Habe gestern in Freiburg die mündliche Prüfung bestanden und versuche mich mal zur Inspiration aller an einem Protokoll.
Einstieg freundliche Vorstellung von drei PrüferInnen und einer Dame vom Gesundheitsamt. In der Aufregung habe ich weder Namen noch Titel verstanden. Aktiv geprüft haben zwei Herren.
Erster Prüfer: allgemeine Fragen: jemand kommt in ihre Praxis: was machen sie?
Antwort: Anamnese und psychopathologischer Befund. Setting mit Honorarvereinbarung, Terminen, vorab Klärung somatischer Status durch den Arzt.
Prüfer: was gehört in die Anamnese und was in den psychopathologischen Befund?
Antwort: alles runtergerattert was mir einfiel. Weg von den Symptomen zur Diagnose
Damit war er zufrieden. Und kam zum Fall, der ausführlicher beschrieben wurde, als ich ihn jetzt erinnere, also sinngemäss:
"Eine 48 Jahre alte Frau kommt in Begleitung ihrer Tochter. Es geht ihr gar nicht gut seit ein paar Tagen. Da sei ihr Lebenspartner bei einem Unfall tödlich verunglückt. Das ganze Leben mache keinen Sinn mehr.
Sie sei niedergeschlagen und müsse immer daran denken. Kleinste Dinge erinnern sie daran und sie sehe immer wieder die schrecklichen Ereignisse ablaufen. Sie bekomme nichts mehr so richtig auf die Reihe, alles falle ihr schwer. Sie habe es selbst mit der Begleitung der Tochter kaum in die Praxis geschafft"
Ich habe gleich an die PTBS gedacht, wollte aber eine strukturierte Befunderhebung demonstrieren und fing ganz oben im Befund mit der äusseren Erscheinung an.
Wie die den sei.
Prüfer: Fragen sie das mich oder die Patientin?
Ich leicht verwirrt: na vivo die Patientin aber jetzt muss ich das doch von ihnen wissen?
Er: ok,also sie ist leicht ungepflegt.
Ich ging weiter ihn fragend den Befund durch. Er: soll das hier ein Rollenspiel sein? Er hatte anscheinend andere Erwartungen.
Ich bin auf die Art über Kontakt und Bewusstsein (leicht getrübt)
bis zum Denken gekommen, mit Notizen, ziemlich zäh und hing da kam die rettende Frage: Na, was ist den nun ihre Hypothese? Jetzt war der Choke gezogen und die Hirnkiste warm:
Ich liess endlich meinen Plan fallen und fing mit der akuten Belastungsstörung an in Abgrenzung zur PTBS, Anpassungsstörung und Depression.
Wichtig waren dabei nicht die exakten Details sondern meine Klarheit in den unterscheidenden Merkmalen.
Also die Zeitkriterien, die Intensität des Ereignisses, Trauma - versus belastendes Lebensereignis, der zeitliche Zusammenhang mit dem Ereignis als Auslöser, die Nachhallerinnerungen (Flashbacks).
Sehr wichtig: in der Abgrenzung zur Depression - hier wollten sie alle Diagnosekriterien hören: die gemeinsamen und die unterscheidenden.
Wichtig war hierbei die Suizidalität zu explorieren und sehr wichtig,nach der prämorbiden Persönlichkeit zu fragen!!!!!!!!!!!!!!
Dann noch vom Prüfer der Hinweis: nicht jeder der ein Trauma erlebt entwickelt eine Störung?!
Antwort: Vulnerabiltät-Stress-Modell ausführen, Coping Strategien, Ressourcen etc...
Nach 15 Minuten wollten sie mich gehen lassen. Mit einem guten Gefühl packte ich mein Zeug und war schon an der Tür, da riefen sie mich zurück: der eine Prüfer habe sich in der Zeit geirrt und er habe doch noch Fragen.
So kam es zu einer weiteren Fragerunde:
Sie haben die Suizidalität angesprochen: wie erfragen sie das?
Antwort: Direkt ansprechen und je nach Stadium (Pöldiger ausführlich) Krisenintervention oder Notfall.
In Bezug zum Fall war die Tochter als Angehörige wichtig und Fragen wie: was hat ihnen in früheren Krisen geholfen, was ist ihnen noch wichtig, vom Glauben bis zum Haustier.......(Ressoucen)
Wenn ich merke, die Frau stabilisiert sich nicht schicke ich sie zum sozialpsychiatrischen Dienst.
Damit waren sie schon zufrieden.
Zum Abschluss fragte er nochmals: was machen sie ganz am Anfang, wenn jemand zu ihnen kommt? Woran denken sie dann noch und wo könnten sie Fehler machen?
Ich habe ausreichende Stabilität und kognitive Fähigkeiten als Therapievoraussetzung der Person angesprochen, Compliance, Krankheitseinsicht aber bin nicht drauf gekommen, was er hören wollte. Habe gesagt: jetzt passe ich
Das war aber ok und hat gereicht.
Ich hätte noch auf die Schweigepflicht hinweisen können oder Medikamente und Drogen? Vielleicht löst ihr das Rätsel, ich habe vergessen zu fragen.
Nach der Gratulation meinte ich noch was von ich wolle ja auch keine Gefahr für die Volksgesundheit sein (Ich war schon beinahe bewusstseinsgetrübt vor lauter Aufregung!).
Daraufhin meinte die Amtsdame: Das sei vor allem für den HP wichtig. Für den HPP sei entscheidend, das er sicher diagnostizieren könne und das habe ich klar nachgewiesen.
Habe noch lange nachgezittert. Es stimmt: Bis das System runterfährt dauert es vieeeeeeeeeeel länger! Aber dann war es auch ein tolles Gefühl!
Ich hoffe, Euch hilft der Bericht. Ich wünsche allen ganz viel Glück in ihre Prüfung! Die Prüfer fand ich fair und sehr freundlich. Sie haben sich sogar richtig mitgefreut, als ich nach der prämorbiden Persönlichkeit fragte - wie bei einem Fussballtor:-))
Danke auch an das unglaublich grosszügige und immer hilfreich und unterstützende Isolde Richter Team, an Euch im Forum und na klar: an die super engagierte, kompetente und herzliche Savina
Tausend Dank Euch allen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Andrea