander )
In Folge eines Unfalls werden nun zwei Spuren gesperrt. Vor der Unfallstelle kommt es zum zäh fließenden Verkehr. Die Dichte vergrößert sich. Je mehr Spuren gesperrt werden desto zähfließender wird der Verkehr (Vasokonstriktion). Evtl. staut es sich sogar. Hier kommt es dann zu einer sehr großen Dichte. Der Druck wäre hier groß.
Im einspurigen gesperrten Bereich fahren die Autos jetzt eng hintereinander und relativ zügig (man will ja schnell aus dem Bereich rauskommen). Hier herrscht also eine hohe Dichte und ein geringerer Druck.
Stellen wir uns nun vor, dass hinter der Unfallstelle die Autobahn 6-spurig wird! Jetzt fahren sehr wenige Autos gemütlich auf vielen Spuren. Hier sind wir nun im Bereich der Kapillaren.
Der Druck wäre in diesem Beispiel immer der Wert, den wir ermitteln würden wenn wir die Anzahl der Autos auf einem bestimmten Wegstück (bspw. 100m) zählen würden. Also im 3-spurigen Bereich ein hoher Druck. Im Einspurigen Bereich ein niedrigerer Druck und im 6-spurigen ein sehr geringer Druck.
Ich hoffe das war einigermaßen verständlich und nicht total falsch. Wenn es noch Fehler gibt korrigiert mich bitte!!!
Zu meiner ursprünglichen zweiten Frage muss ich gar nichts mehr schreiben, weil ich finde, dass Horst und Monika dass schon perfekt erklärt haben. Vielen vielen Dank dafür!
Liebe Grüße aus Bochum
Thorben