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Vitalstörungen
#1
Hallo in die Runde,
heute im Prüfungstrainingskurs kam noch einmal die Frage zu den Vitalstörungen auf und welche das denn nun genau sind.
Teilweise finden wir sie in der Liste der Symptome eines somatischen Syndroms, teilweise bei der larvierten Depression und teilweise unter Affektivitätsstörungen beim psychopathologischen Befund.
Um daraus mal eine übersichtliche Liste zu machen, habe ich mir diese drei Bereiche gerade noch einmal vorgenommen (und mir Unterlagen von mehreren Universitäten zum Vergleich dazu geholt) und fasse jetzt für Euch zusammen:

Vitalstörungen sind:
  • Leibliche Missempfindungen (bis hin zu Entfremdungserleben)
  • Kopfschmerzen
  • Druck auf der Brust
  • Druck in der Herzgegend
  • Druck oder Kloß im Hals („Globusgefühl“)
  • Schwere in den Beinen
  • Müdigkeit/Abgeschlagenheit
  • niedriger Blutdruck
  • Erschöpfung
  • Libidoverlust
  • Appetitlosigkeit
  • Verstopfung
  • kalte Gliedmaßen
  • Libidoverlust
  • frühmorgendliches Erwachen
  • Appetitverlust
  • Gewichtsverlust
  • in einem Uni-Protokoll habe ich auch noch die psychomotorische Hemmung zu den Vitalstörungen zugerechnet gefunden

Damit Ihr die Worte auch im Skript wiederfindet:

Zitat:Die Symptome eines somatischen Syndroms sind:
• Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten
• mangelnde Fähigkeit, auf eine freundliche Umgebung oder freudige Ereignisse emotional zu reagieren
frühmorgendliches Erwachen; zwei oder mehr Stunden vor der gewohnten Zeit
• Morgentief
• der objektive Befund einer psychomotorischen Hemmung oder Agitiertheit
• deutlicher Appetitverlust
Gewichtsverlust, häufig mehr als 5% des Körpergewichts im vergangenen Monat
• deutlicher Libidoverlust

Zitat:Unter dem Kasten der Epidemiologie bei der Depression:
Patienten mit körperlicher Symptomatik kommen auch mit Müdigkeit, niedrigem Blutdruck, Erschöpfung, Libidoverlust, Appetitlosigkeit, Verstopfung und kalten Gliedmaßen. Diese Symptome nennt man „Vitalstörungen“. Hier ist die Diagnose einer Depression zunächst nicht so einfach, weil sich die eigentliche Depression wie hinter den körperlichen Symptomen „versteckt“. Deshalb spricht man hier auch von einer sog. larvierten Depression (die es dann vom Diagnostiker zu entlarven gilt ;-) )


Zitat:Bei "3.8 Affektivitätsstörungen"
• Vitalstörungen
Hierunter versteht man unangenehme Leibgefühle oder leibliche Missempfindungen, wie zum Beispiel Druck auf der Brust, Druck in der Herzgegend, Druck oder Kloß im Hals („Globusgefühl“), Schwere in den Beinen, die besonders bei affektiven Störungen auftreten. Bei der sog. „larvierten Depression“ oder „maskierten Depression“ wird keine Traurigkeit empfunden, sondern die Patienten kommen mit Vitalstörungen zum Arzt.

Ich werde diese Liste in der Endfassung des Skriptes einfügen - dann ist das leichter zu finden Smile

Einen schönen Freitag Nachmittag Euch,
Savina
We cannot change the cards we are dealt, 
just how we play the hand. (Randy Pausch)
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#2
Zitat:Hierunter versteht man unangenehme Leibgefühle oder leibliche Missempfindungen, wie zum Beispiel Druck auf der Brust, Druck in der Herzgegend, Druck oder Kloß im Hals („Globusgefühl“), Schwere in den Beinen,
Mir ist noch (chronische) Übelkeit und Ekelgefühle dazu eingefallen. Zum Beispiel wenn jemand neben einem sitzt der isst und dabei schmatzt.
Dass einem dabei körperlich ganz übel wird.

Ich finde es schwierig, hier Vitalstörungen von Hochsensitivität abzugrenzen.
Dazu mach ich aber noch einen eigenen Thread auf.

LG Conny

Ist das von Interesse, hier eigenes Erleben zu schildern?

Als sich mein erster Freund nach 5 Jahren von mir getrennt hatte, konnte ich meine Beine nicht mehr bewegen. Ich war wie gelähmt. Konnte nicht "gehen".

Das war auch keine Frage der Willenskraft, sondern eindeutig psychosomatisch. Der Orthopäde, bei dem ich war, hat gesagt, ich soll aufhören zu rauchen. OK. Klar. Und Tschüss.
Ich hab ihm sogar gesagt, dass es psychische Gründe hat. Er hat geguckt wie ein Auto.
In seiner Wahrnehmung ließ sich offenbar jede Krankheit auf einen ursächlichen, physischen Kontext zurückführen. Reparieren.

Naja, nur mal aus dem Nähkästchen geplaudert.

LG Conny
With all your science
can you tell how it is,
and whence it is,
that Light comes into the soul?

