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Hallo ,
ich bin gerade dabei meine Unterlagen (Psyche) zu digitalisieren und habe bezüglich der oben genannten Erkrankungen eine Frage und zwar:
Wie kann ich einen Menschen, der an einer Somatisierungsstörung leidet, gegenüber einem Hypochonder abgrenzen? Angenommen beide geben z.B Magenschmerzen (möglicherweise auch wechselnde Beschwerden) an und es kann keine organische Ursache dafür gefunden werden. Beide stellen diese Beschwerden in dramatischer Weise da und ggf. haben auch beide Angst an einer Krebserkrankung zu leiden?!
Wie genau wäre in diesem Fall denn eine Differenzialdiagnose zu stellen? Ist das überhaupt möglich?
Entschuldigt, wenn ich nun etwas auf dem Schläuchlein stehe, mich würde aber eine Antwort brennend interessieren!
Liebe Grüße
Tanja
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Patenkind von Steffi
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Liebe Tanja,
du kannst es folgendermaßen differenzieren:
Wenn der Patient seit mindestens 1/2 Jahr ständig zum Arzt rennt und meint, er ist krank, "bestimmt ist er krank", obwohl sich kein objektiver Befund vom Arzt findet, dann kannst du von einer hypochondrischen Störung ausgehen. Derjenige wird auch jede normale Körperfunktion als Anzeichen einer Krankheit werten.
Wenn der Patient aber seit mindestens 2Jahren immer wieder wegen verschiedener Symptome (mal Magenschmerzen, mal Herzschmerzen, mal Kopfschmerzen) zum Arzt rennt und vielleicht schon einige Male Magenspiegelung, Darmspiegelung usw. über sich hat ergehen lassen, dann liegt hier eine Somatisierungsstörung vor. Dies kommt übrigens übermäßig häufig bei Frauen vor.
Bei deinem Beispiel haben wir viel zu wenige Infos. Außerdem kann es ja auch sein, dass es sich hier wirklich um eine Erkrankung handelt. Also ist die Anamnese das entscheidene Mittel.
Ich hoffe, ich konnte zur Klärung beitragen.
Liebe Grüße
Sonja
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Hallo Tanja,
ich glaube, so deutlich kann man die beiden nicht voneinander abgrenzen, teilweise überschneiden die beiden sich auch.
"Somatisierungsstörung" sagt ja ersteinmal nur, dass es zu körperlichen Beschwerden gekommen ist, ohne dass es eine organische Ursache gibt. Die Ursache liegt im psychischen Bereich, also in nicht verarbeiteten Emotionen oder Konflikten.
Auch der Hypochonder gibt Beschwerden an, für die es keine organische Ursache gibt. Ich denke, bei beiden kann es zu Beschwerden in prinzipiell allen Schweregraden kommen, ausgelöst durch psychische Faktoren.
Es gibt aber Unterschiede im "Typus" oder Grundcharakter. Bei den Somatisierungsstörungen kommt es häufig zu wechselnden Symptomen, die Betroffenen haben mal hier was und mal da was. Die Beschwerden wandern also, aber alle basieren sie auf dem gleichen Grundkonflikt. Das ist aber wohl ein Prozess, der sich über Jahre entwickelt, und so können beispielsweise monate- oder jahrelang Beschwerden am Herzen bestehen und dann verlagert sich das ganze in einen nervösen Magen oder Darm und besteht hier eine zeitlang.
Beim Hypochonder dagegen wechseln die Symptome eher weniger, vielmehr beschäftigt er sich vor allem mit seinen Befürchtungen, überhaupt krank zu werden ( v.a. schwere Erkrankungen ). Er glaubt, einen unerkannten Herzfehler zu haben und rennt von Arzt zu Arzt in der Hoffnung!, irgendwann einen Arzt zu finden, der den Herzfehler findet.
