Ich wollte Euch noch von meiner Rückreise in den Norden nach dem Traumaseminar berichten. Das Universum hat es mal wieder gut mit mir gemeint und das Seminar und den HPP-Kursus abgerundet.
Im Regionalzug von Kenzingen nach Freiburg saß ich, nur durch den Gang getrennt, direkt neben einem Mann, der ganz entschieden nicht allein unterwegs war. Da er, als ich einstieg, eine Kapuze überm Kopf hatte und total nach vorn gebeugt saß, kann ich nicht sagen, wie alt er gewesen sein mag - irgendwas zwischen 18 und 30, schätze ich.
Jedenfalls gab er, bis er ausstieg, alles von sich, was die Öffnungen des Kopfes an Geräuscherzeugung ermöglichen. Lachen, summen, singen, schreien, flüstern. Rülpsen, rotzen, Nase hochziehen, niesen (aber wie!!!!!), husten, pfeifen.
So richtig wohl war mir nicht. Aber: Ich war erstmals in einer solchen Situation nicht bei "ach Du Scheiße, was tun, wenn er ausflippt und wen angreift", sondern fast mehr bei "oh je, die arme Sau".
Dennoch: Ich gebe zu, ich war erleichtert, als er (eine Station vor Freiburg) ausstieg.
Meine Psychologin, bei der ich heute war, hatte kein Verständnis dafür, dass ich sitzen geblieben bin. Sie fand, ich hätte mich unnötig in Gefahr gebracht. Hmmm. Wie auch immer: So ein Mensch ist nicht mein Wunschpatient, da bin ich ganz ehrlich. Besonders, als er geflüstert hat, klang es sehr bedrohlich.
Im ICE hat sich dann eine ganz junge Frau zu mir gesetzt. Medizinstudentin im 4.Jahr, die sich auf eine Prüfung (die sie heute hatte) crash-vorbereitet hat. Viel Palliativkram. Und - tadaaa - Wahn. Palliativ konnte ich ihr an einer Stelle aus der Patsche helfen.
Wahn. Sie: "Ich verstehe den Unterschied zum Zwang oft nicht. Keiner von meinen Kommilitonen aus der Lerngruppe." Ich: "Zwangserkrankte wissen, dass es Mumpitz ist. Das ist ich-dyston." Danke, Savina!!!!
Nächste Frage: Wo ist der Unterschied zwischen Zwangsgedanken und Gedankendrängen? - Ich hätte am Boden gelegen, wären die Sitzreihen im ICE dazu nicht zu eng. Wie geil: Ich konnte einer Medizinstudentin helfen, mit einem besseren Verständnis in eine Prüfung zu gehen.
So verging die Zeit bis Hamburg ratzfatz.
Danke, Savina, für alles, was ich lernen durfte am Wochenende und überhaupt bisher.
Danke an alle, die mit mir in Kenzingen waren und dazu beigetragen haben, dass das Seminar so klasse und kurzweilig und die Atmosphäre so nett war.
*Denn schlimmer als zu sterben ist es, nicht zu wissen, wofür man lebt.* (Gioconda Belli)