heute muß ich unbedingt von einem einschneidenden Ereignis in meinem Beruf als Arzthelferin berichten, welches ich gestern erleben durfte. In der laufenden Sprechstunde klingelt ca.10.30 das Telefon in unserer gynäkologischen Praxis, die Rettungsleitstelle: eine drohende Hausgeburt, Rettungssanitäter und Notarzt vor Ort, Köpfchen d. Kindes schon sichtbar, können Sie schnell hinzukommen? Mit fliegenden Fahnen starteten unsere Ärztin und ich zu der angegebenen Adresse ganz in der Nähe ( bei der Autofahrt hatte ich wirklich Angst um mein Leben, sie ist gefahren wie ein Henker! Leider hat sie kein Blaulicht, und die anderen Autofahrer erkannten nicht den Arzt im Dienst, sondern wohl nur eine durchgeknallte Autofahrerin). Heile angekommen mit zwei Notfallkoffern unterm Arm,
sterile Handschuhe im laufen angezogen, finden wir eine völlig entkräftete blasse Frau auf dem Fußboden im Bad vor der Toilette liegend, das Köpfchen des Kindes halb durchgetreten, es geht nicht weiter! Die Rettungsanitäter schienen mit der Situation doch etwas überfordert, denn auch für sie ist eine Geburt keine alltägliche Sache. Schnell überblickte meine Chefin die Situation, und leitete alle weiteren Maßnahmen ein. Kreislauf der Patientin stabil, sterile Schere, Absaugbesteck für den Säugling, sterile Nabelklemme! Dammschnitt durchgeführt, ein völlig blaues Kind entwickelt, Nabel abgeklemmt, Atemwege abgesaut! Regungsloses Kind schreit nicht!
Beatmungsbeutel f. Säugling - Stethoskop - Herzmassage. Das Herz schlägt! Massieren - Stimmulieren-Sauerstoff !!! So langsam kommt der Kleine !!! Eingewickelt in eine grünes Handtuch auf dem Küchentisch liegend muß ich dieses kleine blaue Wesen massieren und schicke Stoßgebete zum Himmel das er es schafft! Er ist noch immer recht blau, Sauerstoffzufuhr über die Atemmaske. Ein Sanitäter hält einen Heizlüfter über das Kind, anklemmen von Elektroden an den kleinen Fuß zur Überprüfung der Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung. Die Elektrode hält nicht richtig, es werden irgendwie keine richtigen Werte übermittelt. Aber der Kleine wird lebendiger, atmet, fängt an sich zu regen, Herzfrequenz gut, weiter Sauerstoffgabe. Die Mutter wird weiter betreut durch die Notärztin, Zugang gelegt, Oxytocin verabreicht, die Plazenta folgt vollständig.
Endlich- nach einer unglaublich langen gefühlten Zeit - trifft der Kinderarzt aus der ca. 30km entfernten Klinik mit zwei Schwestern ein. Fr. Dr. und Kinderarzt kennen sich von früher aus der Klinik-
Übermittlung der wichtigen Daten, Apgar 6-8-8, das Team übernimmt den Säugling, die (noch sehr jungen)Schwestern arbeiten sehr professionell. Nochmalige Kontrolle der Mutter! Alles gut! Kind stabil! Eintreffen des zweiten Rettungswagens mit Inkubator.
Mutter wird weiter durch die Notärztin versorgt, Kind durch den Kinderarzt.
Wir können gehen!
In normalem Tempo fahren wir zurück zur Praxis, zugegeben, ich mit weichen Knien. Nun hatten wir uns wirklich eine Tasse Kaffee verdient.
Am Nachmittag meldet sich der Kinderarzt:" Mein Gott, was war denn das, so einen Säugling auf dem Küchentisch hat man auch nicht alle Tage!" Rücksprache mit Fr.Dr., dem Kind geht es gut, Reflexe jetzt alle gut. Glück gehabt!!!
Am Abend telefoniert Fr.Dr. mit der Patientin im Krankenhaus, Mutter und Kind geht es gut! Alle sind glücklich!!!
Wie kam es zu dieser Hausgeburt? Die Patientin berichtet: am morgen sei sie mit starken Rückenschmerzen aufgewacht. Sie telefoniert mit ihrer Hebamme, welche ihr zu einem heißen Bad rät.
Dabei kommt es wohl zum Blasensprung. Da bei der letzten Vorsorgeuntersuchung der Kopf des Kindes noch nicht fest im kleinen Becken war, war die Patientin informiert worden, das bei einem evtl. Blasensprung ein liegendtransport in die Klinik erfolgen muß, um einen evtl. Nabelschnurvorfall zu vermeiden. Also hat die Patientin einen Krankenwagen gerufen. Allerdings kam es nach dem Blasensprung so schnell zu so heftigen Wehen, dass die Sanitäter bei ihrem Eintreffen schon zu spät waren, und die Geburt in vollem Gange...
Ein unglaubliches Erlebnis mit einem glücklichen Ende.
Was für eine Glück das meine Chefin noch bis vor kurzem Dienste im Krankenhaus macht hat, und jahrelang im Rettungsdienst tätig war.
Sie hat eine Professionaliät gezeigt die mich sehr beeindruckt hat.
Der 02.02.2012 wird mir in unvergesslicher Erinnerung bleiben.
LG Angelika
Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern zuviel Zeit, die wir nicht nützen. (Seneca)