Dabei besteht ein tiefes Misstrauen dem eigenen Körper gegenüber und schon kleinste Symptome werden zu Anzeichen einer schweren Erkrankung "hingebogen". Ich denke, je mehr man sich in so etwas hineinsteigert, desto mehr wird man auch entsprechende Symptome entwickeln, d.h. psychische Konflikte und unterdrückte Emotionen schlagen sich auch hier auf der körperlichen Ebene nieder.
Hilft dir das weiter?
Viele Grüße
Kristina
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.....da fällt mir noch was ein: Wenn der Arzt dem Patienten einige Medikamente empfiehlt, dann reagieren die beiden auch unterschiedlich:
Der Hypochonder fürchtet die Einnahme wegen der Nebenwirkungen....
Der Patient mit Somatisierungsstörung nimmt alles, was der Arzt empfiehlt.
Er beschäftigt sich nämlich hauptsächlich mit seinen Symptomen, während sich beim Hypochonder alles um die Diagnose dreht.
Das hat Kristina schön beschrieben.
Liebe Grüße
Sonja
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Das finde ich auch, das Sonja und Kristina den Unterschied sehr schön erklärt haben.
Herzliche Grüße:
Werner
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Hallo Tanja,
Kristina und Sonja haben es schon gut erklärt:
Somatisierungsstörung:
Hierbei treten immer wieder körperliche Symptome in wechselnder Intensität und Qualität auf, eine organische Ursache kann nicht gefunden werden. Die Somatisierungsstörung bezieht sich verschiedene Organsysteme, meistens Gastrointestinaltrakt oder kardiovaskuläres System. Die Patienten beschäftigen sich sehr zeitaufwendig mit ihren körperlichen Beschwerden, erleben diese meistens auch als quälend und viele ziehen sich aus ihrem sozialen Umfeld zurück.
Hypochondrische Störung:
Hier ist der Patient davon überzeugt, an einer schweren körperlichen Erkrankung zu leiden, z. B. Krebs, AIDS usw. Der Patient ist beim Arzt in der Lage, seine Krankheit genau zu benennen und schildert auch die körperlichen Beschwerden, die zu dieser Erkrankung gehören; auch hier liegt keine organische Ursache vor.
LG, Kerstin
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Guten Morgen ihr Lieben...
danke, dass ihr euch soviel Mühe gegeben habt! Ich glaube, jetzt hat es "Klick" gemacht, hoffe ich zumindest .
Somatisierungsstörung: Wechselnde Beschwerden [reale Beschwerden] der verschiedenen Organsysteme (Gastrointestinaltrakt oder kardiovaskuläres System) - [Patient nimmt alles auf Empfehlung des Arztes ein]
Hypochondrie: Patient kann die Erkrankung genau benennen und ist fest davon überzeugt an einer *bestimmten* *schweren* Erkrankung erkrankt zu sein. Angst generell an etwas "Schlimmen" zu erkranken.
[Fürchtet die Einnahme von Medikamenten aus Angst vor Nebenwirkungen]
Zusammengefasst: Beim Hypochonder steht die Angst/Befürchtung/Überzeugung an einer schlimmen Erkrankung erkrankt zu sein, im Vordergrund. Diese Befürchtungen würde er auch ganz gezielt äußern - also quasi schon von alleine eine "Eigendiagnose" vorlegen?
Bei einem Menschen mit Somatisierungsstörung liegen "reale" Beschwerden vor (kann man das so schreiben?), die sich von der psychischen auf die körperliche Ebene verlagert haben, dort auch zu bestimmten Symptomen führen und sich dadurch keinerlei organische Ursache finden lässt. Er erhofft sich die Hilfe der Ärzte, weil er selbst nicht weiß, was los mit ihm ist [evtl. auch schon verzweifelt?]
Habe ich das jetzt so richtig verstanden?
Liebe Grüße
Tanja
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Patenkind von Steffi
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Hallo Tanja,
Exactamente!
Viele Grüße
Kristina
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Hallo Tanja
genau so ist es! Sehr gut!
Sonja
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