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21.01.2010, 09:46
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.01.2010, 15:04 von Isolde Richter.)
Eine Patientin, 35 Jahre, kommt in die Praxis und klagt über Herzstiche. Sie möchte unbedingt naturheilkundlich behandelt werden, da sie mit Ärzten nur schlechte Erfahrungen gemacht hat.
Was macht Ihr - wie geht Ihr vor?
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Wenn die Patientin das erste Mal bei mir ist bekommt
Sie einen Fragebogen wo ich allgemeine Dinge schon mal erfragen und erkennen kann.
Familienstand, Beruf, Wohnverhältnisse,
Dann würde ich mit dem Schema nach IPPAF weitermachen
Inspektion
Palpation
Perkussion
Auskultation
Funktionstests
Evtl schließt sich eine Labordiagnostik an
z.B. Urin- und Blutuntersuchung
weiter noch möglich
Ultraschall, Röntgen etc.
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Fakten: 35- Jährige Patientin klagt über Herzstiche
Verdachtsdiagnosen:
Krankheitsbilder zu denen das Symptom Herzstiche, bzw. Herzschmerzen passt:
- Funktionelle Herzbeschwerden (v.a. bei unter 40 jährigen):
Herzneurose, Herzphobie, Herangstsyndrom
- Angina Pectoris (eher Druck als Stiche, meist auch Ausstrahlungen)
- Vorhofseptumdefekt (Brustschmerzen)
- Pericarditis sicca (heftige stechende Schmerzen, Auskultation müsste "Lederknarren" ergeben)
- Myokarditis (Schmerzen hinter dem Brustbein, es wären auch Fieber/Relative Tachykardie , Extrasystolen zu erwarten):
- para oder postinfektiöse Myokarditis
- allergische Myokarditis z.B. auf Medikamente
Ich würde fragen:
- Wo genau sind die Schmerzen?
- Nur Stiche oder auch Druck oder wie?
- Wann sind die Schmerzen das erste Mal aufgetreten?
- Wie häufig?
- Bei welcher Gelegenheit treten sie auf?
- Bei Belastung oder in Ruhe?
- Hat Sie zur Zeit viel Stress?
- Gab es ungewöhnliche Veränderungen in ihrem Leben?
- Nimmt sie Medikamente?
- Leidet sie unter Atemnot?
- War sie schon bei einem Arzt?
- Was hat der gesagt?
- Gibt es bereits Befunde? Urin, Blutuntersuchung oder ähnliches
Je nach Antwort würde ich in die sich ergebende Richtung weiterfragen.
Dann so untersuchen wie Petra es oben vorgeschlagen hat:
Inspektion
Palpation
Perkussion
Auskultation
Funktionstests
Evtl schließt sich eine Labordiagnostik an
z.B. Urin- und Blutuntersuchung
Herzliche Grüße
Alexandra
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Liebe Alexandra,
das hast du sehr gut gemacht.
Deine Diagnose funktionelle Störung. Sehr gut.
Was muss aber ausgeschlossen werden, bevor du die Diagnose funktionelle Störung stellst?
Was bestätigt deinen Verdacht funktionelle Störung?
Habe das Rätsel übernommen. Hoffe ihr arbeitet auch mit mir.
Eure Steffi
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Liebe Steffi,
bevor ich die Diagnose "funktionelle Herzbeschwerden" stellen darf, müssen alle organischen Ursachen ausgeschlossen sei.
Um zu sehen, ob eine Infektion vorliegt:
- para oder postinfektiöse Myokarditis könnte ich vielleicht ein Blutbild machen?
Ich bin mir nicht sicher, wie man eine Myokarditis außer anhand der Symptome nachweisen kann???
- Angina Pectoris könnte ich durch den Arzt durch ein EKG, evtl. Koronarangiografie ausschließen lassen
- Vorhofseptumdefekt vielleicht durch einen Ultraschall beim Arzt ausschließen lassen?
