bevor ich die Prüfung mithilfe eines gut funktionierenden Abwehrmechanismus in die Tiefe meines Unterbewusstseins verdränge, möchte ich kurz noch festhalten, was mir aufgefallen ist und worüber ich befragt wurde.
Es waren drei Prüfer: zwei Männer, eine Frau. Die Prüfung dauerte insgesamt knapp 45 Minuten, alle drei Prüfer haben nacheinander geprüft.
Der Raum war nicht besonders groß, man sitzt relativ nah beisammen.
Zuerst werden ganz kurz die Formalia erledigt, also Personalausweis angeschaut. Dann geht es direkt los.
Es gab keine einleitende Frage, weshalb ich hier sei, wozu ich die Prüfung mache, mit welcher Methode ich arbeiten möchte oder so, sondern es ging direkt zur Sache.
Gefragt wurde ich:
- Welche Möglichkeiten haben Sie als Psychotherapeutin, eine Diagnose zu stellen?
- Welche Möglichkeiten gibt es außer Anamnese und Psychopathologischem Befund noch?
- Dann wurde für mein Verständnis sehr rasch ein relativ langer Fall vorgelesen, den ich nur in Bruchstücken wiedergeben kann: 35-jähriger Mann, Panik, Angst, auch Flugangst, mit 19 Cannabiskonsum, jetzt jedoch kein Cannabis mehr.
- Welche Punkte berichtet er Ihnen in der Anamnese, welche berichtet er vielleicht eher nicht, sodass sie diese selbst erfragen müssen?
- Welche Ängste gibt es?
- Wie erkennen Sie eine Panikattacke?
- Wie können Panikattacken behandelt werden?
- Seit längerer Zeit kommt ein Patient in Ihre Behandlung, nun fällt Ihnen immer häufiger auf, dass er Termine absagt oder zu spät kommt. Woran könnte das liegen?
- Wie gehen Sie damit um?
- Wie stellen Sie fest, dass Ihre Behandlung keinen Erfolg hat, und was tun Sie dann?
- Wie kommunizieren Sie dem Patienten, dass Sie ihn an einen anderen Therapeuten weiterempfehlen, bitte berücksichtigen Sie auch die psychodynamische Perspektive.
- Was können Sie mir zu Suizidalität sagen?
- Welche Möglichkeiten außer der Eigenanamnese gibt es noch?
- Wie gehen Sie bei einer Fremdanamnese konkret vor?
Dann war die Zeit um. Ich durfte draußen Platz nehmen. Danach wurde mir bekundet, sie hätten mich knapp durchkommen lassen.
Das war der sachliche Bericht.
Der persönliche, den ich Euch nicht vorenthalten möchte, lautet ganz konkret: Ich habe einen Prüfer als fair empfunden, einen überhaupt nicht, den anderen neutral. Die Prüfungsatmosphäre war nach meinem Dafürhalten oberflächlich betrachtet sachlich, darunter jedoch (bis auf den einen Prüfer) missgünstig und von Machtdenken geprägt. Rückfragen wurden von einem Prüfer kalt und unwirsch zurückgewiesen. Die Bitte, den Fall nochmals vorzulesen, weil ich so schnell nicht denken konnte, wurde hochmütig ablehnend bekundet. So würde ich selbst niemals mit jemandem umgehen.
Ich hatte sehr viel gelernt, habe mich auch für die Prüfung fit gefühlt. Hätten Sie mir nachweisen können, dass ich eine Gefahr für die Volksgesundheit bin, wäre ich augenblicklich durchgefallen. Es gibt da kein Pardon. Von meinem erlernten Wissen habe ich höchstens 0,5% gebraucht. Es wurde mir auch wortwörtlich gesagt, dass sie das erlernte Wissen nicht abprüfen, es ginge ihnen darum, wie man mit der Situation umgeht.
Mit der Aussage, sie hätten mich knapp durchkommen lassen, wurde eindeutig klargestellt, dass ich als HPP ein ganz winzig kleines Lichtlein bin, das im Grunde erbärmlich schlecht ausgebildet ist und keine Ahnung hat, nur eben der Anforderung genügt, keine Gefahr für die Volksgesundheit zu sein.
Was ich empfehlen kann: Unbedingt mit Nachdruck und immer wieder erwähnen, dass Ihr Suizidalität im Blick habt, alles organisch abklären lasst, nicht vergesst, dass es neben der psychotherapeutischen auch eine psychopharmakologische Behandlung durch den Arzt gibt, und dass Ihr Substanzmissbrauch erfragt. Dann habt Ihr Euch wenigstens keine Nachlässigkeit zuzuschreiben. Der Rest ist dann ohnehin Glücksspiel.
Herzliche Grüße und alle guten Wünsche an die, die noch in die Prüfung gehen!
Susanne