Definintion
Die komplexe Kneipp-Therapie besteht aus fünf Säulen, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung unterstützen und ergänzen:
1. Hydrotherapie
2. Phytotherapie
3. Bewegungstherapie
4. Ernährungstherapie
5. Ordnungstherapie
Am bekanntesten und am meisten angewendet wird die Hydrotherapie.
Diese besteht aus Waschungen und Güssen, aus Bädern, Dämpfen und Wickeln.
Viele Anwendungen der Hydrotherapie können problemlos auch zu Hause angewendet werden.
Historische Entwicklung
Der 1821 in einer armen Webersfamilie im Allgäu geborene Sebastian Kneipp wurde als Gymnasiast schwer lungenkrank. Ursache war die Umstellung von der körperlichen Arbeit, der frischen Luft und der einfachen gesunden Kost hin zu der ungewohnten Tätigkeit des Lernens in einem engen Zimmer mit einer ungenügenden Ernährung.
In der Hofbibliothek in München fand er das Büchlein von Dr. Johann Siegmund Hahn "Von der Kraft und Wirkung des frischen Wassers auf die Leiber der kranken Menschen".
Danach nahm Kneipp dreimal wöchentlich sekundenlange Halbbäder in der kalten Donau. Mit diesen Wasseranwendungen erlangte er eine viel bessere Gesundheit, als er sie jemals vorher hatte.
Nachdem er 1852 zum Priester geweiht wurde versuchte er seine Wasserkur auch an anderen Menschen. Der Erfolg war so groß, dass Sebastian Kneipp sich intensiv mit der Heiltätigkeit beschäftigte.
In Wörishofen, wo er als Seelsorger und Wirtschaftsleiter das Dominikanerinnenkloster leitete erschien 1886 sein erstes Buch über Wasser "Meine Wasserkur". 1889 folgte "So sollt ihr Leben". In diesem Buch beschrieb er auch die fünf Säulen der Kneipp Therapie.
Sebastian Kneipp starb 1897.
Grundlagen und Wirkungsweise
Das Prinzip der Kneipp`schen Maßnahmen lautet:
Kurze Kaltanwendung auf warmen Körper.
Die Ausgangslage des warmen Körpers ist entscheidend für den Erfolg der Anwendung.
ACHTUNG: Bei kaltem Körper kann das Gegenteil bewirkt werden.
Der Reiz durch das kalte Wasser verengt zuerst die Gefäße. Dann kommt es zu einer Mehrdurchblutung der Haut. Es ist sichtbar durch eine Hautrötung und spürbar durch ein angenehmes Wärmegefühl. Alle Wasseranwendungen üben auf den Organismus einen Reiz aus, der zu einer Reaktion führt. Die Reaktion des Körpers hängt von der Stärke des Reizes ab. Also von der Temperatur, der Dauer und der Größe der gereizten Fläche.
Dieses Prinzip ist zu üben und zu trainieren, um so die Reizbelastung systematisch zu steigern.
Die Reiztherapie bewirkt nicht nur eine Verbesserung der Hautdurchblutung sondern auch eine Stimulierung der tiefer liegenden Organe. Sie sind nicht mehr so störanfällig. Es kommt zu einer gesamten Leistungsfähigkeit von Herz und Kreislauf. Erfolge stellen sich aber nur bei regelmäßiger Durchführung ein.
Die Kneipp-Therapie wirkt als Reiztherapie also folgendermaßen:
- durchblutungsfördernd
- abhärtend
- abwehrsteigernd
- kreislaufanregend
- vegetativ ausgleichend
Die Techniken der Wassertherapie nach Kneipp sind überschaubar und leicht erlernbar.
Kneipp sagt: „Ist das Wasser für den gesunden Menschen ein vorzügliches Mittel, seine Gesundheit und Kraft zu erhalten, so ist es auch in der Krankheit das erste Heilmittel. Es ist das natürlichste, einfachste, wohlfeilste und, wenn recht angewendet, das sicherste Mittel.“
Indikationen
Die Hydrotherapie kann vom Gesunden prophylaktisch genutzt werden, um die Abwehrkräfte zu steigern. Auch dabei müssen die Grundregeln beachtet werden, um Nebenwirkungen und Komplikationen zu vermeiden.
Wichtige Indikationen allgemein:
- Infektionskrankheiten
- Schlafstörungen
- Rheumatische Erkrankungen und Erkrankungen des Bewegungsapparates
- Erkrankungen von Herz und Kreislauf
- Erkrankungen der Atemwege
- Periodenstörungen
- psychovegetative Dystonie
- Erkrankungen der Nieren und der ableitenden Harnwege
Einzelinduktionen ergeben sich zusätzlich bei den entsprechenden Anwendungsformen.
Kontraindikationen
- bei akuter Nierenbecken- oder Blasenentzündung keine Kaltanwendungen der unteren Extremitäten
- bei Arteriosklerose in den Beinen und bei Angina pectoris keine Kaltreize am Ober- und Unterkörper
- bei Herzinsuffizienz keine heißen Vollbäder
- bei Thrombosen keine lokalen Anwendungen, egal ob kalt oder warm.
Behandlungsablauf
Je nach Anwendung sind die Abläufe sehr unterschiedlich.
In der Praxis eigenen sich, je nach Ausstattung Güsse und Bäder und besonders Wickel, sowie Wickel mit Auflagen sehr gut.
Bei Güssen und Bäder ist zu beachten, dass
1. kein kaltes Wasser auf einen kalten Körper kommt
2. keine Anwendung in einem kalten und zugigen Raum stattfindet
3. nach der Anwendung von Kaltwasser nur abgestreift, nicht abgetrocknet wird
4. nach der Anwendung eine sofortige Wiedererwärmung erfolgt
Zu jedem Wickel gehört ein
- Innentuch aus Leinen
- ein Zwischentuch auch Baumwolle
- ein Außentuch auch Wolle
Die zu behandelnden Körperteile werden mit allen drei Tüchern in vollem Umfang umwickelt. Alle Wickel müssen dicht am Körper angelegt werden.
Ein kalter Wickel darf nicht auf einen kalten Körper angelegt werden.
Bei heißen Wickeln vor Verbrennungen hüten.
Die Füße des Patienten müssen immer warm sein. Deshalb eine Wärmeflasche auf die Füße legen.
Wickel dürfen nicht unmittelbar vor oder nach dem Essen angewendet werden.
Darauf achten, dass der Patient Blase und Darm entleert hat.
Folgende Wickel sind gebräuchlich:
- Wadenwickel
- Brustwickel
- Lendenwickel
- Kurzwickel
- Halswickel
- Ganzwickel
- spezielle Wickel: Hand,- Fuß,- Arm,- oder Beinwickel
Für Abhärtungsübungen des Patienten zu Hause gehören:
- barfuß gehen
- Tau oder Schnee treten
- Wassertreten
- Trockenbürsten (nicht bei entzündlichen Hautkrankheiten oder Hauverletzungen)
- kalte Waschungen
- Luftbad
- Knieguss
Behandlungsmittel
- Wickelgarnitur aus Leinen-Innentuch, Baumwoll-Zwischentuch, Woll-Aussentuch- Größe ja nach Wickeltechnik
- 2 Fußbadewannen (für Wechselbäder)
- 2 Armwannen (für Wechselbäder)
- Senkthermometer
- Lattenrost aus Holz
- Zusätze, wie Heublumensack, Senfmehl, Aromaöle und Heilerde
Gudrun
![blume blume](https://www.fernlehrgang-heilpraktiker.com/forum/images/smilies/neu/blume.gif)
Die Ernährungsfrau vom Kochelsee