- allergische Myokarditis z.B. auf Medikamente, wie kriege ich das raus?
Du siehst, hier sind eher Fragen als Antworten;-)))
Herzliche Grüße
Alexandra
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[quote='Alexandra K.' pid='9137' dateline='1264100914']
Liebe Steffi,
bevor ich die Diagnose "funktionelle Herzbeschwerden" stellen darf, müssen alle organischen Ursachen ausgeschlossen sei.
Sehr gut
Um zu sehen, ob eine Infektion vorliegt:
- para oder postinfektiöse Myokarditis könnte ich vielleicht ein Blutbild machen?
Ich bin mir nicht sicher, wie man eine Myokarditis außer anhand der Symptome nachweisen kann???
Was sind die Symptome bei der Myokarditis?
- Angina Pectoris könnte ich durch den Arzt durch ein EKG, evtl. Koronarangiografie ausschließen lassen.
Was sind die Symptome Angina Pectoris?
- Vorhofseptumdefekt vielleicht durch einen Ultraschall beim Arzt ausschließen lassen?
Was sind die Symptome Vorhofseptumdefekt?
- allergische Myokarditis z.B. auf Medikamente, wie kriege ich das raus?
Indem du den Patienten fragst, welche Medikamente er nimmt.
Welche Medikamente lösen eine allergische Myokarditis aus?
IPPAF = o.B.
Gibt es auch funktionelle Herzgeräusche?
Liebe Grüße Steffi
Auf jede Antwort von euch gebe ich an ob die Patientin die Symptome hat.
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Symptome der Myokarditis:
Relative Tachykardien, Extrasystolen, Schmerzen hinter dem Brustbein, Zyanose, evtl. Herzinsuffizienz mit Atemnot
Medikamente sind: Penicillin, Zytostatika, Sulfonamide
Frage an die Patientin: nimmt sie irgendwelche Medikamente?
Keine Zeit gibt es nicht - nur andere Prioritäten
(Zitat: Michael A. Denck)
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Sehr gut,
Symptome der Myokarditis:
Relative Tachykardien, Extrasystolen, Schmerzen hinter dem Brustbein,
Nein, diese Symptome hat die Patientin nicht
Zyanose, evtl. Herzinsuffizienz mit Atemnot// Nein
Medikamente sind: Penicillin, Zytostatika, Sulfonamide
Frage an die Patientin: nimmt sie irgendwelche Medikamente? Nein
LG Steffi
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Symptome bei leichter Angina Pectoris sind:
- Enge oder Druckgefühl im Brustbereich
(Beschwerden treten nach bestimmten Auslöser aus, z. B. Treppensteigen)
Hat die Patienten solche Symptome?
Symptome bei schwerer Angina Pectoris sind:
- Schmerzen hinter dem Brustbein
- Ausstrahlungen in den linken Arm bis zur Kleinfingerseite
- linke Halsseite bis zum Kiefer
- Oberbauchbeschwerden besonders bei Frauen
- Schmerzen zwischen den Schulterblättern
- selten im rechten Arm
(Beschwerden treten unerwartet, bei geringen Belastungen und auch im Ruhezustand auf)
Hat die Patienten solche Symptome?
Vorhofseptumdefekt überlasse ich der nächsten Freiwilligen;-)))
Herzliche Grüße
Alexandra
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Liebe Steffi, noch ein paar Fragen:
Die Symptome bei einer Angina pectoris sind Enge und Druckgefühl im Brustbereich bei einer leichten Angina pectoris. Zeigt die Patientin solche Gefühle?
Hat sie Schmerzen?
Bei einem schweren Angina pectoris Anfall können heftigere Schmerzen auftreten, die zwischen Sekunden bis 20 Minuten andauern können. Zeigt die Patientin Schmerzen im Arm, hinter dem Brustbein, in der linken Kleinfingerseite, linken Unterkiefer oder im Oberbauch und Rücken?