- Henry David Thoreau -
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#3
Genau zu diesem Thema möchte ich euch gerne einen realen Fall erzählen.
Gestern hatte ich ein Gespräch mit einer Frau, die sich vor ca. 1,5 Jahren nach 30 Jahren Ehe von ihrem Mann getrennt hat und seitdem alleine in einer kleinen Wohnung lebt. Sie ist aus dem gem. Haus ausgezogen. Die erwachsene Tochter (22 Jahre) studiert und kommt maximal am Wochenende nach Hause (eher zum Vater, weil sie dort ihr Kinderzimmer hat).
Die Frau erzählte mir, wie es ihr geht: Sie sagte, die Situation mit ihrer Tochter belaste sie sehr. Ihre Tochter entfremde sich immer mehr und sie streiten oft. Weinen könnte sie nicht, sie sei nur wütend! Sie habe einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus. Sie sei schon mal beim Arzt gewesen, weil ich glaubte, sie habe was im Hals (....) Neuerdings habe sie ein Zucken im linken Augenlid. Sie überlegt, sich von ihrer Ärztin eine Reha verschreiben zu lassen, wolle aber vorgeben, sie habe ein Rückenleiden. Die Reha, so stellt sie sich vor, soll ihr nur dazu dienen, einfach mal raus zu kommen und abzuschalten. Mein Hinweis, ob alle ihre körperlichen Symptome evtl psychosomatisch sein könnten, wollte sie für sich ausschließen. Das Zucken am Augenlid glaubt sie, komme von ihren Kontaktlinsen (...). Sie glaubt nicht an Psychosomatik, weil sie ja, wie sie sagt, nicht traurig sei sondern eher wütend.

Klassischer Fall von lavierter Depression?

Wünsche euch ein schönes Wochenende!

Heart
Es kommt der Moment, da ist die Angst größer, immer in der Knospe zu verweilen, als endlich in Blüte zu stehen.
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#4
Stefanie,

das Problem ist, dass die Selbstrettungsmechanismen, die gelernten Strategien nicht mehr greifen.
Psychosomatik macht Angst, es ist doch das, was gerettet hat. Das gibt man nicht so eben mal auf. Nur weil die HP mehr sieht, als jemand zu fühlen ertragen kann.

Als mitfühlende Therapeutin kannst Du ihr die Hand reichen, indem Du ihr Leid wahrnimmst. Ja. Das war schlimm. Ja, es fühlt sich scheußlich an.
Du kannst nichts für sie tun. Böse Falle. Co, Burnout, Helfersyndrom. Ganz viel Dr. House gucken.

Aber Du kannst ihr zuhören. Sie verstehen zu versuchen. Dann kommen die Selbstheilungskräfte wieder hervor.

Wo ist sie nicht Opfer, was hat sie gut gemacht, gibt es eine Erleichterung, dass der Mann nach 30 Jahren weg ist?

Und nie nie niemals darfst Du Dich mit ihr identifizieren. Dafür hast Du ein paar Mal die Kraft, aber nicht auf Dauer. Du darfst ihr zeigen, wie gelungenes Leben geht. Du musst sein, verkörpern, dass es Heilung, Hilfe und Rettung gibt.

Und das musst Du selbst einlösen. Dafür hat der liebe Gott die Supervision erfunden, nutze das.

Nimm auch die Triggerpunkte wahr, was bei Dir verschüttet ist.
Arbeite damit.

Ich mache selbst den Fehler, dass ich Selbstoffenbarung als Distanzmittel benutze. Wenn ich selber sag, ich bin ein Arsch, nehme ich den anderen die emotionale Kraft, mich zu verletzen.
Das hat was mit Kontrolle zu tun. Glaub mir, meine Therapeutinnen sind alle an mir verzweifelt, weil ich sie niedergemacht habe. Ich weiß bis heute nicht, wieso ich sie bezahlt habe, sry für OT.

Was ich sagen will ist, dass Zuhören und Freundlichkeit heilt. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

LG Conny
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- Henry David Thoreau -
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#5
Liebe Conny,
Danke für deine Zeilen.
Ich denke, vieles von dem tu ich schon lang: ihr zuhören, empathisch zuhören, reflektieren etc
Ich identifiziere mich nicht mit ihr, es ist ihrs.... Ich höre ihr gerne zu und freue mich, wenn sie sagt, ich sei die einzige, mit der sie darüber spricht.

Dieser nervöse Augentic - zählt der auch zu Vitalstörungen? In der Liste taucht sowas so konkret nicht auf. Oder? Jedenfalls ist ein Lidzucken doch ein Stresssymptom.
Es kommt der Moment, da ist die Angst größer, immer in der Knospe zu verweilen, als endlich in Blüte zu stehen.
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#6
Savina, du Perle du!

Wollte grade noch mal im Netz schauen, ob es eine Liste der Vitalstörungen gibt, und da ergooglte ich als erstes deinen Beitrag im Forum hier!

Vielen lieben Dank!
Franzi
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#7
Liebe Stefanie,
Zitat:Dieser nervöse Augentic - zählt der auch zu Vitalstörungen? In der Liste taucht sowas so konkret nicht auf. Oder? Jedenfalls ist ein Lidzucken doch ein Stresssymptom.

Das kann ich Dir nicht beantworten, da kann bestimmt Savina was zu sagen.
So aus dem Bauch heraus würde ich es als neuronale Störung, als Nervenüberreizung einordnen.
Unter Vitalstörung verstehe ich eine Beeinträchtigung lebenswichtiger Grundfunktionen: Atmen, Gehen, Sinnesempfindungen usw.
Und Tics sind da glaub ich eine etwas andere Hausnummer?!

LG Conny
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