Wenn sie Schmerzen zeigt, werden diese vielleicht überreichliche Mahlzeiten ausgelöst, also treten die Schmerzen nach einer grösseren Mahlzeit auf? Oder nach körperlicher Anstrengung oder wenn sie sich aufgeregt hat?
Hatte unsere Patientin vielleicht in ihrer Kindheit immer wieder auftretende Bronchialerkrankungen oder sogar Lungenentzündung? Oder ist sie rasch müde, kriegt schlecht Luft wenn sie sich körperlich anstrengt?
ups da war ich zu langsam
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Hallo Alexandra,
- Enge oder Druckgefühl im Brustbereich
(Beschwerden treten nach bestimmten Auslöser aus, z. B. Treppensteigen)
Alle Symptome?Nein
Liebe Grüße Steffi
Liebe Gini,
Nein, keine Symptome
Oder ist sie rasch müde: Ja, fürchterlich
kriegt schlecht Luft wenn sie sich körperlich anstrengt? Nein
Kleiner Tip: Vorerkrankungen?
Liebe Grüße Steffi
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Rasche Ermüdbarkeit könnte auf Vorhofseptumdefekt hinweisen
Gab es in der Kindheit wiederkehrende
- Bronchitiden oder Pneumonien?
- Atemnot bei Anstrengung, also Belastungsdispnoe passt auch zu Vorhofseptumdefekt
Herzliche Grüße
Alexandra
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Hallo,
Hatte die Patientin vor kurzem einen Infekt?
GLG
Petra
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Hallo Alexandra,
Rasche Ermüdbarkeit könnte auf Vorhofseptumdefekt hinweisen
Hab nachgeschaut. Noch keiner hat die Symptome eines Vorhofseptumdefekts aufgeführt. Mach du das bittte.
Gab es in der Kindheit wiederkehrende
- Bronchitiden oder Pneumonien? Husten hat sie öfters. Als Kind war sie immer fit.
Sie ist wirklich froh, endlich kümmert sich mal einer um sie.
Hallo Petra,
Hatte die Patientin vor kurzem einen Infekt? Ach ja, andauernd hat sie etwas anderes. Mal Grippe, mal Kopfschmerzen, mal Magen-Darm. Kein Arzt nimmt sie ernst.
Eure Steffi
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Liebe Steffi,
Symptome des Vorhofseptumdefekts:
- wiederkehrende Pneumonien und Bronchitiden in der Kindheit
meist Beschwerden erst zwischen 20 und 30 (ist 35 zu alt?)
- unangenehmes Herzklopfen
- Leistungsminderung
- rasche Ermüdbarkeit
- Belastungsdispnoe
- Brustschmerzen (Stiche?)
- Rechtsherzinsuffizienz
Herzkatheteruntersuchung könnte bei starkem Verdacht genauen Aufschluss liefern.
So, jetzt muss ich mich mal ausklinken. Bis später oder morgen!
Herzliche Grüße
Alexandra
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Ich tippe auch eher auf eine "funktionelle Störung" mit langer Krankheitsgeschichte das ist die "vegetative Dystonie". Helle Schmerzen die stechend sind sprechen dafür. Dagegen würden die dumpf bohrenden Schmerzen sprechen, welche in diesem Krankehitsbild nicht vorliegen.
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Hallo Alexandra,
Danke für deine Erklärung!!!!
Vorhofseptumdefekt kann ausgeschlossen werden, da das schon untersucht wurde. Ohne Befund.
Hallo Gudrun,
Ich tippe auch eher auf eine "funktionelle Störung" mit langer Krankheitsgeschichte das ist die "vegetative Dystonie". Helle Schmerzen die stechend sind sprechen dafür. Dagegen würden die dumpf bohrenden Schmerzen sprechen, welche in diesem Krankehitsbild nicht vorliegen.
Ja, du hast recht. Bevor wir aber diese Diagnose stellen, müssen alle möglichen organischen Erkrankungen ausgeschlossen werden.
Das haben wir getan.
Das Ergebnis eine funktionelle Störung!!!!!!
Wer kann mir etwas über funktionelle Störungen aufschreiben. Ursache, Symptome u.s.w. Und warum hier eine funktionelle Störung soooo gut passt.
(Symptome außer Herzstiche)
Eure Steffi
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Liebe Steffi,
funktionelle Störung passt deshalb so gut, weil die Dame folgende Aussagen gemacht hat:
"Sie ist wirklich froh, endlich kümmert sich mal einer um sie."
Hatte die Patientin vor kurzem einen Infekt? "Ach ja, andauernd hat sie etwas anderes. Mal Grippe, mal Kopfschmerzen, mal Magen-Darm. Kein Arzt nimmt sie ernst."
Es lässt sich keine organische Ursache finden, dennoch spürt die Patientin ja das Unwohlsein und ständig äußert es sich an einer anderen Stelle. Ca. 15% der Patienten leiden an einer Herzneurose, bzw. Funktionellen Herzbeschwerden (FH).
"Kein Arzt nimmt sie ernst" ist typisch für FH, immerhin spürt sie die Schmerzen, was leicht
von Ärzten als Hypochondrie (eingebildete Krankheit) abgetan wird, da sie organisch objektiv gesehen ja nichts hat. Ich persönlich finde jedoch, dass das subjektive Empfinden genauso wichtig ist und vermute, dass die Patientin bestimmte Aspekte ihrer Persönlichkeit und Gefühle (wie wir alle) nicht wahrnehmen kann/ will und deshalb ganz natürlich mit körperlichen Symptomen reagiert.
Auch passen diese Symptome:
- die häufige oder dauernde Beschäftigung mit einer möglichen Herzkrankheit
- Sorge, dass eine schlimme Krankheit übersehen wird
- Beklemmungsgefühl
- Atemnot
zu einer psychosomatischen ERkrankung allgemein passen auch:
- mal dies mal das
- öfter Grippe
- öfter Kopfweh
- Magen- Darminfekte
Das Abwehrsystem ist durch die Sorgen so gestresst, dass der Körper anfällig reagiert.
Therapie:
Ich beruhige Sie, dass wir eine organische Erkrankung ausschließen können, nehme ihre Beschwerden trotzdem ernst, erkläre ihr den Zusammenhang zwischen Symptomen und Stress, frage sie, wie es ihr persönlich geht, was sie schon immer mal machen wollte usw.
Wir könnten dann
- eine homöopathische Konstiututionstherapie beginnen, um ihre Lebenskraft im Allgemeinen zu stärken
- für die Abwehrkräfte empfehle ich 4-6 Wochen Fortakehl D6, 1x tägl. 8 Tropfen (Tipp von meiner Heilpraktikerin)
- oder/ und Bachblütenempfehlung
- eine Entspannungstechnik (z.B. Transzendentale Meditation, Autogenes Training, ......)
- Bewegung an frischer Luft, Joggen, Sport, Yoga etc.
- einen schönen Kurs Ihrer Wahl, der sie glücklich macht (Tanzen, Kochen, Italienisch...)
- wenn nötig eine Gesprächstherapie
Herzliche Grüße
Alexandra
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Liebe Alexandra,
besser hätte ich es auch nicht sagen können.
Danke schön, für die gute Beteiligung
Eure Steffi
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Ihr seit ja mittlerweile zu wirklich routinierten Rätselratern geworden. Wieder innerhalb kürzester Zeit, die richtige Diagnose und gleich noch eine passende Therapie gefunden - einfach perfekt.
Danke auch an Dich, liebe Steffi, ohne Euch liebe Rätselbetreuer, hätten die Rater nicht diese Klasse entwickeln können!!
LG Isolde
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